11Os146/11x – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Jänner 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart des Rechtspraktikanten MMag. Krasa als Schriftführer, in der Strafsache gegen Walter Sch***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall, 12 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 23. November 2010, GZ 21 Hv 65/09s 219, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Walter Sch***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall, 12 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er (zusammengefasst wiedergegeben) von Jänner 2005 bis Dezember 2006 in G***** gewerbsmäßig mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz teils als unmittelbarer Täter, teils durch Bestimmung anderer zur Tatausführung 202 Personen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich über ein funktionierendes Refinanzierungsmodell zu verfügen, zur Überlassung von Geldbeträgen verleitet, die diese in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag von „rund“ 1.500.000 Euro am Vermögen schädigten.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Entgegen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) hat das Erstgericht die Vertragsklausel, wonach die jeweils vom Angeklagten repräsentierte Finanzierungsgesellschaft jederzeit berechtigt war, den Vertrag unter Rückzahlung des im Voraus geleisteten Honorars aufzukündigen, ohnedies berücksichtigt (US 43, 62) und dennoch in logisch und empirisch nicht zu beanstandender Weise auf vorsätzliches Handeln des Angeklagten geschlossen.
Aus welchem Grund wegen der im Übrigen formal einwandfreien Urteilsannahmen zum jeweiligen Kausalzusammenhang zwischen der Vornahme von Täuschungshandlungen, der Verursachung eines Irrtums, der Vornahme einer irrtumsbedingten Vermögensverfügung und dem Eintritt eines Vermögensschadens (US 48) die Feststellungen zur subjektiven Tatseite undeutlich geblieben sein sollen, erklärt die weitere Beschwerde (Z 5 erster Fall) nicht.
Mit dem Einwand unterlassener Auseinandersetzung mit der Frage, „inwiefern der Angeklagte Gelder für sich und seinen Lebensunterhalt verwendet haben soll“ und „inwiefern der Lebensunterhalt sogar üppig gewesen sein soll“, spricht der Beschwerdeführer keine für die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung entscheidenden Tatsachen an. Im Hinblick darauf, dass nach § 70 StGB lediglich die Absicht des Täters gefordert wird, sich durch die wiederkehrende Begehung von strafbaren Handlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, ist es auch ohne Belang, welchen Umfang und welche Bedeutung die erstrebten Einnahmen aus der wiederkehrenden Tatbegehung im Rahmen der Lebensführung des Täters haben ( Jerabek in WK 2 § 70 Rz 11).
Die Tatsachenrüge (Z 5a) beschränkt sich darauf, eine nicht entscheidungswesentliche Urteilspassage zur unterbliebenen Bildung von Rücklagen durch den Angeklagten (US 22) zu kritisieren sowie den oben erledigten Einwand der Mängelrüge zur vertraglichen Rücktrittsklausel zu wiederholen, ohne erhebliche Bedenken im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes aufzuzeigen (RIS Justiz RS0099674).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) macht nicht deutlich, aus welchem Grund eine Tatbeurteilung nach §§ 146 ff StGB Feststellungen zum weiteren Schicksal der auf Konten des Angeklagten überwiesenen Geldbeträge erfordert hätte (zur Vollendung eines Betrugs vgl Kienapfel/Schmoller SB BT II § 146 Rz 115). Die weiters vermissten Feststellungen zum Eintritt und zur Höhe des Vermögensschadens finden sich auf US 48.
Mit dem Vorbringen, aus den erstgerichtlichen Konstatierungen ergebe sich gerade nicht, ob der Angeklagte von Anfang an den Vorsatz hatte, die Honorarzahlungen nicht wieder an die Anleger zurück zu zahlen, übergeht der Beschwerdeführer die dazu getroffenen ausführlichen Urteilsannahmen (US 47 f), womit er den Anfechtungsrahmen des in Anspruch genommenen (materiellen) Nichtigkeitsgrundes verlässt.
Der weiteren Rüge zuwider beeinträchtigt allein die Verwendung der verba legalia die Wirksamkeit von Tatsachenfeststellungen nicht, sofern diese den notwendigen Sachverhaltsbezug aufweisen (RIS Justiz RS0119090; Ratz , WK StPO § 281 Rz 8). Diese enthalten aber was die Beschwerde übergeht die Entscheidungsgründe, indem das Erstgericht die Urteilskonstatierungen zum Bereicherungs und Schädigungsvorsatz (im Sinn des § 147 Abs 3 StGB) sowie zur Gewerbsmäßigkeitstendenz in Bezug auf jeweils schwere Betrugshandlungen (§ 148 zweiter Fall StGB) in einen Zusammenhang mit einer Geschäftsidee des Angeklagten ohne realisierbares Konzept und dem damit verbundenen Herauslocken von (großteils 3.000 Euro übersteigenden) Honorarzahlungen stellt (US 47 f).
Der Sache nach aus Z 10 des § 281 Abs 1 StPO erachtet der Beschwerdeführer anstelle beweiswürdigender Erwägungen zusätzliche „Feststellungen“ zu den auf gewerbsmäßige Tatbegehung „hindeutenden Umständen“ für erforderlich, ohne diese Ansicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz zu entwickeln. Der unter Hinweis, dass der Angeklagte die Höhe der einzelnen Honorarzahlungen nicht kannte, erhobene Einwand fehlender Konstatierungen zur Absicht des Angeklagten, sich durch die wiederkehrende Begehung von Betrügereien mit einem 3.000 Euro übersteigenden Schaden eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, übergeht neuerlich die genau in diesem Sinn getroffenen Urteilsannahmen (US 49) und entzieht sich damit sachbezogener Erwiderung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.