JudikaturOGH

11Os132/12i – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. November 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. November 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Meier als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Nabi M***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1, Abs 2 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 5. Juli 2012, GZ 15 Hv 53/12b 57, und den Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die versäumte Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Nabi M***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1, Abs 2 erster Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 23. April 2011 in Graz Tanja S***** mit Gewalt, nämlich durch Versetzen mehrerer Faustschläge in das Gesicht, Niederdrücken ihres Körpers sowie heftiges Würgen mit beiden Händen, zur Duldung des Beischlafs genötigt, wobei die Tat eine schwere, mehr als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich eine chronische posttraumatische Belastungsstörung (näher US 4) zur Folge hatte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO.

Die bei der Poststelle hinterlegte Urteilsausfertigung war ab 20. Juli 2012 zur Abholung bereit, die Ausführung der gleich nach Entscheidungsverkündung (ohne Bezeichnung von Nichtigkeitsgründen) angemeldete (ON 56 S 33) Nichtigkeitsbeschwerde erfolgte am 22. August 2012 (ON 64). Am selben Tag stellte die Verteidigerin einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand „betreffend die Frist zur Rechtsmittelausführung“ (ON 63).

Im letztgenannten Schriftsatz wird behauptet, die Verteidigerin habe die Zustellung des Urteils am 20. Juli 2012 vermerkt, eine Kanzleiangestellte (des Gerichts) habe ihr aber auf Anfrage in der ersten Augustwoche mitgeteilt, „die Zustellung sei am 25. Juli 2012 erfolgt“. Die Verteidigerin habe dann am 13. oder 14. August den (in den Akten erliegenden) Rückschein angeschaut, wegen dessen Einheftung aber nicht feststellen können, „dass es sich um eine Hinterlegung gehandelt habe“; sichtbar sei lediglich der Übernahmetermin 25. Juli 2012 gewesen, weshalb die Verteidigerin „vom Fristende 22. August 2012 ausging“; erst am 22. August 2012 „wurde dieser Umstand bei einer weiteren Nachschau in der Geschäftsabteilung aufgeklärt“.

Die Wiedereinsetzung nach § 364 Abs 1 Z 1 StPO ist ausgeschlossen, wenn dem Wiedereinsetzungswerber oder seinem Vertreter ein Versehen nicht bloß minderen Grades zur Last liegt.

Das bei S 23 der ON 57 eingeheftete „Formular 1 zu § 17 Abs 2 des ZustG“ lässt dagegen die Tatsache der Hinterlegung und den Beginn der Abholfrist selbst bei flüchtigem Hinsehen eindeutig erkennen, weshalb der Verteidigerin (die diese Wahrnehmung erst, aber immerhin bei „weiterer Nachschau“ zu machen im Stande war) im Gegenstand keineswegs bloß leichteste Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist (vgl Lewisch , WK StPO § 364 Rz 28).

In Übereinstimmung mit der Generalprokuratur war daher der Wiedereinsetzungsantrag abzuweisen und die (nach dem 17. August 2012, daher) verspätet ausgeführte im Übrigen auch inhaltlich nicht erfolgversprechende - Nichtigkeitsbeschwerde bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise