9ObA83/12i – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn (Dreiersenat gemäß § 7 Abs 1 Z 9 OGHG) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei DI Dr. P***** E*****, vertreten durch Sunder-Plaßmann Loibner Partner Rechtsanwälte OG in Wien, wider die beklagte Partei V***** GmbH, *****, vertreten durch Benn-Ibler Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 615.968,33 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 19. Juni 2012, GZ 10 Ra 59/12p 22, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurswerber richtet sich gegen die Beurteilung des Rekursgerichts, dass der am 30. 4. 2012 erhobene Widerspruch der Beklagten gegen das gegen sie am 28. 3. 2012 ergangene und am 11. 4. 2012 hinterlegte Versäumungsurteil rechtzeitig erfolgt sei. Der Geschäftsführer der Beklagten sei in Kenntnis des anhängigen Verfahrens am 1. 3. 2012 von seiner Funktion zurückgetreten. Für die Gesellschaft sei erst zwei Monate später ein neuer Geschäftsführer bestellt worden. Die Beklagte müsse daher iSd § 8 ZustellG einer Partei gleichgehalten werden, die während eines Verfahrens ohne Mitteilung an das Gericht ihre bisherige Abgabestelle ändere, wodurch die Hinterlegung des Versäumungsurteils dessen Zustellung bewirkt habe.
Dies verkennt jedoch, dass hier kein Fall des § 8 ZustellG begründet wird, weil es der Beklagten zum Zeitpunkt der Hinterlegung nicht an einer Abgabestelle, sondern an einem vertretungsbefugten Organ mangelte. Erwägungen zu einer analogen Anwendung des § 8 ZustellG auf eine vertretungslose Gesellschaft steht entgegen, dass von Gesetzes wegen mit der Möglichkeit, einen Notgeschäftsführer iSd § 15a GmbHG, einen Prozess- oder einen Abwesenheitskurator zu bestellen (vgl Ratka in Straube , GmbHG § 15a Rz 2), einem Rechtsschutzdefizit vorgebeugt wird.
Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 528 Abs 1 ZPO ist der Revisionsrekurs daher zurückzuweisen.