JudikaturOGH

14Os135/11a – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Dezember 2011

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Dezember 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Steinbichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ramazan B***** wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 (richtig:) Abs 2 und Abs 4 zweiter und dritter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11. Juli 2011, GZ 114 Hv 9/11w 46, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ramazan B***** des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 (richtig:) Abs 2 und Abs 4 zweiter und dritter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er von 26. September 2009 bis 22. Mai 2010 in Wien gewerbsmäßig acht im Urteil näher bezeichnete Fahrräder der dort genannten Geschädigten, die andere durch Diebstahl durch Einbruch, mithin durch eine aus einem anderen Grund als wegen gewerbsmäßiger Begehung mit fünf Jahre erreichender Freiheitsstrafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatten, wobei er die diese Strafdrohung begründeten Umstände kannte, dadurch verhehlt, dass er die Fahrräder von Levent T***** und Christian W***** kaufte.

Die dagegen vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 3, 5 und 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.

Soweit die Verfahrensrüge (Z 3) in der unterbliebenen Aufklärung des Levent T***** und des Christian W***** über das Recht die Aussage nach § 157 Abs 1 Z 1 StPO zu verweigern Nichtigkeit erblickt, übersieht sie, dass das Aussageverweigerungsrecht bei Gefahr der „Selbstbelastung“ von wie hier (siehe ON 37 S 89, ON 38 sowie ON 45 S 13 und 17) rechtskräftig Verurteilten nicht besteht (vgl Kirchbacher , WK StPO § 157 Rz 3; vgl im Übrigen § 159 Abs 3 zweiter Satz StPO; Ratz , WK StPO § 281 Rz 226; Kirchbacher , WK StPO § 159 Rz 24).

Dem Einwand von Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) der Feststellungen in Betreff der „subjektiven Merkmale des Tatbestands“ zuwider ist unzweifelhaft erkennbar, dass die Tatrichter den Vorsatz des Angeklagten und seine Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Hehlerei eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 6), festgestellt haben.

Dass T***** und W***** dem Angeklagten gegenüber zufolge dessen Erkundigung nach der Herkunft der Fahrräder behaupteten, es handle sich um legal angekaufte Ware oder um Flohmarktware eines Verwandten, hat das Erstgericht als erwiesen angenommen (US 5), womit der Einwand von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) infolge unterbliebener expliziter Erörterung der Angaben des Zeugen W*****, wonach sie den Angeklagten zur Herkunft der Fahrräder „ständig belogen“ hätten, scheitert.

Die Kenntnis des Angeklagten von der Erlangung der von ihm verhehlten Fahrräder aus Einbruchsdiebstählen haben die Tatrichter den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechend damit begründet, dass Fahrräder in der Regel versperrt oder in einem abgesperrten Raum gesichert sind (US 6). Indem sich die Rüge (Z 5 vierter Fall) bloß mit gegenteiliger Behauptung gegen diese vom erkennenden Gericht ins Treffen geführte allgemeine Lebenserfahrung wendet, bekämpft sie nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung die Beweiswürdigung.

Der weiteren ebenfalls auf Z 5 vierter Fall gestützten Kritik zuwider hat sich das Erstgericht mit seinen Feststellungen zur subjektiven Tatseite sowie zur gewerbsmäßigen Absicht oder deren Begründung nicht auf die verba legalia beschränkt, sondern einen entsprechenden Sachverhaltsbezug hergestellt (US 6) und diese Konstatierungen nicht allein (obwohl rechtsstaatlich vertretbar; RIS Justiz RS0116882) aus dem gezeigten Verhalten abgeleitet, sondern zudem was die Beschwerde unberücksichtigt lässt (RIS-Justiz RS0119370, RS0116504) auch die Vielzahl der angekauften Fahrräder von Personen, die zufolge Suchtgiftkonsums in schlechter körperlicher Verfassung waren, ins Kalkül gezogen (US 6 f).

Soweit die Rüge die zur Z 5 „erstatteten Ausführungen“ „ihrem inhaltlichen Gehalt auch unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit a“ (StPO) verstanden wissen will, ist sie mangels prozessordnungskonformen Vorbringens einer inhaltlichen Erwiderung nicht zugänglich.

Schließlich orientiert sie sich mit der Behauptung unzureichender Feststellungen zur subjektiven Tatseite (Z 9 lit a) erneut nicht an den tatrichterlichen Konstatierungen und verfehlt solcherart den Bezugspunkt (vgl RIS Justiz RS0099810, RS0117247).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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