13Os14/12a – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 5. April 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Linzner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef P***** und einen anderen Angeklagten wegen Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 2 Z 1 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Josef P***** gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 2. Dezember 2011, GZ 50 Hv 20/11k 252, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten Josef P***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung Josef P***** (richtig:) mehrerer Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 2 Z 1 SMG (A/I), eines Verbrechens des Suchtgifthandels (vgl RIS Justiz RS0123912) nach § 28a Abs 1 zweiter Fall und Abs 2 Z 1 und Z 3 SMG iVm § 12 zweiter Fall StGB (A/II) sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall SMG (A/III) und nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG (A/IV) schuldig erkannt.
Danach hat er (A)
I) zwischen Februar 2008 und Mitte Dezember 2009 in T***** und an anderen Orten Österreichs vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) insgesamt weit übersteigenden Menge, nämlich 457 Gramm Kokain (Reinsubstanz 91,4 Gramm), je 2.000 Gramm Cannabiskraut und Cannabisharz (insgesamt 140 Gramm Reinsubstanz Delta 9 THC) und 140 Gramm Speed (14 Gramm Reinsubstanz Amphetamin), im Urteil namentlich genannten Abnehmern teils durch gewinnbringenden Verkauf, teils unentgeltlich überlassen;
II) zwischen April und August 2009 in K***** den abgesondert verfolgten Thomas Pu***** durch eindringliche Aufforderung und Bezahlung von 1.500 Euro pro Fahrt dazu bestimmt, in zwei Angriffen vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich insgesamt 10.000 Gramm Cannabisharz (500 Gramm Reinsubstanz Delta-9-THC), versteckt in dessen Pkw von Belgien über Deutschland nach Österreich einzuführen,
wobei er die zu I und II beschriebenen Straftaten jeweils gewerbsmäßig beging und schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden ist;
III) bis zum 12. Jänner 2010 in T***** vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich etwa 11,40 Gramm Kokain und Cannabisprodukte in geringer Menge durch Verwahrung in seinem Pkw besessen;
IV) bis zum 12. Jänner 2010 in T***** im Urteil näher bezeichnete Waffen und Munition durch Verwahrung in seinem Pkw besessen, obwohl ihm dies aufgrund eines über ihn durch die Bezirkshauptmannschaft B***** verhängten Waffenverbots gemäß § 12 WaffG verboten ist.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 3, 5, 9 lit a und 10 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Josef P***** schlägt fehl.
§ 221 Abs 2 StPO garantiert dem Angeklagten eine von der Zustellung der Ladung berechnete Frist zur Vorbereitung der Hauptverhandlung von wenigstens acht Tagen. Mit dem Einwand der Verfahrensrüge (Z 3), der Beschwerdeführer sei erst drei Tage vor Beginn der Hauptverhandlung (aus dem Strafvollzug in Ungarn) nach Österreich überstellt worden, wird eine Verletzung dieser (unter Nichtigkeitssanktion stehenden) Vorschrift gar nicht behauptet.
Lediglich der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass eine Zustellung der Ladung zu eigenen Handen des Beschwerdeführers (vgl § 83 Abs 4 StPO) mangels Unterschrift auf dem bezughabenden internationalen Rückschein (ON 1 S 115) nicht aktenkundig ist. Ein nachteiliger Einfluss der daraus resultierenden Gesetzesverletzung auf die Entscheidung (§ 281 Abs 3 StPO) wäre fallbezogen jedoch nicht anzunehmen (RIS-Justiz RS0097293), weil der Beschwerdeführer nach am 2. Mai 2011 an ihn bewirkter Zustellung der Anklageschrift (ON 1 S 110 und ON 174) am 19. Oktober 2011 von einem Angehörigen der österreichischen Botschaft in Ungarn über seine bevorstehende Überstellung nach Österreich zwecks Durchführung der für 14. und 21. November 2011 anberaumten Hauptverhandlung (ON 214 S 7) informiert wurde.
Die zum Schuldspruch A/II im Rahmen der Mängelrüge vorgetragene Kritik, das Erstgericht habe sich mit der Verantwortung des Beschwerdeführers, wonach er nicht Bestimmungs- sondern Beitragstäter gewesen sei, nicht auseinandergesetzt (Z 5 zweiter Fall), betrifft zufolge rechtlicher Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen keine entscheidende Tatsache (RIS-Justiz RS0106268, RS0117604).
Die Aussage des Beschwerdeführers, beim nach Österreich eingeführten Suchtgift (A/II) habe es sich nicht um Cannabisharz, sondern um Cannabiskraut gehandelt (ON 240 S 5), haben die Tatrichter sehr wohl erörtert, jedoch mit mängelfreier Begründung als unglaubwürdig verworfen (US 20 ff).
Rechts- (Z 9 lit a) und Subsumtionsrüge (Z 10) wurden ausschließlich zu diesen Fragen ausgeführt und bedürfen demnach keiner weiteren Erörterung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO). Dabei wird dieses wahrzunehmen haben (RIS Justiz RS0122140, RS0119220), dass das Erstgericht (auch) hinsichtlich des Beschwerdeführers vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB ausging, ohne die hiefür (insbesondere mit Blick auf § 39 Abs 2 StGB) erforderlichen Feststellungen zu treffen (vgl US 8 iVm US 33). Schon daraus resultiert Nichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO (RIS-Justiz RS0125294; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 668c). Vorliegend wurde vom erweiterten Strafrahmen bei Bemessung der achtjährigen Freiheitsstrafe unter Bedachtnahme auf das Urteil des Stadtgerichts T***** (Ungarn) vom 23. September 2010, AZ 2.B.214/2010/67, mit welchem über den Beschwerdeführer eine Freiheitsstrafe von vier Jahren verhängt worden war, auch Gebrauch gemacht.
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.