JudikaturOGH

15Os141/11s – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Dezember 2011

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Dezember 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Dr. Michel Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Potmesil als Schriftführer in der Strafsache gegen Georgios K***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten K***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 9. Februar 2011, GZ 29 Hv 141/10v 42, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch eines weiteren Angeklagten, in Rechtskraft erwachsene Freisprüche dieses Angeklagten und weiterer Angeklagter sowie Zusprüche an Privatbeteiligte enthaltenden Urteil wurde Georgios K***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (A./) und der Vergehen der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 1 StGB (B./) schuldig erkannt.

Danach hat er

A./ in E***** und andernorts mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen, und zwar durch die Vorgabe, ein redlicher Geldanleger zu sein und die zu überweisenden Geldbeträge über die Wüstenrot Bausparkasse anzulegen, teilweise unter Verwendung einer falschen Urkunde, zu Handlungen, nämlich zur Überweisung von Geldbeträgen auf von ihm genannte Konten verleitet, die bei den Geschädigten einen insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Vermögensschaden verursachten, und zwar

1. im November 2008 bei Andrea H***** von 21.000 Euro,

2. im Dezember 2008 bei Martin B***** von 25.000 Euro,

3. am 28. Oktober 2009 bei Tibor V***** von 40.000 Euro, wobei der Angeklagte ein von ihm selbst verfasstes schriftliches Angebot mit dem Titel „Wüstenrot Security Bond“ vorlegte und

4. im November 2009 bei Walter S***** von 48.000 Euro;

B./ in bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Martin B***** als Mittäter zwischen 12. November 2009 und 23. Dezember 2009 in E***** ein Schreiben mit dem Titel „Privatkredit“ sowie eine handschriftliche Bestätigung über eine Teilrückzahlung von 24.000 Euro, sohin falsche Beweismittel, mit dem Vorsatz hergestellt, dass diese in einem gerichtlichen Verfahren oder in einem Verfahren nach der Strafprozessordnung gebraucht werden.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Zu Schuldspruch A./:

Die Nichtigkeitsbeschwerde behauptet eine offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) der Konstatierung zum Vorsatz des Angeklagten hinsichtlich der 50.000 Euro übersteigenden Schadenshöhe, verkennt dabei jedoch, dass der vom Schöffengericht aus dem objektiven Tatgeschehen, nämlich der Überweisung der Geldbeträge durch die Getäuschten auf von ihm genannte Konten, gezogene Schluss auf das innere Vorhaben des Nichtigkeitswerbers ohne weiteres rechtsstaatlich vertretbar ist (RIS Justiz RS0098671; Ratz , WK StPO § 281 Rz 452).

Soweit der Rechtsmittelwerber ausführt, die Feststellungen zur rechtlichen Annahme der Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit wären unbegründet geblieben (Z 5 vierter Fall), lässt er außer Acht, dass die Tatrichter die Annahme, er habe beabsichtigt, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, darauf stützten, dass er die ihm zur Verfügung gestellten Gelder zur Bestreitung der Kosten des täglichen Lebens und für Rückzahlungen offener Beträge aus Veranlagungen an seine „Anleger“ verwenden wollte (US 14).

Aktenwidrigkeit nach Z 5 letzter Fall liegt vor, wenn der Inhalt einer Aussage oder Urkunde in den Entscheidungsgründen in erheblicher Weise unrichtig wiedergegeben wurde (RIS Justiz RS0099431). Indem der Angeklagte ausführt, dafür, er habe einen als „KESt bezeichneten Betrag“ einbehalten wollen, wobei ihm bewusst gewesen sei, dass ihm dieser Betrag nicht zustehe (US 14), gebe es nur ein einziges Verfahrensergebnis, nämlich die Aussage des Zeugen V*****, wird Aktenwidrigkeit nicht einmal behauptet und somit der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nicht prozessförmig dargestellt.

