JudikaturOGH

3Ob115/12a – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Juli 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Johannes Pepelnik, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei T***** dd, *****, vertreten durch Scherbaum Seebacher Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 70.757,95 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 30.843,80 EUR sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. April 2012, GZ 2 R 80/12t 63, womit das Urteil des Landes als Handelsgerichts Wiener Neustadt vom 28. Februar 2012, GZ 23 Cg 287/09b 59, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Vorinstanzen verurteilten die Beklagte zur Zahlung von restlichem Mietzins, Rückstellungs , Reparatur und Depotkosten in Höhe von 30.843,80 EUR sA, welche aus einem von der Beklagten nicht ordnungsgemäß beendeten Mietvertrag über für Gefahrengütertransporte vorgesehene Kesselwagen resultierten, und erachteten die eingewendete Gegenforderung von 14.320 EUR für nach Ansicht der Beklagten zu Unrecht geleistete Reparaturkosten für schon früher zurückgestellte Kesselwagen als nicht zu Recht bestehend.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte vermag keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Das Vorbringen der Beklagten, die Parteien hätten anlässlich des Vergleichsabschlusses vom 17. 6. 2009 gemeinsam über die Präklusion der von der Klägerin geforderten Reparaturkosten geirrt, weshalb der Vergleich angefochten und die bereits geleisteten Reparaturkosten zurückgefordert werden könnten, bildet mangels erstinstanzlichen Vorbringens in dieser Richtung eine im Revisionsverfahren unzulässige Neuerung. In erster Instanz hat sich die Beklagte nur ausdrücklich vorbehalten, „den Vergleich vom Juni 2009 wegen Irrtums anzufechten“ (S 12 in ON 20), in der Folge aber einen Irrtumseinwand nicht erhoben und ausgeführt. Ein allfälliger Irrtum und seine Rechtsfolgen sind daher nicht zu prüfen. Dass das Berufungsgericht die von der Beklagten rückgeforderte Leistung aufgrund des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vergleichs als nicht gerechtfertigt beurteilte, bildet keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung.

Im Gegensatz zu der von der Beklagten in ihrer Revision vertretenen Auffassung ist auch die Vertragsauslegung des Berufungsgerichts nicht als auffallende Fehlbeurteilung anzusehen, weshalb auch diese Auslegungsfrage nicht erheblich nach § 502 Abs 1 ZPO ist (RIS Justiz RS0042776). Aus der Pflicht des Vermieters zur Aufforderung an den Mieter zur gemeinsamen Schadensfeststellung, um mangels Beteiligung des Mieters die eigenen Schadensfeststellungen den weiteren Ansprüchen zugrundelegen zu können, mangels jeglicher Anhaltspunkte im Wortlaut der Vereinbarung kein besonderes Fälligkeitserfordernis für Ersatzforderungen für Schäden an den Mietgegenständen abzuleiten, liegt nahe.

Ob die Vereinbarung der Streitteile, wonach der Mieter auch nach Rückgabe der Kesselwagen Mietzins bis zur Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustands zu zahlen habe, als Vereinbarung pauschalierten Schadenersatzes für den der Klägerin infolge nicht ordnungsgemäßer Rückstellung der Kesselwagen entstehenden Verdienstentgangs im Sinn einer Vertragsstrafe nach § 1336 ABGB anzusehen ist, weshalb eine richterliche Mäßigung des Schadenersatzes in Betracht kommt, oder mangels Vorliegens einer Vertragsstrafe im Fall der Verletzung der den Geschädigten treffenden Schadensminderungsobliegenheit eine Reduktion der Ersatzpflicht gemäß § 1304 ABGB vorzunehmen ist, bedarf keiner abschließenden Beurteilung.

Sowohl die Frage, was dem Geschädigten im Rahmen der Schadensminderungspflicht zumutbar ist, als auch das Ausmaß der Mäßigung einer Vertragsstrafe nach § 1336 Abs 2 ABGB hängt grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls ab und bildet daher keine erhebliche Rechtsfrage (RIS Justiz RS0027787 [T18]). Dass die Vorinstanzen der Vermieterin zubilligten, mit allfälligen Beweissicherungsmaßnahmen bis zum Ablauf der von ihr gesetzten Frist für die Reparatur (ungeachtet bereits 10 Tage vor Fristablauf erfolgter Ablehnung durch die Mieterin) zuzuwarten, bildet ebensowenig eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung im Einzelfall wie das angenommene Ausmaß für die Schadensbegutachtung von zwei Monaten (vgl im Übrigen die Zweitmonatsfrist für die gemeinsame Schadensfeststellung vor Verschiebung der Beweislast zugunsten der Vermieterin). Im Übrigen kann die ordnungsgemäße Rückstellung von Kesselwagen bzw die Einschätzung eines allfälligen Reinigungs und Reparaturaufwands nicht ohne weiteres mit der als Massengeschäft abgewickelten Schadensschätzung nach Kraftfahrzeugunfällen verglichen werden (vgl RIS Justiz RS0026860).

Die außerordentliche Revision ist daher mangels erheblicher Rechtsfragen nach § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

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