2Ob92/12m – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj C***** S*****, geboren ***** 1998, vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie, Rechtsvertretung Bezirk 10, Van der Nüll Gasse 20, 1100 Wien, wegen Unterhalts, über den Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 29. März 2012, GZ 45 R 147/12v, 148/12s 61, womit der Rekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom 1. Dezember 2011, GZ 6 Pu 265/10v 50, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 15. Dezember 2011, GZ 6 Pu 265/10v 52, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, die Gleichschrift des Revisionsrekurses der Minderjährigen dem Vater W***** S***** zur allfälligen Erstattung einer durch einen Rechtsanwalt unterfertigten Revisionsrekursbeantwortung zuzustellen. Nach Erstattung der Revisionsrekursbeantwortung oder dem fruchtlosen Verstreichen der hierfür vorgesehenen Frist sind die Akten dem Obersten Gerichtshof wieder vorzulegen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht setzte mit Wirkung ab 1. 12. 2011 die Unterhaltsverpflichtung des Vaters von 200 EUR auf 10 EUR monatlich herab. Der Beschluss wurde nur mit dem Einvernehmen der Parteien begründet.
Das Rekursgericht wies den gegen diesen Beschluss gerichteten Rekurs der Minderjährigen mangels Beschwer zurück und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es fehle an höchstgerichtlicher Judikatur zu der Frage, ob Prozesserklärungen im Außerstreitverfahren noch im Rechtsmittelverfahren zurückgenommen werden könnten.
Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Minderjährigen, den das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorlegte.
Rechtliche Beurteilung
Die Aktenvorlage ist verfrüht.
Nach § 68 Abs 1 AußStrG ist das Revisionsrekursverfahren zweiseitig, wenn mit dem angefochtenen Beschluss „über die Sache“ entschieden wurde. Darunter ist jede Entscheidung über den Verfahrensgegenstand zu verstehen, auf die Art der Erledigung kommt es nicht an (vgl RIS Justiz RS0120860). Im vorliegenden Fall hat das Rekursgericht die Beschwer der Minderjährigen mit der Begründung verneint, diese habe durch ihren gesetzlichen Vertreter dem Herabsetzungsantrag des Vaters zugestimmt. Ein Widerruf dieser Zustimmung sei im Rekursverfahren nicht mehr möglich.
Diese Rechtsansicht betrifft die materiell rechtlichen Grundlagen der Entscheidung über den Herabsetzungsantrag, somit „die Sache“. Der erkennende Senat erachtet es daher als geboten, dem Vater rechtliches Gehör zu gewähren und ihm die Möglichkeit einer Revisionsrekursbeantwortung einzuräumen.