JudikaturOGH

4Nc3/12x – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Februar 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der beim Landesgericht Innsbruck zu AZ 59 Cg 92/11x anhängigen Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Heinz Heher, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Adrian Hollaender, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und 67.606 EUR sA, über die Delegierungsanträge der beklagten Partei gemäß § 31 Abs 2 JN, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Anträge der beklagten Partei, die Rechtssache an das „Landesgericht Wien“ bzw Handelsgericht Wien zu delegieren, werden abgewiesen.

Text

Begründung:

Die Streitteile sind Gesellschaften mit beschränkter Haftung; der Sitz der Klägerin ist in Wien, jener der Beklagten in Innsbruck.

Die Klägerin brachte beim Landesgericht Innsbruck eine Unterlassungs und Zahlungsklage ein. Die Beklagte betreibe in Tirol Gaststätten und habe dort Rundfunkprogramme der Klägerin ohne deren Zustimmung öffentlich aufgeführt. Dadurch habe sie gegen Urheberrecht, Markenrecht und Lauterkeitsrecht verstoßen. Die Zuständigkeit des Erstgerichts ergebe sich aus § 83c JN (Niederlassungen der Beklagten).

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen. Nach Einbringen der Klagebeantwortung beantragte sie die Delegierung an das „Landesgericht Wien“. Ihr Geschäftsführer habe seinen Wohnsitz nach Wien verlegt, wo auch die Klägerin ihren Sitz habe und Zeugen ansässig seien. In der Verhandlungstagsatzung am 2. Februar 2012 beantragte die Beklagte neuerlich die Delegierung der Rechtssache, diesmal an das Handelsgericht Wien und verwies zusätzlich zu den bereits ausgeführten Gründen auf eine Delegierungsentscheidung in einem Parallelverfahren.

Die Klägerin sprach sich gegen die Delegierung aus, verwies auf die behaupteten Rechtsverletzungen im Sprengel des angerufenen Landesgerichts Innsbruck und verwies zu dem am 2. Februar 2012 gestellten Delegierungsantrag überdies darauf, dass bereits das Beweisverfahren umfassend durchgeführt worden sei und lediglich die Einvernahme des früheren Geschäftsführers der Beklagten ausständig sei, der aber anwesend sei und sofort vernommen werden könne.

Das Erstgericht beendete daraufhin die Beweisaufnahme (Einvernahme des ausständigen Zeugen), schloss das Verfahren unter Abstandnahme von weiterer Beweisaufnahme (Lokalaugenschein) und legte den Akt mit der Stellungnahme zur Entscheidung über den Delegierungsantrag dem Obersten Gerichtshof vor, ein Grund für eine Delegierung habe von Anfang an nicht vorgelegen, der einzuvernehmende Zeuge wohne in Tirol, die Beklagte habe ihren Sitz im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck und die beanstandeten Rechteverletzungen hätten in Tirol stattgefunden. Überdies sei die Beweisaufnahme mittlerweile abgeschlossen.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.

Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zur Erleichterung des Gerichtszugangs und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreits beitragen kann. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Beweisverfahren oder ein maßgeblicher Teil davon vor dem erkennenden Gericht durchgeführt werden kann, weil die Wahrung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes bedeutsamer erscheint als die Einhaltung der örtlichen Zuständigkeitsordnung. Zweckmäßigkeitsgründe sind vor allem der Wohnort (Sitz) der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen (zuletzt 4 Nc 21/11t mwN).

Davon, dass die hier beantragte Delegierung im oben ausgeführten Sinn zweckmäßig wäre, kann keine Rede sein. Mittlerweile wurde das Beweisverfahren vor dem Erstgericht abgeschlossen, durch die beantragte Delegierung an ein anderes Gericht kann daher weder eine Verkürzung des Prozesses noch eine Erleichterung oder Verbilligung des Rechtsstreits erreicht werden. Die Delegierungsanträge der Beklagten sind daher abzuweisen.

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