14Os31/12h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 3. April 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Brandstetter als Schriftführer in der Strafsache gegen Slavisa J***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall und 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 20. Dezember 2011, GZ 053 Hv 172/11t-21, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Knibbe und des Verurteilten Slavisa J***** zu Recht erkannt:
Spruch
Der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 20. Dezember 2011, GZ 053 Hv 172/11t-21, verletzt, soweit darin gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO der Widerruf der mit Beschluss dieses Gerichts als Vollzugsgericht vom 24. Februar 2010, GZ 184 BE 387/09s-7, gewährten bedingten Entlassung ausgesprochen wurde, § 53 Abs 1 zweiter Satz StGB.
Der Beschluss wird in diesem Umfang aufgehoben und es wird vom Widerruf des Slavisa J***** mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 24. Februar 2010, GZ 184 BE 387/09s-7, gewährten bedingten Entlassung aus Anlass der Verurteilung des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 20. Dezember 2011, GZ 053 Hv 172/11t 21, abgesehen.
Text
Gründe:
Mit gekürzt ausgefertigtem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 15. Dezember 2009, GZ 083 Hv 139/09g 18, wurde Slavisa J***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 130 erster Fall StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt. Gemäß § 43a Abs 3 StGB wurde der Vollzug eines Teils dieser Freiheitsstrafe im Ausmaß von fünfzehn Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Aus dem unbedingten Teil der Freiheitsstrafe wurde Slavisa J***** mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht vom 24. Februar 2010, GZ 184 BE 387/09s 7, am 1. März 2010 nach § 46 Abs 1 StGB bedingt entlassen. Der Strafrest betrug einen Monat und neun Tage, die Probezeit wurde mit drei Jahren bestimmt.
Aufgrund neuer Delinquenz während der Probezeit wurde Slavisa J***** mit gekürzt ausgefertigtem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 20. Dezember 2011, GZ 053 Hv 172/11t 21, des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall und 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen schuldig erkannt und unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach dem ersten Strafsatz des § 130 StGB zu einer nicht bedingt nachgesehenen (vgl die mit rechtskräftigem Beschluss vom 2. Jänner 2012 erfolgte Angleichung des Urteilsvermerks an das mündlich verkündete Urteil, ON 28) Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt. Aus Anlass dieser Verurteilung fasste das erkennende Gericht den ebenso in Rechtskraft erwachsenen Beschluss, gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO die bedingte Entlassung zu AZ 184 BE 387/09s des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht zu widerrufen. Vom Widerruf der mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien zu AZ 083 Hv 139/09g gewährten bedingten Strafnachsicht hinsichtlich des Strafteils von fünfzehn Monaten sah es unter gleichzeitiger Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre ab (§ 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO).
Rechtliche Beurteilung
Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 20. Dezember 2011, GZ 053 Hv 172/11t 21, soweit darin die bedingte Entlassung des Slavisa J***** zu AZ 184 BE 387/09s desselben Gerichts als Vollzugsgericht widerrufen wurde, mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Nach dem durch das Strafrechts-änderungsgesetz 2008, BGBl I 2007/109, eingefügten zweiten Satz des § 53 Abs 1 StGB können die bedingte Nachsicht eines Teils einer Freiheitsstrafe und die bedingte Entlassung aus dem nicht bedingt nachgesehenen Strafteil nur gemeinsam widerrufen werden. Ein Widerruf der bedingten Entlassung aus dem gemäß § 43a Abs 3 oder Abs 4 StGB nicht bedingt nachgesehenen Teil einer Freiheitsstrafe ist daher unzulässig, wenn zugleich wie hier in Ansehung des bedingt nachgesehenen Teils dieser Strafe vom Widerruf abgesehen wird (vgl RIS-Justiz RS0125448).
Da sich die Gesetzesverletzung zum Nachteil des Verurteilten auswirkt, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst (§ 292 letzter Satz StPO), der Feststellung konkrete Wirkung zuzuerkennen und den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 20. Dezember 2011, GZ 053 Hv 172/11t 21, soweit darin die bedingte Entlassung des Slavisa J***** zu AZ 184 BE 387/09s desselben Gerichts als Vollzugsgericht widerrufen wurde, aufzuheben.