JudikaturOGH

6Nc10/12s – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Juni 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj C***** S***** S*****, geboren am 25. Dezember 2009, *****, über das Ersuchen des Bezirksgerichts Graz West um eine Entscheidung nach § 111 Abs 2 JN in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Übertragung der Zuständigkeit für diese Pflegschaftssache vom Bezirksgericht Graz West an das Bezirksgericht Wiener Neustadt wird genehmigt.

Text

Begründung:

Mit rechtskräftigem Beschluss vom 28. 2. 2012 übertrug das Bezirksgericht Graz West die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache gemäß § 111 JN an das Bezirksgericht Wiener Neustadt, weil das Kind mit seiner obsorgeberechtigten Mutter den Wohnsitz dauerhaft von T***** bei Graz nach K***** im Sprengel des Bezirksgerichts Wiener Neustadt verlegt habe.

Das Bezirksgericht Wiener Neustadt verweigerte die Übernahme des Akts mit der wesentlichen Begründung, über einen Unterhaltsantrag sei noch nicht in erster Instanz entschieden worden. Es sei sinnvoller, dass das Bezirksgericht Graz West darüber entscheide, weil der unterhaltsverpflichtete Vater in Kärnten wohne und der bereits bestellte Buchsachverständige aus Graz dem Vater und den von diesem vorzulegenden Unterlagen näher liege als ein allenfalls vom Bezirksgericht Wiener Neustadt zu bestellender Sachverständiger. Weiters seien ein Verfahrenshilfeantrag der Mutter offen und ein Gebührenbeschluss noch nicht gefasst. Das Bezirksgericht retournierte den Akt dem Bezirksgericht Graz West.

Daraufhin legte dieses den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung gemäß § 111 JN vor.

Rechtliche Beurteilung

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Die Zuständigkeitsübertragung ist zu genehmigen.

Gemäß § 111 Abs 2 Satz 2 JN bedarf im Falle der Weigerung des anderen Gerichts die Übertragung zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung des den beiden Gerichten zunächst übergeordneten gemeinsamen höheren Gerichts.

Offene Anträge (etwa betreffend Unterhalt) sprechen im Allgemeinen nicht gegen eine Zuständigkeitsübertragung, es sei denn, dem übertragenden Gericht käme zur Entscheidung eine besondere Sachkenntnis zu oder es hätten bereits unmittelbare Beweisaufnahmen durchgeführt (RIS-Justiz RS0047032 [T2]).

Da der Vater in Klagenfurt wohnt, gibt es zum Bezirksgericht Graz West keinen Anknüpfungspunkt mehr. Unterlagen für ein Buchgutachten können auch übersandt oder elektronisch übermittelt werden, sodass die größere Nähe eines Grazer Sachverständigen zum Vater keine entscheidende Rolle spielt.

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