JudikaturOGH

1Ob49/12f – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. März 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. E***** S*****, vertreten durch Dr. Martin Getreuer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Türkei, vertreten durch Dr. Karl Newole, Rechtsanwalt in Wien, wegen 195.679,82 EUR sA über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 25. Jänner 2012, GZ 38 R 262/11b 110, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien, vom 15. Juni 2011, GZ 44 C 525/07v 104, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Grundsätzlich ist jeder Teil berechtigt, Vertragsverhandlungen abzubrechen, und zwar auch dann, wenn dem anderen durch die nicht erzielte Einigung ein Schaden entsteht (RIS Justiz RS0013975). Die Judikatur geht davon aus, dass grundloses Abstehen vom Vertragsabschluss ausnahmsweise ersatzpflichtig macht, wenn ein Teil beim anderen die Überzeugung herbeigeführt hatte, der Vertrag werde mit Sicherheit zustande kommen und der Abschluss sei nur noch eine Formsache. Dies gilt insbesondere dann, wenn dem Erklärenden erkennbar ist, dass sein Partner im Vertrauen auf seine betreffenden Äußerungen Aufwendungen macht bzw wirtschaftliche Dispositionen trifft (RIS Justiz RS0014680 [T10]). Ob der Vertrauende in der gegebenen Situation einen Hinweis auf das Fehlen jeglicher Bindung erwarten durfte, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (3 Ob 7/07m).

Der Kläger, Eigentümer eines Hauses in W*****, macht Schadenersatzansprüche geltend, weil die beklagte Partei nach detaillierten Vertragsverhandlungen das ihr angebotene Objekt letztlich nicht gemietet habe. Den Feststellungen des Erstgerichts ist aber zu entnehmen, dass sich der Kläger bzw dessen Verhandlungsgehilfen der noch erforderlichen Genehmigung des Mietvertrags „aus Ankara“ durchaus bewusst waren. Ein „In Sicherheit Wiegen“ (10 Ob 10/05a) des potentiellen Vermieters, der mit Angehörigen der Botschaft und des Generalkonsulats der beklagten Partei ausgehandelte Entwurf eines Mietvertrags sei praktisch „unter Dach und Fach“, liegt deshalb nicht zwingend vor. Die Frage der ausständigen Genehmigung war auch entgegen der Auffassung des Revisionswerbers von Anfang an Thema des Verfahrens, hat doch die beklagte Partei bereits in ihrem ersten Schriftsatz vorgebracht, dass die Vertragsverhandlungen mit Wissen des Klägers stets unter dem Vorbehalt der Genehmigung des türkischen Außenministeriums in Ankara gestanden seien. Von einer „Überraschungsentscheidung“, wie der Revisionswerber meint, kann also keine Rede sein. Das Ergebnis des Berufungsgerichts, das das Klagebehren abwies, ist aus diesen Gründen nicht zu korrigieren.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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