JudikaturOGH

14Os163/11v – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. April 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. April 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Brandstetter als Schriftführer in der Strafsache gegen Darijan F***** wegen Verbrechen der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 22. August 2011, GZ 25 Hv 106/11a 14, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Darijan F***** zweier Verbrechen der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB (I) und eines Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB (II) schuldig erkannt.

Danach hat er in der Nacht zum 19. März 2011 in Kössen Katerina S*****

(I) mit Gewalt zur Vornahme und Duldung des Beischlafs oder von dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlungen zu nötigen versucht, indem er

a) sie mit seinem Körper gegen die Außenseite der Beifahrertür seines Fahrzeugs drückte und ihren Kopf festhielt, sie gleichzeitig zum Geschlechtsverkehr aufforderte und eine Hand unter ihre Hose schob und sodann einen Finger in ihre Vagina einführte, sohin zur Duldung einer digitalen Vaginalpenetration und zur Vollziehung des Geschlechtsverkehrs;

b) ihren Kopf in Richtung seiner Genitalien drückte und sie durch Festhalten am Arm am Verlassen seines Fahrzeugs hinderte, sohin zur Durchführung eines Oralverkehrs an ihm;

(II) „das Handy unerhobenen Werts“, sohin eine fremde bewegliche Sache, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 5a, 9 lit a und lit b sowie 10 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Der Nichtigkeitsgrund der Z 5a greift seinem Wesen nach erst, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können und dürfen, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen, mit anderen Worten intersubjektiv gemessen an Erfahrungs und Vernunftsätzen eine unerträgliche Fehlentscheidung qualifiziert nahelegen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt wird dadurch nicht ermöglicht (vgl RIS Justiz RS0119583, RS0117516). Solcherart erhebliche Bedenken zeigt die Rüge mit ihrem Vorbringen gegen die Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit der Belastungszeugin Katerina S***** ebenso wenig auf (vgl auch RIS-Justiz RS0099649), wie mit dem Hinweis auf aus dem (zeitlichen) Kontext gelöste Passagen in deren Aussage.

Gesetzeskonformes Ausführen von Rechts oder Subsumtionsrüge erfordert das strikte Festhalten am gesamten Urteilssachverhalt und den ausschließlich auf dessen Basis geführten Nachweis, dass bei Beurteilung dieses Tatsachensubstrats ein Rechtsirrtum unterlaufen ist (vgl RIS Justiz RS0099810). Ein Feststellungsmangel wird geltend gemacht, indem unter konkretem Hinweis auf einen nicht durch Feststellungen geklärten, jedoch durch das Beweisverfahren (§ 258 Abs 1 StPO) indizierten Sachverhalt eine vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz angestrebt wird, weil dieses ein Tatbestandsmerkmal, einen Ausnahmesatz (Z 9 lit a bis c) oder eine andere rechtliche Unterstellung (Z 10) bei der rechtlichen Beurteilung nicht in Anschlag gebracht hat (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 600; RIS Justiz RS0118580).

Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum Schuldspruch I Feststellungen zu den „objektiven Voraussetzungen des § 201 Abs 1 StGB“ vermisst, vernachlässigt sie ebenso wie die Subsumtionsrüge (Z 10) mit dem Begehren, die Taten § 202 Abs 1 StGB zu unterstellen die Konstatierungen zu den von einem entsprechenden inneren Vorhaben (US 7 unten) getragenen Ausführungs oder ausführungsnahen Handlungen des Angeklagten (US 4, 5).

Entgegen dem den Schuldspruch II betreffenden Vorwurf der Verwendung bloßer verba legalia zum Bereicherungsvorsatz, haben die Tatrichter den erforderlichen Sachverhaltsbezug sehr wohl hergestellt (vgl US 12, 7; RIS Justiz RS0119090; Ratz , WK StPO § 281 Rz 8).

Die zum Schuldspruch I Rücktritt vom Versuch (§ 16 Abs 1 StGB) reklamierende Rechtsrüge (Z 9 lit b) orientiert sich erneut nicht an den zur Annahme eines fehlgeschlagenen Versuchs getroffenen Feststellungen (US 5 f), und leitet nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz ab (vgl zum entsprechenden Erfordernis RIS Justiz RS0116569), inwiefern der Beschwerdeführer davon ausgehend strafbefreiend vom Versuch zurückgetreten sein soll.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise