4Nc14/12i – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Betroffenen S***** B*****, vertreten durch den Sachwalter NÖ Landesverein für Sachwalterschaft und Bewohnervertretung, Geschäftsstelle Amstetten, Amstetten, Hauptplatz 26, aufgrund der vom Bezirksgericht Voitsberg verfügten Vorlage des Akts AZ 1 P 68/11v zur Entscheidung gemäß § 111 JN in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die mit Beschluss des Bezirksgerichts Waidhofen/Ybbs vom 14. Juni 2012, GZ 1 P 68/11v-105, gemäß § 111 Abs 1 JN verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Voitsberg wird gemäß § 111 Abs 2 JN genehmigt.
Text
Begründung:
Das Bezirksgericht Waidhofen/Ybbs übertrug unter Hinweis auf den ständigen Aufenthaltsort der Betroffenen mit inzwischen in Rechtskraft erwachsenem Übertragungsbeschluss vom 14. 6. 2012 von Amts wegen die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache gemäß § 111 JN an das Bezirksgericht Voitsberg.
Das Bezirksgericht Voitsberg lehnte die Übernahme der Pflegschaftssache vor einer rechtskräftigen Entscheidung darüber, ob der Wohnsitz der Betroffenen bei ihrem aktuellen Freund ihrem Wohl entspreche, ab.
Die Betroffene hat ihren Wohnsitz Anfang Mai 2012 in die Wohnung ihres Freundes im Sprengel des Bezirksgerichts Voitsberg verlegt und ist dort gemeldet (ON 104, 106). In Hinblick darauf hat der Sachwalter ihr Mietverhältnis betreffend ihren bisherigen Wohnsitz im Sprengel des Bezirksgerichts Waidhofen/Ybbs aufgelöst (ON 110).
Das Bezirksgericht Waidhofen/Ybbs legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Kompetenzkonflikt vor.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 111 Abs 1 JN kann das zur Besorgung der Sachwalterschaftssache zuständige Gericht seine Zuständigkeit einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse des Betroffenen gelegen erscheint, insbesondere, wenn dadurch die wirksame Handhabung des dem Betroffenen zugedachten Schutzes voraussichtlich befördert wird (RIS Justiz RS0049144, RS0046929; 4 Nc 7/11h). Diese Voraussetzungen sind in der Regel gegeben, wenn die Sachwalterschaftssache dem Gericht übertragen wird, in dessen Sprengel der Mittelpunkt der Lebensführung des Betroffenen liegt (RIS-Justiz RS0046971 [T3]).
Hier hat die Betroffene ihren Lebensschwerpunkt nach der Übersiedlung zu ihrem Freund unter Aufgabe ihres bisherigen Wohnsitzes derzeit eindeutig im Sprengel des Bezirksgerichts Voitsberg. Dieses ist daher am besten geeignet, im Interesse der Betroffenen Maßnahmen auch für den vom Bezirksgericht Voitsberg befürchteten Fall zu treffen, dass die zuletzt erfolgte Wohnsitzwahl der Betroffenen nicht ihrem Wohl entsprechen sollte.
Der Beschluss des Bezirksgerichts Waidhofen/Ybbs auf Übertragung der Zuständigkeit ist daher zu genehmigen.