10Ob36/12k – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj I*****, geboren am 13. September 2003, vertreten durch das Land Kärnten als Jugendwohlfahrtsträger (Magistrat der Stadt Villach, Kinder und Jugendwohlfahrt, 9500 Villach, Gerbergasse 6), über den Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landegerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 23. März 2012, GZ 2 R 44/12s 12, womit infolge Rekurses des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Graz, der Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom 12. Dezember 2011, GZ 3 PU 465/11i 6, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Text
Begründung:
Am 30. 11. 2011 brachte das Kind, vertreten durch den Jugendwohlfahrtsträger, beim Erstgericht einen Antrag auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG mit der Begründung ein, der Unterhaltsschuldner sei aufgrund einer vor dem Jugendamt abgeschlossenen Unterhaltsvereinbarung vom 28. 10. 2009 zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrags von 300 EUR verpflichtet. Da er nach Eintritt der Vollstreckbarkeit den laufenden Unterhaltsbetrag nicht zur Gänze geleistet habe, sei gegen ihn am 30. 11. 2011 beim Bezirksgericht Imst ein Exekutionsantrag eingebracht worden. Diesem Antrag auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen war eine Kopie der Bestätigung des dem Bezirksgericht Imst am 30. 11. 2011 per Fax zugekommenen Exekutionsantrags angeschlossen.
Das Erstgericht bewilligte mit Beschluss vom 12. 12. 2012, GZ 3 PU 465/11i 6, dem Kind Unterhaltsvorschüsse gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG in der monatlichen Höhe von 300 EUR für den Zeitraum vom 1. 11. 2011 bis 31. 10. 2016. Als Begründung wurde angegeben, dass der Unterhaltsschuldner nach Eintritt der Vollstreckbarkeit den laufenden Unterhaltsbetrag nicht zur Gänze geleistet habe, weshalb gegen ihn am 2. 12. 2011 beim Bezirksgericht Imst ein Exekutionsantrag (im Original) eingebracht worden sei.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Graz, Folge, und änderte den Beschluss des Erstgerichts dahin, dass die Unterhaltsvorschüsse von 300 EUR monatlich dem Kind erst ab 1. 12. 2011 gewährt werden. Der Exekutionsantrag sei erst am 2. 12. 2011 beim Bezirksgericht Imst eingebracht worden. Nach ständiger Rechtsprechung könnten Unterhaltsvorschüsse frühestens ab Beginn des Monats gewährt werden, in dem der erforderliche Exekutionsantrag bei Gericht eingebracht worden sei.
Das Rekursgericht ließ nachträglich den ordentlichen Revisionsrekurs zur Wahrung der Rechtseinheitlichkeit zu, weil zwischenzeitige Erhebungen ergeben hätten, dass der Exekutionsantrag vorerst per Fax am 30. 11. 2011 beim Exekutionsgericht eingelangt sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Kindes, vertreten durch den Jugendwohlfahrtsträger, mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.
Revisionsrekursbeantwortungen wurden nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig und auch berechtigt.
Die Revisionsrekurswerberin macht geltend, der Exekutionsantrag sei bereits am 30. 11. 2011 per Fax beim Exekutionsgericht eingelangt, das nachgereichte Original des Exekutionsantrags am 2. 12. 2011. Für den Beginn der Vorschussgewährung sei nicht die registermäßige Erfassung eines Exekutionsantrags, sondern das tatsächliche Einlangen des Antrags maßgebend. Auch vorab mittels Fax überreichte Anträge würden als eingebracht gelten, wenn die schriftliche Eingabe ohne Verzug nachgereicht werde.
Diesen Ausführungen kommt Berechtigung zu.
Das Kind hat nach § 3 Z 2 UVG idF des FamRÄG 2009, BGBl I 2009/75, glaubhaft zu machen, einen Exekutionsantrag nach § 294a EO oder, sofern der Unterhaltsschuldner offenbar keine Gehaltsforderung oder keine andere in fortlaufenden Bezügen bestehende Forderung hat, einen Exekutionsantrag auf bewegliche körperliche Sachen unter Berücksichtigung von § 372 EO eingebracht zu haben. Ist wie im vorliegenden Fall der beim Exekutionsgericht eingebrachte Exekutionsantrag durch Nachbringung des Originals zu verbessern, etwa weil er mit Fax eingebracht wurde, gilt als Einbringungsdatum der Tag, an dem das Fax beim Exekutionsgericht eingelangt ist (vgl Neumayr in Schwimann/Kodek , ABGB 4 § 3 UVG Rz 29 mwN).
Im vorliegenden Fall langte der Exekutionsantrag des Kindes am 30. 11. 2011 per Fax, das Original am 2. 12. 2011 auf dem Postweg beim Exekutionsgericht ein. Damit wurde der Exekutionsantrag gleichzeitig mit dem am 30. 11. 2011 beim Erstgericht eingelangten Antrag auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen eingebracht, weshalb Unterhaltsvorschüsse bereits ab November 2011 zustehen.
Es war daher in Stattgebung des Revisionsrekurses des Kindes die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen.