JudikaturOGH

8ObA43/11y – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Oktober 2011

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras und die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner und die fachkundigen Laienrichter Dr. Helwig Aubauer und Robert Hauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Peter R*****, vertreten durch Mag. Dr. Andreas Konradsheim, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch Herbst Vavrovsky Kinsky Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen öffentlicher Ausschreibung und Feststellung (Streitwert 3.592 EUR sA), wegen Nichtigerklärung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 26. April 2011, AZ 8 ObA 1/11x, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsklage gegen das Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 26. April 2011, AZ 8 ObA 1/11x, wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrte im Verfahren 8 ObA 1/11x, den beklagten Salzburger Festspielfonds schuldig zu erkennen, die Position des/der Präsidentin sowie des künstlerischen Leiters für den Zeitraum vom 1. 10. 2010 bis 1. 10. 2011 nach den Bestimmungen des Stellenbesetzungsgesetzes spätestens bis zum 1. 4. 2010 öffentlich auszuschreiben; in eventu festzustellen, dass die Verpflichtung besteht, diese Positionen öffentlich auszuschreiben. Er stützte diese Begehren vor allem auf das Stellenbesetzungsgesetz. Die Klagebegehren wurden aber schon deshalb abgewiesen, weil deren Berechtigung jedenfalls die Unwirksamkeit der bereits erfolgten Bestellungen voraussetze. Diese Unwirksamkeit wurde in der bekämpften Entscheidung des Obersten Gerichtshofs verneint.

Der Kläger begehrt nun mit seiner Nichtigkeitsklage, diese Entscheidung des Obersten Gerichtshofs als nichtig iSd § 529 Abs 1 Z 1 ZPO aufzuheben. An der Entscheidung seien Laienrichter beteiligt gewesen, die kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramts in diesem Rechtsstreit ausgeschlossen bzw befangen gewesen seien. Überdies weise die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Begründungsmängel auf.

Darüber hinaus hat der Kläger im Rahmen des Verfahrens über die Nichtigkeitsklage auch einen Ablehnungsantrag gestellt, über den bereits entschieden wurde (9 Nc 15/11x).

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsklage ist zurückzuweisen.

Gemäß § 538 Abs 1 ZPO hat das zur Entscheidung über die Nichtigkeitsklage berufene Gericht vor Anberaumung einer Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung ua zu prüfen, ob die Klage auf einen der gesetzlichen Anfechtungsgründe gestützt ist. Das Gericht hat von Amts wegen eine Zulässigkeitsprüfung vorzunehmen, bei der es zu einer Schlüssigkeitsprüfung dahin kommt, ob bei Zutreffen der in der Klage aufgestellten Behauptungen der Klage stattzugeben wäre. Bei Verneinung dieser Voraussetzung ist die Klage ohne Verhandlung mit Beschluss zurückzuweisen ( Kodek in Rechberger , ZPO 3 § 538 Rz 1 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Der in der Klage geltend gemachte Anfechtungsgrund des § 529 Abs 1 Z 1 ZPO liegt nur vor,

„wenn ein erkennender Richter von der Ausübung des Richteramts in dem Rechtsstreit kraft des Gesetzes ausgeschlossen war."

§ 20 JN regelt die Ausgeschlossenheit wie folgt:

(1) Richter sind von der Ausübung des Richteramtes in bürgerlichen Rechtssachen ausgeschlossen:

1. in Sachen, in welchen sie selbst Partei sind, oder in Ansehung deren sie zu einer der Parteien in dem Verhältnisse eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen stehen;

2. in Sachen ihrer Ehegatten, ihrer eingetragenen Partner oder solcher Personen, welche mit ihnen in gerader Linie verwandt oder verschwägert sind, oder mit welchen sie in der Seitenlinie bis zum vierten Grade verwandt oder im zweiten Grade verschwägert sind sowie in Sachen ihrer Lebensgefährten oder solcher Personen, die mit diesen in gerader Linie oder in der Seitenlinie bis zum zweiten Grad verwandt sind;

3. in Sachen ihrer Wahl- oder Pflegeeltern, Wahl- oder Pflegekinder und Pflegebefohlenen;

4. in Sachen, in welchen sie als Bevollmächtigte einer der Parteien bestellt waren oder noch bestellt sind;

5. in Sachen, in welchen sie bei einem untergeordneten Gerichte an der Erlassung des angefochtenen Urteiles oder Beschlusses teilgenommen haben.

(2) Der Richter ist in den unter Abs. 1 Z 2 und 3 angegebenen Fällen mit Rücksicht auf die dort bezeichneten Personen auch dann ausgeschlossen, wenn das Naheverhältnis zu diesen Personen nicht mehr besteht.

