JudikaturOGH

12Os13/12x – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. März 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. März 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Brandstetter als Schriftführer in der Strafsache gegen Rasul Y***** und einen weiteren Angeklagten wegen Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Hamsat W***** sowie die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Rasul Y***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 18. August 2011, GZ 14 Hv 73/11k 50, sowie die Beschwerden des Hamsat W***** und der Staatsanwaltschaft gegen den gemeinsam mit dem Urteil gefassten Beschluss (§ 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten Hamsat W***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auch einen aufgrund unbekämpft gebliebener Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde des Rasul Y***** durch das Erstgericht (ON 58) in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des Genannten enthaltenden angefochtenen Urteil wurde Hamsat W***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (I./2./), des Verbrechens der Erpressung nach §§ 15 Abs 1, 144 Abs 1 StGB (II./) sowie zweier Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 15 Abs 1, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB (III./1./) schuldig erkannt.

Danach hat er am 8. April 2011 in Graz im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Rasul Y*****

I./2./ mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) dem Marius S***** ein Mountainbike abgenötigt, indem Rasul Y***** ihm gegenüber aggressiv äußerte: „Wem gehört das Fahrrad? Hört denn das keiner was ich sage? Wem gehört das Fahrrad? Sperr das Schloss jetzt auf!“, sich anschließend Hamsat W***** mit erhobenen Händen vor ihm drohend aufstellte und sagte: „Hast Du nicht gehört, du sollst dein Fahrrad aufsperren!“ und Rasul Y***** hinzufügte: „Sperr das Schloss auf, sonst brech ich dir beide Hände!“;

II./ mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper zu einer Handlung, die Marius P***** am Vermögen schädigen sollte, zu nötigen versucht, indem sie unter anderem äußerten: „Morgen um 4 Uhr bist im Augartenpark und gibst mir dein Handy! Wenn du nicht da bist, bringen andere Tschetschenen oder ich dich um!“;

III./1./ Marius P***** und Marius S***** zum Unterlassen einer Anzeigeerstattung zu nötigen versucht, indem sie äußerten: „Mir ist es scheißegal, wenn ich ins Gefängnis komme! Denn wenn ich wieder raus komme, prügle ich euch zu Tode!“.

Die vom Angeklagten W***** aus Z 5a und Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Rechtliche Beurteilung

Z 5a will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS Justiz RS0118780).

Indem der Angeklagte zu Punkt III./1./ des Schuldspruchs den beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter, wonach betreffend die inkriminierten Äußerungen den Angaben des Zeugen P***** und nicht jenen des Zeugen S***** vor der Polizei zu folgen war, vorwirft, sie wären nicht nachvollziehbar, weckt er keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zu Grunde liegenden entscheidenden Tatsachen. Gleiches gilt für das Vorbringen zu Punkt II./ des Schuldspruchs, wonach das Erstgericht nicht die Angaben des Zeugen P***** vor der Polizei, sondern dessen die ursprüngliche Aussage abschwächende Depositionen in der Hauptverhandlung den Konstatierungen zu Grunde legen hätte sollen.

Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) betreffend Punkt I./2./ des Schuldspruchs vorbringt, Äußerungen des Rasul Y***** könnten dem Rechtsmittelwerber nicht angelastet werden, es könne nicht angenommen werden, dass diese in seinem Einverständnis erfolgt wären, ignoriert sie die Urteilsannahmen, wonach die beiden Angeklagten im bewussten und gewollten Zusammenwirken gehandelt haben (US 6; Ratz , WK StPO § 281 Rz 581, 584) und leitet somit nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab, weshalb das Handeln der Mittäter nicht wechselweise zuzurechnen sein sollte (vgl Fabrizy in WK² § 12 Rz 26). Ebensowenig legt die Beschwerde dar, aus welchem Grund das mit erhobenen Händen drohende Aufstellen vor einer Person und das Anherrschen „mit lauter aggressiver Stimme“ keinen Schluss auf eine Drohung im Sinn des § 142 StGB zulassen sollte (RIS Justiz RS0099810). Die weiteren Ausführungen der Rechtsrüge, wonach „durch das Verhalten des Hamsat W***** kein unmittelbar gegebene Gefahr für Leib und Leben gegeben war“, lassen nicht erkennen, warum dies für die Verwirklichung des Tatbestands des Raubes nach § 142 StGB erforderlich sein sollte ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 588).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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