Gegenstand der Tatsachenrüge (Z 5a) sind Feststellungen, angesichts derer gemessen an allgemeinen Erfahrungs und Vernunftsätzen eine Fehlentscheidung bei der Beweiswürdigung qualifiziert naheliegt, wogegen unterhalb dieser (besonderen) Erheblichkeitsschwelle die Beweiswürdigung allein den Tatrichtern vorbehalten bleibt. Der formelle Nichtigkeitsgrund der Z 5a greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt wird dadurch nicht eröffnet (RIS Justiz RS0119583). Mit der Wiederholung des bereits unter dem Aspekt der Aktenwidrigkeit (Z 5 letzter Fall) erstatteten Vorbringens, dem Hinweis, Tibor V***** hätte die Rückzahlung von 40.000 Euro abgelehnt, sowie dem Argument, der Angeklagte hätte keinesfalls mit Schädigungs und Bereicherungsvorsatz gehandelt, weil er sonst wohl auch die über 50.000 Euro hinausgehende Veranlagungsbereitschaft des Walter S***** ausgenützt hätte, gelingt es der Nichtigkeitsbeschwerde nicht, erhebliche Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu Grunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken. Das gilt auch für die Ausführungen des Nichtigkeitswerbers, die im Ergebnis die Anleger zufriedenstellende Abwicklung der Geschäfte mit Ariane B***** im Jahr 2007 und mit Walter S***** im Jahr 2008 stünde der Annahme von Schädigungs und Bereicherungsvorsatz entgegen.

Eine Rechtsrüge (Z 9 lit a) erfordert stets ein Festhalten an den die Grundlage des Schuldspruchs bildenden tatsächlichen Urteilsfeststellungen (RIS Justiz RS0099775). Indem die Nichtigkeitsbeschwerde die erstgerichtlichen Konstatierungen zum Schädigungs und Bereicherungsvorsatz (US 14) übergeht, verfehlt sie die gesetzmäßige Ausführung.

Ebenso wenig entspricht das Vorbringen der Subsumtionsrüge (Z 10), die vom Erstgericht festgestellte Schadenshöhe von 134.000 Euro sei „unrichtig“, der Prozessordnung. Die weitere aus Z 10 erhobene Kritik, in „subjektiver Hinsicht“ liege „überhaupt kein Anhaltspunkt“ für die Annahme der Gewerbsmäßigkeit vor, sieht neuerlich über den von den Tatrichtern festgestellten Sachverhalt (US 14) hinweg.

Zu Schuldspruch B./:

Entgegen der Mängelrüge haben die Tatrichter die Urteilsannahme, dem Nichtigkeitswerber sei bei der Herstellung der Beweismittel bewusst gewesen, dass die von ihm und dem Mitangeklagten B***** hergestellten Beweismittel in einem gerichtlichen Verfahren oder in einem Ermittlungsverfahren Verwendung finden würden, keinesfalls unvollständig (Z 5 zweiter Fall) begründet. Mit dem Vorbringen, aus den Aussagen der Angeklagten B***** und K***** ergebe sich „kein Hinweis darauf, dass diese Urkunde mit dem Vorsatz einer diesbezüglichen Verwendung erstellt worden sei“, bekämpft die Beschwerde lediglich nach Art einer im Kollegialverfahren unzulässigen Schuldberufung die erstrichterliche Beweiswürdigung.

Im Übrigen geht der Einwand schon deshalb ins Leere, weil der Beschwerdeführer verkennt, dass der intendierte vom Erstgericht ohnehin konstatierte (US 12) Beweiszweck als Nachweis für den Mitangeklagten W*****, es habe sich um kein Schwarzgeld gehandelt, den bei der Herstellung der Urkunde gefassten, auf deren Gebrauch in einem gerichtlichen Verfahren oder einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gerichteten Vorsatz der Täter keineswegs ausschließt. Dass das Erstgericht die Urteilsannahmen zur subjektiven Tatseite auf die im Zeitpunkt der Herstellung der Urkunden bereits ausgesprochene oder unmittelbar bevorstehende Entlassung der Mitangeklagten B***** und W***** sowie den Umstand der Anhängigkeit eines Ermittlungsverfahrens gegen den Angeklagten K***** stützte, ist auch unter dem Gesichtspunkt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden.

Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) das Vorbringen der Mängelrüge wiederholt, die Urkunde mit der Überschrift „Privatkredit“ sei als Bestätigung für den Mitangeklagten W*****, „dass es sich um kein Schwarzgeld handelt“ erstellt worden, gelingt es nicht, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrundeliegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) kritisiert die Urteilskonstatierungen zum objektiven Tatbestand als substanzlose Wiedergabe der verba legalia und erblickt darin einen Feststellungsmangel, verkennt dabei jedoch, dass die Anführung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale mit ihrem Wortlaut als Sachverhaltsgrundlage ausreicht, wenn der erforderliche Tatsachenbezug gegeben ist (RIS Justiz RS0119090). Soweit der Beschwerdeführer vermeint, es fehlten ausreichende Konstatierungen zur subjektiven Tatseite, vernachlässigt er die vom Erstgericht hiezu getroffenen Feststellungen (US 14).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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