Hier macht der Kläger geltend, dass die Laienrichter Mitglieder des Vorstands der Pensionsversicherungsanstalt seien. Diese und auch die Laienrichter seien in dieser Funktion von der gleichen Rechtsfrage betroffen, die im Hauptverfahren zu entscheiden gewesen sei, nämlich von der Frage des Unternehmungsbegriffs des Stellenbesetzungsgesetzes. Daher seien die Laienrichter, weil sich die Pensionsversicherungsanstalt in einer ähnlichen Position befinde wie die beklagte Partei, in ihrer Entscheidungsfindung psychologisch gehemmt gewesen. Bei einem der Laienrichter komme noch dazu, dass er Dienstnehmer der WKÖ sei und es sich bei der von der Klage betroffenen Präsidentin des Salzburger Festspielfonds um eine frühere Präsidentin der Salzburger WK (1994) handle. Zudem finanziere die WKÖ den Salzburger Festspielfonds mit bzw sei sie Mitglied der Fondskommission. Insoweit sei er auch Bevollmächtigter iSd § 20 Z 4 JN. Schließlich stellt der Kläger noch Vermutungen über eine allfällige Mitgliedschaft der Laienrichter bei der Delegiertenversammlung des Salzburger Festspielfonds an.

Von den dargestellten Ausschließungsgründen des § 20 JN kommt ausgehend von diesem konkreten Vorbringen nur jener des § 20 Abs 1 Z 4 JN („Bevollmächtigung“) in Betracht. Im Übrigen könnten die vorgebrachten Umstände nur - wenngleich auch dafür kein Anhaltspunkt vorliegt - „Befangenheitsgründe“ verwirklichen. Auch der Ausschließungsgrund des § 20 Abs 1 Z 4 JN ist aber klar zu verneinen, setzt er doch voraus, dass der betroffene Richter in der Sache selbst als Bevollmächtigter einer der Parteien bestellt war oder noch bestellt ist. Der Kläger hat aber weder eine Vollmacht kraft Gesetzes, noch eine konkrete rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung der Laienrichter durch den Salzburger Festspielfonds für diese Rechtssache dargestellt. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Rechtsprechung selbst bei fachkundigen Laienrichtern, die Arbeitnehmer von mit dem betreffenden Rechtsstreit beratend befassten Arbeitnehmer oder Arbeitgeberorganisationen sind, den Ausschließungsgrund des § 20 Abs 1 Z 4 JN verneint, wenn der betroffene Laienrichter als Arbeitnehmer dieser Organisation zu dem konkreten Streitfall in keiner „näheren Beziehung“ steht ( Mayr in Rechberger ³ § 20 JN Rz 5; RIS Justiz RS0045952; RS0045965). Selbst wenn (Laien )Richter in einer anderen Rechtssache Bevollmächtigte einer Partei waren, mag dies zwar einen Befangenheitsgrund bilden, verwirklicht aber nicht den vom Kläger angesprochenen Ausschließungsgrund des § 20 Z 4 JN ( Mayr in Rechberger 3 § 20 JN Rz 5).

Insgesamt vermag daher der Kläger einen Ausschließungsgrund iSd § 20 JN nicht darzustellen; vielmehr behauptet er inhaltlich wenn überhaupt - nur Ablehnungsgründe. Da § 529 Abs 1 Z 1 ZPO enger gefasst ist als § 477 Abs 1 Z 1 ZPO, könnte selbst eine Entscheidung durch einen erfolgreich rechtskräftig abgelehnten Richter nicht mehr mit Nichtigkeitsklage bekämpft werden (RIS Justiz RS0041972; RS0041974; RS0042070; zuletzt etwa 8 ObS 19/03g; Kodek in Rechberger 3 § 529 Rz 3). Um so weniger kann daher die Nichtigkeitsklage auf die bloße Behauptung einer (noch nicht rechtskräftig festgestellten) Befangenheit eines an der Entscheidung beteiligten Richters gestützt werden (9 ObA 137/05w).

Zu den behaupteten Begründungsmängeln ist auf den klaren Wortlaut des § 529 ZPO zu verweisen, der eine darauf gestützte Nichtigkeitsklage nicht vorsieht. Eine inhaltliche Überprüfung von Entscheidungen des Obersten Gerichtshof kommt - wie bereits zum Ablehnungsverfahren ausgesprochen wurde (RIS Justiz RS0111658) - auch im Wege einer Nichtigkeitsklage nicht in Betracht.

Da somit auch bei Zutreffen sämtlicher in der Nichtigkeitsklage aufgestellter Behauptungen der Klage nicht stattzugeben wäre, ist sie im Sinne der eingangs dargestellten Rechtslage bereits im Vorprüfungsverfahren zurückzuweisen.

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