9Nc36/12m – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, Hon.-Prof. Dr. Kuras, Mag. Ziegelbauer sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** A*****, 4866 Unterach, vertreten durch B S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei U*****, vertreten durch DLA PIPER WEISS-TESSBACH Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 5.260.209,24 EUR, über die Befangenheitsanzeige des Hofrats des Obersten Gerichtshofs ***** Dr. G***** vom 3. Oktober 2012 den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Hofrat des Obersten Gerichtshofs ***** Dr. G***** ist in der Rechtssache 6 Ob 190/12b befangen.
Text
Begründung:
Für das im Spruch genannte Verfahren ist nach der Geschäftsverteilung des Obersten Gerichtshofs der 6. Senat zuständig. Das im Spruch genannte Mitglied des Senats zeigt selbst Gründe an, aus denen allenfalls der objektive Anschein der Befangenheit entstehen könnte.
Konkret verweist die Anzeige darauf, dass der anzeigende Richter für die beklagte Partei bzw Konzerngesellschaften der beklagten Partei Gutachten erstattet habe.
Rechtliche Beurteilung
Die Befangenheitsanzeige ist berechtigt.
Befangenheit liegt vor, wenn ein Richter an eine Rechtssache nicht mit voller Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit herantritt, somit eine Hemmung zu unparteiischer Entscheidung durch sachfremde psychologische Motive gegeben ist (RIS-Justiz RS0046052). Für die Annahme des Vorliegens einer Befangenheit genügt nach ständiger Rechtsprechung, dass bei objektiver Betrachtungsweise auch nur der äußere Anschein der Voreingenommenheit der zur Entscheidung berufenen Richter entstehen könnte (RIS-Justiz RS0045949; RS0046052 ua; Mayr in Rechberger ZPO 3 § 19 JN Rz 4). Es ist im Allgemeinen ein Befangenheitsgrund anzunehmen, wenn ein Richter selbst seine Befangenheit anzeigt (RIS-Justiz RS0046053). Dies trifft auch dann zu, wenn der anzeigende Richter bloß die Möglichkeit des objektiven Anscheins für gegeben erachtet. Dem jeweiligen Richter sind das konkrete Umfeld seiner Entscheidung und die maßgeblichen Umstände am besten bekannt. Unter Beachtung des Ansehens der Justiz ist kein strenger Prüfungsmaßstab anzulegen und ist bei einer entsprechenden Anzeige grundsätzlich die Befangenheit zu bejahen (RIS-Justiz RS0045943; RS0045949; RS0046052 mwN; Ballon in Fasching 2 I § 19 JN Rz 5; Mayr in Rechberger ZPO 2 § 19 JN Rz 4). Hier hat der anzeigende Richter eine Tätigkeit für die Beklagte entfaltet. Diese Tatsache könnte für Außenstehende die Annahme der Voreingenommenheit begründen.
Ausgehend von der eigenen Anzeige des betroffenen Senatsmitglieds war daher spruchgemäß dessen Befangenheit festzustellen.