JudikaturOGH

9ObA40/11i – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Juli 2011

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf und Hon. Prof. Dr. Kuras als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A***** W*****, vertreten durch Gerlach Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Arbeiterbetriebsrat der A***** W*****, vertreten durch Dr. Josef Milchrahm, Dr. Anton Ehm, Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung der Nichtigkeit einer Betriebsratswahl, in eventu Anfechtung einer Betriebsratswahl, im Verfahren über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Jänner 2011, GZ 10 Ra 146/10d 14, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits und Sozialgerichts Wien vom 9. Juli 2010, GZ 20 Cga 30/10t 10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zur Einvernahme des Klagevertreters sowie der Zeugin M***** zu den geltend gemachten Wiedereinsetzungsgründen zurückgestellt.

Im Anschluss daran sind die Akten dem Obersten Gerichtshof wieder vorzulegen.

Text

Begründung:

Der Oberste Gerichtshof stellte der Klägerin die Beantwortung der vom Beklagten erhobenen außerordentlichen Revision frei. Der Beschluss über die Freistellung wurde dem Klagevertreter am 28. 4. 2011 zugestellt. Die am 16. 6. 2011 eingebrachte Revisionsbeantwortung ist daher verspätet.

Mit ihrem Wiedereinsetzungsantrag beantragt die Klägerin, ihr die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Revisionsbeantwortung zu bewilligen. Die Kanzlei des Klagevertreters sei am 28. 4. 2011 übersiedelt. Dadurch habe es aus im Einzelnen dargestellten Umständen dazu kommen können, dass die langjährig verlässliche zuständige Sekretariatsmitarbeiterin die Vorlage des Freistellungsbeschlusses an den Klagevertreter unterlassen habe. Zur Bescheinigung für das Vorliegen der Wiedereinsetzungründe bietet der Kläger unter anderem die Einvernahme des Klagevertreters, aber auch der Sekretariatsmitarbeiterin an.

Rechtliche Beurteilung

Die geltend gemachten Wiedereinsetzungsgründe sind zu erheben.

Gemäß § 148 Abs 1 ZPO ist der Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung bei dem Gericht anzubringen, bei dem die versäumte Prozesshandlung vorzunehmen war. Über den vorliegenden Antrag hat daher der Oberste Gerichtshof zu entscheiden, bei dem die Revisionsbeantwortung gemäß § 507a Abs 3 Z 2 ZPO einzubringen war.

Gemäß § 11a Abs 3 Z 1 ASGG ist über den Wiedereinsetzungsantrag durch einen Dreiersenat zu entscheiden.

Gemäß § 146 Abs 1 letzter Satz ZPO hindert der Umstand, dass einer Partei ein Verschulden an der Versäumung einer Frist zur Last liegt, die Bewilligung der Wiedereinsetzung dann nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Ein bloß minderer Grad des Versehens liegt nicht mehr vor, wenn die Partei die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihr zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (RIS-Justiz RS0036811 uva).

Der Wiedereinsetzungswerber hat nicht nur für sein eigenes Verschulden, sondern auch für das seines Rechtsvertreters einzustehen. Der mit den Verhältnissen bei Gericht vertraute Rechtsvertreter unterliegt einem erhöhten Sorgfaltsmaßstab. Irrtümer und Fehler der Kanzleiangestellten des Vertreters sind diesem (und deren Verschulden wiederum den Parteien) zuzurechnen (RIS-Justiz RS0036813).

Ein Verschulden eines Kanzleiangestellten steht der Bewilligung der Wiedereinsetzung aber dann nicht entgegen, wenn es sich um ein einmaliges Versehen handelt, das angesichts der bisherigen Verlässlichkeit und Bewährung der Kanzleikraft nicht zu erwarten war und dem Rechtsvertreter nicht die Verletzung der von ihm zu erwartenden Sorgfalts , Organisations- und Kontrollpflichten vorgeworfen werden muss (RIS-Justiz RS0036813 [T5]).

Aufgrund des Vorbringens im Wiedereinsetzungsantrag sind daher die Einvernahmen erforderlich. Im Anschluss daran ist der Akt vom Erstgericht im direkten Weg wieder dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorzulegen.

Rückverweise