11Os117/11g – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 6. Oktober 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Sommer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Enes P***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB sowie einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten P***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 20. Juni 2011, GZ 111 Hv 33/11b 27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten P***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch sowie rechtskräftige Freisprüche zweier Mitangeklagter enthält, wurde Enes P***** der Verbrechen der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB (I.) und der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB (II.) schuldig erkannt.
Danach hat er in Wien
I. am 25. Jänner 2011 ein Gut, das ihm anvertraut worden war, nämlich vom Konto der I***** GmbH behobenes, ihm von Josef S*****, dem Geschäftsführer der I***** GmbH im Zusammenhang mit der Baustelle *****, übergebenes Bargeld in Höhe von 58.500 Euro, sich oder einem Dritten mit dem Vorsatz zugeeignet, sich oder einen Dritten dadurch unrechtmäßig zu bereichern;
II. am 20. Juni 2011 im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung in der Hauptverhandlung vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien Ing. Fritz U***** durch die wahrheitswidrige sinngemäße Behauptung, dieser hätte sich einen Betrag von 50.000 Euro der E***** GmbH unrechtmäßig zueignen wollen, der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, weil er ihn damit einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit einer ein Jahr übersteigenden Strafe bedrohten Handlung falsch verdächtigte, wobei er wusste, dass die Verdächtigung falsch war.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Diese verfehlt ihr Ziel.
Die Feststellung, der Angeklagte hätte das ihm anvertraute Geld an sich genommen, um sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, blieb - der Mängelrüge zuwider - nicht unbegründet (Z 5 vierter Fall), sondern wurde logisch und empirisch einwandfrei auf die Angaben der Mitangeklagten im Zusammenhalt mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer nach der Behebung bis zu seiner Festnahme „untertauchte und für niemanden erreichbar war“, gestützt.
Die weiteren Ausführungen der Mängelrüge, die im Wesentlichen die Verantwortung des Angeklagten wiederholen, die Angaben des Mitangeklagten S***** als nicht nachvollziehbar bewerten und sich in Spekulationen darüber ergehen, was mit verschiedenen Geldbeträgen und Rechnungen passiert sein könnte, bekämpfen bloß die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Berufung wegen Schuld. Einen formellen Begründungsmangel im Sinne des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes vermögen sie damit nicht aufzuzeigen.
Mit dem Hinweis darauf, dass es nicht nachvollziehbar wäre, dass „im Geschäftsleben jemand hohe Beträge ohne Ausstellung irgendeiner Bestätigung übergibt“, der Behauptung, der Beschwerdeführer habe den Mitangeklagten S***** lediglich zur Sicherheit begleitet, ein eindeutiger Beweis für die Übergabe des Geldes läge keinesfalls vor, vermag es die Tatsachenrüge (Z 5a) ohne Herstellung des notwendigen Aktenbezugs (RIS Justiz RS0119424) nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde liegenden Tatsachen zu erwecken. Gleiches gilt für das Argument, eine wissentlich unrichtige Belastung des Ing. U***** liege nicht vor, weil dieser trotz Kenntnis des Baufortschritts die Rechnung „quasi als Entwurf vorschrieb und auch die Zustimmung zur Überweisung gab“.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a, teils auch im Rahmen der Mängelrüge ausgeführt) bestreitet das Vorliegen einer Bereicherung sowie eines darauf gerichteten Vorsatzes, übergeht dabei aber die entgegenstehenden erstgerichtlichen Konstatierungen (US 7). Solcherart verfehlt sie den Bezugspunkt prozessordnungsgemäßer Geltendmachung materiellrechtlicher Nichtigkeit. Gleiches gilt für das zu Schuldspruch II. erstattete Vorbringen, die Gefahr einer behördlichen Verfolgung habe niemals bestanden (vgl aber US 7 iVm US 11).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.