7Ob194/11x – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Marina Breitenecker, Dr. Christine Kolbitsch und Dr. Heinrich Vana, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte und widerklagende Partei Ö***** Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, *****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 33.788 EUR sA (Klage 21 Cg 136/10a) und 19.803,85 EUR sA (Widerklage 21 Cg 162/10z), über die außerordentliche Revision der klagenden und widerbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. August 2011, GZ 4 R 87/11k 12, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 29. Dezember 2010, GZ 21 Cg 136/10a (21 Cg 162/10z) 8, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Im Fall der Verbindung mehrerer Rechtssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung ist die Zulässigkeit der Revision gegen die gemeinsame Entscheidung für jedes der verbundenen Verfahren gesondert zu beurteilen. Die Streitwerte der verbundenen Verfahren bleiben voneinander unabhängig. Dies gilt auch im Fall der Verbindung von Klage und Widerklage (RIS Justiz RS0036717; RS0037252; 9 Ob 63/09v). Hier übersteigt zwar der Entscheidungsgegenstand im Verfahren über die Klage den gemäß §§ 502 Abs 3, 508 ZPO für die Rechtsmittelzulässigkeit maßgebenden Wert von 30.000 EUR, nicht aber der Entscheidungsgegenstand im Verfahren über die zu 21 Cg 162/10z erhobene Widerklage (19.803,85 EUR sA).
Soweit die „außerordentliche“ Revision daher das Widerklagsverfahren betrifft, ist § 502 Abs 3 ZPO anzuwenden, wonach die Revision außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO jedenfalls unzulässig ist, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 5.000 EUR, nicht aber insgesamt 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei jedoch nach § 508 Abs 1 und 2 ZPO binnen vier Wochen nach der Zustellung des Berufungsurteils den beim Erstgericht (§ 508 Abs 2 erster Satz ZPO) einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde. Es schadet nicht, dass die Rechtsmittelwerberin in ihrem Rechtsmittel keinen Antrag auf Abänderung des Ausspruchs des Gerichts zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist (RIS Justiz RS0109623).
Das Erstgericht wird somit das Rechtsmittel der Widerbeklagten dem Berufungsgericht vorzulegen haben. Ob der Rechtsmittelschriftsatz soweit er das Verfahren 21 Cg 162/10z betrifft den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten.
Aus diesen Erwägungen sind die Akten bezüglich jenes Teils der Revision, hinsichtlich dessen der Oberste Gerichtshof keine Entscheidungskompetenz hat, weil er sich auf die Stattgebung der Widerklage bezieht, zunächst dem Erstgericht zur gesetzmäßigen Behandlung zurückzustellen. Erst nach einer Entscheidung des Berufungsgerichts über die Frage der Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs betreffend die Widerklage wird das Erstgericht die Akten zur Entscheidung über die außerordentliche Revision, soweit sich diese gegen die Abweisung des Klagebegehrens auf Zahlung von 33.788 EUR sA richtet (und allenfalls - wenn der diesbezügliche Unzulässigkeitsausspruch abgeändert werden sollte - auch hinsichtlich der Widerklage), dem Obersten Gerichtshof wieder vorzulegen haben.