14Os154/11w – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Jänner 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Linzner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Günther J***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 7. September 2011, GZ 12 Hv 4/11y 237, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
In Stattgebung sowie aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil mit Ausnahme des Ausspruchs über die Abschöpfung der Bereicherung aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen (abweislichen) Ausspruch über die Abschöpfung der Bereicherung enthält, wurde Günther J***** im zweiten Rechtsgang (zum ersten Rechtsgang vgl 14 Os 38/11m) neuerlich des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG (1) und mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG (2) schuldig erkannt.
Danach hat er in Graz und anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift
(1) von Juli 2009 bis 28. September 2010 gewerbsmäßig in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er insgesamt zumindest 212 Gramm Kokain mit einer Reinsubstanz von zumindest 21 Gramm dem gesondert verfolgten Heinrich H***** verkaufte, wobei er schon ein Mal wegen einer solchen Straftat verurteilt worden ist;
(2) erworben und besessen, nämlich von Frühjahr 2008 bis 28. September 2010 unbekannte Mengen Kokain und Cannabiskraut sowie von 21. August bis 28. September 2010 unbekannte Mengen an Mephedron jeweils bis zum Eigenkonsum und am 28. September 2010 eine geringe Menge Cannabiskraut und Mephedron bis zur Sicherstellung.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen den Schuldspruch 1 gerichtete, aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist aus dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund im Recht.
Denn die Mängelrüge (Z 5 fünfter Fall) reklamiert zutreffend, dass das Erstgericht (unter wörtlicher Übernahme von im Grundrechtsbeschwerdeverfahren 14 Os 130/11s als aktenwidrig erkannten Erwägungen des Oberlandesgerichts Graz in der Haftbeschwerdeentscheidung vom 31. August 2011, AZ 10 Bs 338/11y [ON 235 der HV Akten]) die Annahme der Weitergabe einer über die vom Beschwerdeführer zugestandenen Quantitäten (von höchstens 50 Gramm „gestreckten Kokains“ vgl ON 190 S 4 und US 7) hinausgehenden Menge Suchtgift von zumindest 212 Gramm Kokain mit einer Reinsubstanz von zumindest 21 Gramm im Wesentlichen auf die für glaubwürdig angesehene Aussage der Zeugin Orsana T***** stützte, welche so die Ausführungen im angefochtenen Urteil (unter anderem) deponiert hätte, Heinrich H***** habe sein Suchtgift ausschließlich von einer einzigen Person bezogen (US 8). Wie die Beschwerde mit Recht einwendet, gab die Genannte in diesem Zusammenhang lediglich an, dass ihr Suchgiftlieferant Heinrich H***** Bemerkungen über persönliche Lebensumstände seines „Dealers“ abgegeben habe, ohne dessen Identität offenzulegen und dass sie ihn insgesamt vier Mal bei Suchtgiftübergaben an der ihr bekanntgegebenen Wohnadresse des Unbekannten begleitet, dabei aber jeweils auf einem Parkplatz warten habe müssen (ON 138 S 17; ON 163 S 3; ON 211 S 10; ON 228 S 17). Entgegen der Darstellung des Schöffensenats berichtete die Zeugin T***** jedoch nichts über eine exklusive Rolle des Angeklagten als Lieferant des Heinrich H*****, sondern sprach vielmehr sogar von zwei Suchtgiftbezugsquellen (ON 211 S 12; ON 228 S 18 f).
Durch die demnach erforderliche (neuerliche) Kassation des Schuldspruchs 1 bleiben auch jene Annahmen, die einen insoweit nicht erfolgten Schuldspruch nach § 27 Abs 1 SMG allenfalls zu tragen vermögen, nicht bestehen (RIS Justiz RS0115884; Ratz , WK StPO § 289 Rz 18). Mit Blick auf die Bestimmungen der §§ 35 und 37 SMG war gemäß § 289 StPO auch der Schuldspruch 2 aufzuheben (RIS Justiz RS0119278).
Da in Stattgebung und aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur das angefochtene Urteil (mit Ausnahme des Ausspruchs über die Abschöpfung der Bereicherung) schon bei nichtöffentlicher Beratung (§ 285e StPO) zur Gänze zu kassieren war, erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers.
Bleibt anzumerken, dass das bereits im ersten Rechtsgang getroffene Einziehungserkenntnis (ON 212 iVm ON 220) vom Obersten Gerichtshof unbeanstandet (vgl 14 Os 38/11m) in Rechtskraft erwachsen ist und daher im neuen Verfahren keine abermalige Entscheidung über eine vorbeugende Maßnahme nach § 34 SMG zu ergehen hat.