12Os61/12f – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9. August 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Angrosch als Schriftführerin in der Strafsache gegen Claude G***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Patrick D***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft betreffend diesen Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Jugendschöffengericht vom 14. Februar 2012, GZ 41 Hv 176/11f 84, und die Beschwerde des Angeklagten D***** gegen den Beschluss auf Anordnung von Bewährungshilfe nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten D***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Die Entscheidung über eine amtswegig in Aussicht genommene Maßnahme hinsichtlich der Angeklagten Viktor S***** und Susanne R***** wird einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vorbehalten.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche mehrerer Mitangeklagten sowie (Teil-)Freisprüche enthält, wurden Patrick D***** des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB (I./5./) und des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (VII./) und mit Blick auf ein in Aussicht genommenes Vorgehen gemäß § 290 Abs 1 StPO von Belang Viktor S***** und Susanne R***** des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB (V./) schuldig erkannt.
Danach hat Patrick D***** soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz
I./5./ in der Nacht vom 29. auf den 30. August 2011 in S***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Stephan T***** als unmittelbare Täter und Claude G***** und Viktor S***** als Beitragstäter
a./ dem Clemens M***** ein Moped im Wert von 1.999 Euro;
b./ dem Christian E***** ein Moped im Wert von 550 Euro;
VII./ in der Nacht auf den 1. September 2011 in A***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Susanne R***** als Mittäter sowie Claude G*****, Stephan T***** und Viktor S***** als Beitragstäter Verfügungsbefugten der S***** Tankstelle A***** durch Vorhalten zweier Gaspistolen verbunden mit der Aufforderung, Bargeld zu übergeben, somit durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in unbekannter Höhe, mit dem Vorsatz abzunötigen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei sie den Raub unter Verwendung von Waffen zu verüben suchten.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf Z 1, 5, 5a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Patrick D*****, der keine Berechtigung zukommt.
Dass dem erkennenden Jugendschöffensenat mit zwei weiblichen (im Hauptverhandlungsprotokoll eindeutig als solche bezeichneten [ON 83, S 1]) Hauptschöffinnen entgegen der Vorschrift des § 28 Abs 2 JGG kein Schöffe des Geschlechts des jugendlichen Angeklagten D***** angehörte (Z 1), blieb nach dem Inhalt des Protokolls über die Hauptverhandlung ungerügt, was den Verlust der formellen Legitimation zur Geltendmachung dieser Nichtigkeit zur Folge hat (§ 281 Abs 1 Z 1 zweiter Halbsatz StPO; RIS Justiz RS0087020).
Mit seiner undifferenziert als Mängel- und Tatsachenrüge (Z 5 [fünfter Fall], Z 5a) ausgeführten Beschwerde kritisiert der Nichtigkeitswerber die Konstatierungen zum Geschehensablauf vom 1. September 2011 (Urteilsfaktum VII./; US 26 ff) als „aktenwidrig“, zeigt aber kein Fehlzitat im Sinne einer falschen Wiedergabe des Inhalts einer Aussage oder eines anderen Beweismittels auf (RIS Justiz RS0099547), sondern beschränkt sich darauf, die aus den Angaben der Zeugin Sefeta H***** gezogenen Schlussfolgerungen der Tatrichter (US 37 ff) nach Art einer im kollegialrichterlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung in Frage zu stellen. Im Übrigen betreffen der Beschwerdeauffassung zuwider weder das Ausmaß der „Vermummung“ der unmittelbaren Täter noch der Umstand, wie lange diese an die Glasschiebetüre der Tankstelle klopften, ob sich H***** ängstigte und schließlich, inwieweit die von ihr in ihr Mobiltelefon eingetippte Nummer für die Täter (als jene der Polizei) erkennbar war, für die Lösung der Schuld- und Subsumtionsfrage entscheidende Tatsachen und können daher auch kein Bezugspunkt einer Urteilsanfechtung aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO sein.
Die gesetzmäßige Ausführung materiell rechtlicher Nichtigkeitsgründe hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen methodengerechten Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen sei, zur Voraussetzung (RIS Justiz RS0099810; Ratz , WK StPO § 281 Rz 581, 584).
Diesen Erfordernissen wird die strafbefreienden Rücktritt vom Versuch behauptende Rechtsrüge (Z 9 lit b) nicht gerecht, übergeht sie doch sämtliche einer Freiwilligkeit der Versuchsaufgabe entgegenstehende Konstatierungen (vgl insbesondere US 28: „D***** und R***** gaben die Ausführung ihrer Tat nicht freiwillig auf, sondern konnten ihre Tat aufgrund der Gegebenheiten, nämlich aufgrund der Tatsache, dass die Verkäuferin die Tür nicht öffnete, nicht ausführen …“).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die (implizite) Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Die Entscheidung über eine amtswegig in Aussicht genommene Maßnahme hinsichtlich der Angeklagten Viktor S***** und Susanne R***** war einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vorzubehalten.