Über die zum AZ 8 Ns 21/11z des Oberlandesgerichts Innsbruck erfolgte Anzeige von „Ausgeschlossenheit“ seines Präsidenten „zur Entscheidung über die Anzeige der Ausgeschlossenheit sämtlicher Strafrichter/-innen des Landesgerichts Innsbruck sowie des Präsidenten und der beiden Vizepräsidenten des Landesgerichts Innsbruck“ ergeht der
Beschluss :
Der Präsident des Oberlandesgerichts Innsbruck Dr. P***** ist von der Entscheidung über die Ausschließung des Präsidenten des Landesgerichts Innsbruck (von der Entscheidung über die Ausschließung anderer Richter des Landesgerichts Innsbruck) nicht ausgeschlossen.
Gründe:
Der Präsident des Oberlandesgerichts Innsbruck hat am 12. Dezember 2011 den zum AZ 21 Bl 402/11t geführten Akt des Landesgerichts Innsbruck „mit der Anzeige meiner Ausgeschlossenheit und zur Entscheidung über die Anzeige der Ausgeschlossenheit sämtlicher Strafrichter/ innen des Landesgerichts Innsbruck sowie des Präsidenten und der beiden Vizepräsidenten des Landesgerichts Innsbruck“ ohne Begründung „an den Obersten Gerichtshof“ vorgelegt.
Die Anzeige bezieht sich auf einen weitgehend unleserlichen (s dazu § 78 Abs 6 GOG, aber auch § 58 Abs 2 letzter Satz der Geschäftsordnung für die Gerichte I. und II. Instanz) Antrag des Mag. Herwig B***** auf Fortführung, dieser wiederum auf ein als „Strafanzeige“ bezeichnetes Schreiben des Antragstellers an die Staatsanwaltschaft Innsbruck, in welchem er unter anderem den Präsidenten des Oberlandesgerichts Innsbruck beschimpft, ohne jedoch von einer konkreten, der Aufklärung im Sinn des § 1 Abs 1 StPO zugänglichen Handlung Kenntnis zu geben (§ 80 Abs 1 StPO).
Ein Richter, dem ein Ausschließungsgrund „bekannt wird“, hat diesen sogleich dem in § 44 Abs 2 StPO genannten Richter anzuzeigen. Adressat einer solchen Anzeige des Präsidenten eines Oberlandesgerichts ist der Präsident des Obersten Gerichtshofs. Auch wenn der anzeigende Richter keinen Sachverhalt nennt, der auf seine Subsumtionstauglichkeit (nach § 43 StPO) geprüft werden könnte, ist aufgrund einer „Ausgeschlossenheit“ bekundenden Anzeige eines Richters (hier: in Betreff einer „Entscheidung über Ausschließung“ nach § 45 Abs 1 StPO; vgl dazu Lässig , WK-StPO § 44 Rz 2) stets „in der Sache zu entscheiden“, weil § 45 Abs 2 StPO Zurückweisung nur für Anträge von Personen kennt, denen ein Antrag auf Ausschließung nicht zusteht.
Ein Ausschließungsgrund ist ein Sachverhalt, welcher zumindest einem der Fälle des § 43 StPO subsumiert werden kann (vgl Lässig , WK-StPO § 43 Rz 10 mwN), anzeigepflichtig mithin ein Richter, dem „Tatsachen zugänglich werden, die einen Sachverhalt, der rechtlich als Ausschließungsgrund zu beurteilen wäre, wahrscheinlich erscheinen lassen“ ( Lässig , WK-StPO § 44 Rz 1; vgl auch RIS-Justiz RS0113818, RS0113610).
Der Präsident des Oberlandesgerichts Innsbruck hat nicht mitgeteilt, wahrscheinlich an „einer unparteiischen Entscheidungsfindung durch unsachliche Motive“ gehemmt zu sein (hier: in Betreff der ihm zufallenden Entscheidung über die Frage, ob hinsichtlich des Präsidenten des Landesgerichts Innsbruck tatsächlich ernst zu nehmende Gründe vorliegen, dessen volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Ansehung der diesem zufallenden Entscheidung in Zweifel zu ziehen, ob Richter des Landesgerichts Innsbruck ihrerseits unbefangen [§ 43 Abs 1 Z 3 StPO] darüber befinden können, ob von § 195 Abs 1 StPO konkret bezeichnete Umstände vorliegen, die die Fortführung eines Verfahrens zur Aufklärung eines konkreten Sachverhalts rechtfertigen, der - als erwiesen unterstellt - einer oder mehreren konkreten Bestimmungen des materiellen Rechts zu subsumieren wäre [§ 1 Abs 1 StPO]; vgl Lässig , WK-StPO § 43 Rz 9). Auch der bloße Anschein einer solchen Befangenheit ist nicht zu erkennen. Ausgeschlossenheit nach § 43 Abs 1 Z 3 StPO scheidet demnach aus.
Als Beschuldigte im Sinne der StPO hinwieder bezeichnet § 48 Abs 1 Z 1 StPO nur Personen, „die auf Grund bestimmter Tatsachen konkret verdächtig“ sind, „eine strafbare Handlung begangen zu haben“. Der Anzeiger (§ 44 Abs 2 StPO) ist von der Entscheidung über die Ausschließung eines Richters, der über die Ausschließung von Richtern zu entscheiden hat (§ 45 StPO), welchen aufgrund der Geschäftsverteilung die Entscheidung über einen Antrag auf Fortführung (§ 195 StPO) zufällt, der sich nicht auf solche Tatsachen gegen den Anzeiger (§ 44 Abs 2 StPO) bezieht, demnach auch nicht ausgeschlossen nach Maßgabe des § 43 Abs 1 Z 1 vierter Fall StPO.
Andere Ausschließungsgründe sind nicht ersichtlich.
Der Präsident des Oberlandesgerichts Innsbruck ist von der Entscheidung über die Ausschließung des Präsidenten des Landesgerichts Innsbruck (von der Entscheidung über die Ausschließung anderer Richter des Landesgerichts Innsbruck) daher nicht ausgeschlossen.
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