10Ob58/11v – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch und Dr. Schramm sowie die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Dr. J*****, infolge „außerordentlicher Revision“ des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 11. Mai 2011, GZ 7 R 50/11z 7, womit der Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Tulln vom 22. März 2011, GZ 2 Nc 9/11y 3, zurückgewiesen wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Akt wird dem Erstgericht zur geschäftsordnungsgemäßen Behandlung des Wiedereinsetzungsantrags zurückgestellt.
Text
Begründung:
Am 15. 2. 2011 langte beim Erstgericht ein Schreiben des Antragstellers samt einem Vermögensbekenntnis zur Erlangung der Verfahrenshilfe ein. Als „Betreff“ ist in diesem Schreiben die Geschäftszahl 11 Nc 162/10p des Bezirksgerichts Tulln genannt sowie die Namen „G***** und S***** N*****“.
Das Erstgericht trug dem Antragsteller mit Beschluss vom 24. 2. 2011 auf, den Antrag binnen zwei Wochen zu verbessern. Dieser Beschluss wurde dem Antragsteller laut Aktenlage durch Hinterlegung am 1. 3. 2011 zugestellt.
Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, dass eine Verbesserung nicht erfolgt sei.
Das Rekursgericht wies den gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs des Antragstellers zurück. Rechtlich ging es davon aus, dass sich aus dem vorgelegten Vermögensverzeichnis lediglich ein Streitwert von 915,99 EUR ergäbe, weshalb der Rekurs gemäß § 517 ZPO unzulässig sei. Es sprach aus, dass der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 Z 4 ZPO jedenfalls unzulässig sei.
Innerhalb der Rekursfrist langte beim Erstgericht ein an dieses adressiertes, selbst verfasstes Schreiben des Antragstellers mit der Überschrift „außerordentliche Revision“ ein. Der Antragsteller weist darin auf seine insbesondere zu Jahresbeginn schwere Erkrankung hin, die dazu geführt habe, dass Post liegen geblieben und Fristen versäumt worden seien; es seien ihm Fehler unterlaufen. Derzeit gehe es ihm wieder „relativ gut“. Er beantrage deshalb „die Wiedereinsetzung des Verfahrens in den vorigen Stand“ bzw bitte er, das Verfahren zum Erstgericht zurück zu geben. Den am 1. 3. 2011 hinterlegten Beschluss des Erstgerichts vom 24. 2. 2011 habe er nie erhalten.
Rechtliche Beurteilung
Die Eingabe des Klägers ist dem Erstgericht zur geschäftsordnungsgemäßen Behandlung zurückzustellen:
1. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Wirksamkeit von Parteihandlungen in beschränktem Umfang von Bedingungen abhängig gemacht werden darf, wenn die Bedingung an in einem bereits eingeleiteten Verfahrensabschnitt eintretende Tatsachen oder Vorgänge geknüpft ist (RIS-Justiz RS0006429; RS0037502). So ist etwa die Erhebung der Berufung für den Fall der Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags keine unzulässige, weil bedingte Prozesshandlung (RIS-Justiz RS0043274).
2. Es steht jeder Partei frei, dem Gericht eine Reihenfolge der Erledigung ihrer Sach- oder Rechtsmittelanträge durch die Bezeichnung als Haupt- und Eventualanträge vorzugeben. Nimmt eine Partei keine ausdrückliche Reihung ihrer Anträge vor, so ist nach der Rechtsprechung grundsätzlich zunächst über das den weitergehenden Schutz gewährende Rechtsmittel zu entscheiden (RIS-Justiz RS0043274 [T3]).
3. Im vorliegenden Fall nimmt der Antragsteller in seinem Schreiben zwar keine ausdrückliche Reihung vor, bringt aber erkennbar zum Ausdruck, dass er vorerst die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Verbesserungsfrist anstrebt. Sein Antrag, „bzw das Verfahren zum Erstgericht zurückzugeben“ ist in Verbindung mit der Überschrift „außerordentliche Revision“ im Verhältnis zum Wiedereinsetzungsantrag wohl als Eventualantrag in dem Sinn zu verstehen, dass der Antragsteller eine (aufhebende) Rechtsmittelentscheidung durch den Obersten Gerichtshof nur für den Fall anstrebt, dass sein Wiedereinsetzungsantrag (rechtskräftig) abgewiesen werden sollte (RIS-Justiz RS0006429).
Der Akt ist demnach dem Erstgericht zurückzustellen, das über den Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden haben wird.
Erst wenn darüber eine rechtskräftige abschlägige Entscheidung vorliegen sollte, könnte der Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den als „außerordentliche Revision“ bezeichneten Revisionsrekurs vorgelegt werden.