JudikaturOGH

9Nc4/12f – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. Februar 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf und Hon. Prof. Dr. Kuras als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei C***** A*****, Bauhilfsarbeiter, *****, gegen die beklagte Partei K***** GmbH Co KG, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Gfrerer, Rechtsanwalt in Linz, wegen 8.065,46 EUR sA, über den Delegierungsantrag der beklagten Partei den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Antrag der beklagten Partei, an Stelle des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits und Sozialgericht das Landesgericht Wels als Arbeits und Sozialgericht zur Verhandlung und Entscheidung der Arbeitsrechtssache 38 Cg 147/11x zu bestimmen, wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt von der Beklagten, bei der er in der Zeit vom 12. 4. bis 5. 8. 2011 als Bauhilfsarbeiter beschäftigt gewesen sei, restliche Entgeltansprüche und Aufwandsentschädigungen in der Höhe des Klagebetrags. Die örtliche Zuständigkeit des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits und Sozialgericht stützt der Kläger darauf, dass er in dessen Sprengel während des Arbeitsverhältnisses seinen Wohnsitz gehabt habe.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung. Die ursprünglich erhobene Einrede der örtlichen Unzuständigkeit zog die Beklagte wieder zurück. Dadurch wurde der von der Beklagten zunächst bloß in eventu gestellte Antrag auf Delegierung der Arbeitsrechtssache an das Landesgericht Wels als Arbeits- und Sozialgericht zum Hauptantrag. Diesen Antrag begründet die Beklagte damit, dass auch zwei andere (im Raum Wels wohnhafte) Arbeitnehmer die Beklagte beim Landesgericht Wels geklagt haben. Darüber hinaus seien die beiden von der Beklagten im vorliegenden Verfahren geführten Zeugen im Bereich des Landesgerichts Wels wohnhaft bzw beruflich tätig.

Der Kläger sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus. Diese sei nur für die Beklagte zweckmäßig und schränke das gesetzliche Wahlrecht des Klägers bezüglich der örtlichen Zuständigkeit ein.

Das Erstgericht legte dem Obersten Gerichtshof die Akten zur Entscheidung über den Delegierungsantrag vor und sprach sich aus den von der Beklagten genannten Gründen für die beantragte Delegierung aus.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist nicht gerechtfertigt.

Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Delegierungen aus einem Oberlandesgerichtssprengel in einen anderen sind dem Obersten Gerichtshof vorbehalten (§ 31 Abs 2 JN). Die Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zur Erleichterung des Gerichtszugangs und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreits beitragen kann (vgl RIS Justiz RS0046333; RS0053169 ua). Dabei ist zu beachten, dass die Delegierung der Ausnahmefall ist und nicht durch zu großzügige Handhabung zu einer faktischen Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen darf (RIS Justiz RS0046589 ua). Dies gilt insbesondere dann, wenn der Kläger wie im vorliegenden Fall den auf seine Interessen Bedacht nehmenden Gerichtsstand nach § 4 Abs 1 Z 1 lit a ASGG in Anspruch genommen hat. In diesem Fall ist bei der Beurteilung der Zweckmäßigkeit einer von der Beklagten beantragten Delegierung zur Vermeidung der Aushöhlung dieser Schutzbestimmung ein besonders strenger Maßstab anzulegen (8 Nc 38/11x; RIS Justiz RS0046357 ua).

Gegen den Willen der anderen Partei kann die Delegierung daher nur dann ausgesprochen werden, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zu Gunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS Justiz RS0046589 ua). Davon ist aber hier nicht auszugehen. Der Kläger, der während des Arbeitsverhältnisses seinen Wohnsitz am Ort des Sitzes des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits und Sozialgericht hatte (und nach wie vor hat), spricht sich ausdrücklich gegen die Delegierung aus. Diese liegt nach dem Inhalt der Akten nur im eindeutigen Interesse einer Partei, nämlich der Beklagten. Dass zwei andere Arbeitnehmer der Beklagten (mit Wohnsitz im Raum Wels) die Beklagte beim Landesgericht Wels als Arbeits und Sozialgericht geklagt haben, unterstreicht das verständliche Interesse der Beklagten, die Prozesse möglichst bei einem Gericht zu konzentrieren. Dass die beantragte Delegierung aber deshalb auch im eindeutigen Interesse des Klägers läge, kann daraus nicht abgeleitet werden (RIS Justiz RS0046324 ua). Der Delegierungsantrag ist daher als unbegründet abzuweisen.

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