11Os63/11s – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Juli 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Einwagner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ronald G***** und eine andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Ronald G***** und Helga D***** gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 22. Oktober 2010, GZ 12 Hv 29/10h 33, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Den Angeklagten G***** und D***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Ronald G***** und Helga D***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach haben Ronald G***** und Helga D***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Betrügereien (US 15) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen, nämlich ihre Zahlungswilligkeit und fähigkeit und (zu A/1) eine Genossenschaftswohnung möbliert zu überlassen, zu Leistungen verleitet, die diese am Vermögen in einem jeweils 3.000 Euro übersteigenden Betrag schädigten, und zwar
A/ Roland G***** (alleine)
1. Anja und Sabine H***** im Mai 2008 zur Bezahlung einer Ablöse,
2. Robert S***** in G***** im Juli 2008 zur Lieferung und Montage einer Heizungsanlage (Schaden 20.024,54 Euro);
B/ Ronald G***** und Helga D***** in G***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB)
1. im Frühjahr 2008 Maria Su***** zum Einkauf und zur Bereitstellung von Baumaterial;
2. im Frühjahr 2008 Helmut Su***** zur Erbringung von Arbeitsleistungen;
3. im Sommer 2008 Wolfgang T***** zur Erbringung von Arbeitsleistungen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen gerichteten, gemeinsam ausgeführten, und ausschließlich auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten gehen fehl.
Entgegen den Verfahrensrügen (Z 4) wurden durch die Abweisung der Beweisanträge Verteidigungsrechte nicht verletzt.
Zunächst ist das zur Antragsfundierung in der Rechtsmittelschrift nachgetragene Vorbringen angesichts der auf Nachprüfung der erstgerichtlichen Vorgangsweise angelegten Konzeption des Nichtigkeitsverfahrens und des damit hier geltenden Neuerungsverbots unbeachtlich (RIS Justiz RS0099618; Ratz WK-StPO § 281 Rz 325).
Soweit auch Helga D***** den ausschließlich Ronald G***** betreffenden Schuldspruch A/ bekämpft, fehlt ihr die Beschwerdelegitimation (§ 282 Abs 1 StPO).
Demgegenüber unterlässt es Ronald G***** zum Schuldspruch A/1. jene Tatumstände zu bezeichnen, die den Nichtigkeitsgrund bilden sollen (§ 285a Z 2 StPO) und entzieht sich seine Nichtigkeitsbeschwerde damit einer inhaltlichen Erwiderung.
Ausgehend von der Annahme einer vom Betrugsvorsatz umfassten Auftragssumme von zumindest 6.000 Euro bis 8.000 Euro (US 31) ist es für den Schuldspruch B/3. unerheblich, ob an „T*****“ die von Helga D***** behaupteten 2.000 Euro übergeben wurden (ON 31 S 8).
Die Anträge auf Vernehmung der Zeugen Kurt T*****, Walter K***** und Walter Z***** zum Beweis dafür, dass die Arbeiten nicht vollständig und auch mangelhaft erbracht worden seien, verfielen nicht nur mangels Bedeutung für Schuld oder Subsumtion, sondern auch deshalb zu Recht der Ablehnung, weil sie nicht erkennen ließen, weshalb die begehrte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse (RIS-Justiz RS0118444; Ratz , WK StPO § 281 Rz 320 f, 327 f und 330), zumal die Beschwerdeführer im Rechtsmittel selbst zugestehen, es sei „nicht auszuschließen, dass auch die beantragten Zeugen wesentliche Aussagen zu Zahlungen und zum Umfang der erbrachten Leistungen und ebenso zu etwaigen Mangelhaftigkeiten dieser Arbeiten hätten tätigen können“ (ON 34 S 8), womit sie ausdrücklich einen nicht zulässigen Erkundungsbeweis bezeichnen.
Gleiches gilt für die auf Durchführung eines Lokalaugenscheins und auf Einholung eines Sachverständigengutachtens abzielenden Anträge, um den Fertigungsgrad und bestehende Mängel der Arbeiten des Wolfgang T*****, Helmut Su***** und Robert S***** festzustellen und dadurch zu erweisen, dass sie den Leistungsumfang nicht erreicht hätten und die Rechnungen daher auch nicht fällig seien.
Der von den Angeklagten geforderten Abklärung der Qualität der nach den Urteilsannahmen jedenfalls mit Schädigungsvorsatz herausgelockten Leistungen (US 14 f) bedarf es deshalb nicht, weil die gegen vorsätzliches Handeln gerichteten Strafdrohungen nicht nur für vollendete, sondern auch für versuchte Taten gelten (§ 15 Abs 1 StGB) und die Unterscheidung von Versuch und Vollendung nach der Rechtsprechung keine entscheidende Tatsache betrifft (12 Os 119/06a verst Senat; EvBl 2007/130, 700 = JBl 2008, 401; Ratz , WK StPO § 281 Rz 645).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die (auch wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche ergriffenen) Berufungen der Angeklagten folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.