JudikaturOGH

11Os26/12a – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Mai 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Mai 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Marek und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Brandstetter als Schriftführer, in der Strafsache gegen Martin B***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1, 161 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über den Antrag der Generalprokuratur gemäß § 362 Abs 1 Z 2 StPO gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 13. Dezember 2011, GZ 15 Hv 78/11i 74, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung des Antrags der Generalprokuratur wird im außerordentlichen Weg die Wiederaufnahme des Strafverfahrens AZ 15 Hv 78/11i des Landesgerichts St. Pölten insoweit verfügt, als Martin B***** mit dem Urteil dieses Gerichts vom 13. Dezember 2011 (ON 74) des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1, 161 Abs 1 StGB schuldig erkannt wurde. Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, wird im bezeichneten Schuldspruch und demzufolge im Strafausspruch sowie im Privatbeteiligtenzuspruch aufgehoben und die Strafsache in diesem Umfang zur weiteren Amtshandlung an das Landesgericht St. Pölten verwiesen.

Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil das auch einen unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Freispruch des Angeklagten von weiteren gleichartigen Vorwürfen enthält wurde Martin B***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1, 161 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in P***** als Geschäftsführer, sohin als leitender Angestellter, Bestandteile des Vermögens der Bi***** GmbH verheimlicht und beiseite geschafft und dadurch die Befriedigung der Gläubiger in einem Ausmaß von „49.626,07 Euro“ geschmälert, indem er nachgenannte Überweisungen für vom verbundenen Unternehmen Ing. Friedrich B***** GmbH nach Eintritt der Krise ab 1. Jänner 2005 zur Verfügung gestellte und mehr als sechs Monate gestundete, sohin eigenkapitalersetzende Leistungen an die Ing. Friedrich B***** GmbH durchführte bzw veranlasste, und zwar

a) am 6. Dezember 2005 33.600 Euro für die am 1. April 2005 gebuchte Rechnung Nr 126,

b) am 6. Dezember 2005 13.200 Euro für die am 1. April 2005 gebuchte Rechnung Nr 135,

c) am 6. Dezember 2005 1.463,90 Euro für die am 6. April 2005 gebuchte Rechnung Nr 182,

d) am 2. Jänner 2006 2.400 Euro für die am 6. April 2005 gebuchte Rechnung Nr 180.

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO.

Rechtliche Beurteilung

Bei der Prüfung der Akten ergeben sich wie die Generalprokuratur in ihrem auf § 362 Abs 1 Z 2 StPO gestützten Antrag zutreffend ausführt erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zu Grunde gelegten Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Angeklagten:

Das Erstgericht ging in tatsächlicher Hinsicht davon aus, dass es der Angeklagte bei Bezahlung der vom Schuldspruch erfassten Beträge ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, durch den Abbau der Verbindlichkeiten der Bi***** GmbH gegenüber der Ing. Friedrich B***** GmbH eigenkapitalersetzende Kredite im Sinne des EKEG an das verbundene Unternehmen zurückzuführen und dadurch die Gläubiger der erstgenannten Gesellschaft zu schädigen (US 5). Diese Überzeugung gründete der Schöffensenat ausschließlich auf die Einlassung des Angeklagten, wonach er Betriebswirtschaftslehre studiert habe und ihm daher das Eigenkapitalersatzgesetz ein Begriff sei (US 7). Laut der Verantwortung des Genannten in der Hauptverhandlung vom 13. Dezember 2011 aber sei ihm nicht bewusst gewesen, dass die inkriminierten Zahlungen an die Ing. Friedrich B***** GmbH als Rückführung eigenkapitalersetzender Darlehen zu werten und somit für eine betrügerische Krida tatbildlich seien, weil er noch weitere offene Forderungen vom August, September, Oktober und November 2005 zu bedienen gehabt hätte und die Zuordnung der Zahlungen für ihn vollkommen egal gewesen sei (ON 73 S 12). Diese Schilderung steht in einem (unerörtert gebliebenen) Widerspruch zur Beurteilungsgrundlage, von der das Erstgericht ausging und ist an sich geeignet, gegenteilige Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Angeklagten zu begründen.

Es war daher im außerordentlichen Weg die Wiederaufnahme des Strafverfahrens AZ 15 Hv 78/11i des Landesgerichts St. Pölten insoweit zu verfügen, als Martin B***** mit dem Urteil dieses Gerichts vom 13. Dezember 2011 (ON 74) des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1, 161 Abs 1 StGB schuldig erkannt wurde. Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, war im bezeichneten Schuldspruch und demzufolge im Strafausspruch sowie im Privatbeteiligtenzuspruch aufzuheben und die Strafsache in diesem Umfang zur weiteren Amtshandlung gemäß § 358 StPO (§ 362 Abs 4 StPO) an das Landesgericht St. Pölten zu verweisen.

Mit seinen Rechtsmitteln war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

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