14Os49/11d – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Mai 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vetter als Schriftführerin in der Strafsache gegen Bathir J***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und Z 2, 130 dritter und vierter Fall, 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 22. März 2011, GZ 39 Hv 40/10v-60, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Bathir J***** im zweiten Rechtsgang (zum ersten Rechtsgang siehe 14 Os 155/10s) unter Einbeziehung der in Rechtskraft erwachsenen Schuldsprüche (wegen Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und Z 2, 15 StGB; I/A/1, 3, 4/a und B) aus dem ersten Rechtsgang in die Subsumtionseinheit nach §§ 128 Abs 2, 130 dritter und vierter Fall StGB (RIS-Justiz RS0116734, Ratz , WK-StPO § 289 Rz 10) erneut des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und Z 2, 130 dritter und vierter Fall, 15 StGB (I) schuldig erkannt.
Danach hat er im einverständlichen Zusammenwirken mit unbekannt gebliebenen Mittätern
(I) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, anderen Wertgegenstände und Bargeld in teilweise jeweils 3.000 Euro übersteigendem Wert von insgesamt rund 50.535 Euro durch Einbruch in Gebäude und sonstige abgeschlossene Räume, durch Aufbrechen von Behältnissen und Öffnen von Behältnissen mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel weggenommen (und zu I/B wegzunehmen versucht), und zwar (abgesehen von den schon im ersten Rechtsgang zu I/A/1, 3, 4/a und B abgeurteilten Taten)
A/4/ in M*****
b) zwischen 30. und 31. Juli 2009 Gewahrsamsträgern der A***** (aa) und des Ö***** (bb) Bargeld, Briefmarken und diverses Büromaterial im Gesamtwert von etwa 780 Euro.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus dem Grunde der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Entgegen dem Einwand der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) ist die im Rahmen besonders sorgfältiger Beweiswürdigung erfolgte Ableitung der Täterschaft des Beschwerdeführers aus einer vernetzten Betrachtung der für glaubwürdig erachteten Aussagen der Zeugen W*****, K***** und P*****, dem von letzterer geschilderten auffälligen Verhalten des Angeklagten anlässlich der Auskundschaftung des Tatorts, dem engen zeitlichen Zusammentreffen zwischen dieser Begegnung und dem zwei Tage später begangenen (US 8 oben) Einbruchsdiebstahl sowie dem modus operandi bei früherer ähnlicher Delinquenz im Verein mit seiner als gänzlich unglaubwürdig und widersprüchlich eingestuften leugnenden Verantwortung (US 7 ff) unter dem Gesichtspunkt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden.
Indem die Mängelrüge einzelne Elemente dieser Argumentationskette isoliert herausgreift, daran eigene Beweiswert- und Plausibilitätserwägungen knüpft und sie solcherart als dem Begründungsgebot des § 270 Abs 2 Z 5 StPO nicht genügend darzustellen trachtet, unterlässt sie die gebotene Gesamtbetrachtung der Entscheidungsgründe, verfehlt damit den gesetzlichen Bezugspunkt (RIS-Justiz RS0116504 [T3]) und bekämpft auf diese Weise bloß (unzulässig) die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.
Soweit sich das weitere Vorbringen, mit dem offenbar unzureichende Begründung eines die Wertgrenze des § 128 Abs 2 StGB übersteigenden Schadens zufolge angeblich tatsächlich nicht erfolgter Verlesung der - zudem nicht konkret bezeichneten ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 462; für viele: 13 Os 97/09b) - diesbezüglichen Verfahrensergebnisse behauptet wird (erneut Z 5 vierter Fall), auch auf die Schuldsprüche aus dem ersten Rechtsgang (oben I/A/1, 3, 4/a) bezieht, genügt der Hinweis, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf die mit der erwähnten bestätigenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 28. Dezember 2010, AZ 14 Os 155/10s, eingetretene Rechtskraft nicht zur Anfechtung legitimiert ist.
Die Feststellungen zum Wert der hier verfahrensgegenständlichen Diebsbeute aber haben die Tatrichter mängelfrei auf die Aussagen der Zeugen Kurt K***** und Rudolf W***** gestützt, die in der im zweiten Rechtsgang durchgeführten Hauptverhandlung vernommen wurden (ON 58 S 4 ff und 8 ff) und über entsprechenden Vorhalt ihre solcherart vorgekommenen ( Kirchbacher , WK-StPO § 246 Rz 204) früheren diesbezüglichen Angaben (ON 41aa S 15 und 19) bestätigten.
Dem weiteren Beschwerdeeinwand (der Sache nach Z 5 erster Fall) zuwider wurde der den Ö***** betreffende Schaden (I/A/4/b/bb) konkret mit 480 Euro festgestellt (US 6). Mit Blick auf die Bewertung der Diebsbeute zu den bereits rechtskräftigen Schuldsprüchen (ca 49.755,69 Euro; ON 46) betrifft damit die Forderung nach exakter Bezifferung auch des - im Urteil mit „etwa“ 300 Euro angenommenen (US 6; vgl dazu im Übrigen die Schadensaufstellung ON 23 S 25 f [19, 67 Euro und 297,10 Euro] sowie die Aussage des Zeugen Rudolf W*****, ON 41aa S 19 [etwa 350 Euro]) Werts der Gewahrsamsträgern der A***** gestohlenen Gegenstände (Schuldspruch I/A/4/b/aa) keine entscheidende Tatsache, weil die Wertgrenze der Qualifikation des § 128 Abs 2 StGB unabhängig davon jedenfalls bereits überschritten wurde.
Die Behauptung fehlender Begründung der Urteilsannahme zu einem auf das Überschreiten der Wertgrenze des § 128 Abs 2 StGB gerichteten Vorsatz (Z 5 vierter Fall) ignoriert prozessordnungswidrig die diesbezüglichen Erwägungen der Tatrichter, die die entsprechenden Feststellungen (US 7) - logisch und empirisch einwandfrei aus dem objektiven Täterverhalten, insbesonders der Auswahl der Objekte und der Art der Tatbegehung ableiteten (US 12; vgl dazu auch Ratz , WK-StPO § 281 Rz 452; RIS-Justiz RS0116882).
Der Einwand, entsprechende Feststellungen seien im ersten Rechtsgang nicht getroffen worden und könnten daher im zweiten Rechtsgang nicht nachgeholt werden, in welchem „lediglich der Einbruchsdiebstahl in M***** vom 30. Juli 2009 bis 31. Juli 2009 hinsichtlich der subjektiven Tatseite zu überprüfen war“, ist schon mit Blick auf die mit dem oben angesprochenen Urteil des Obersten Gerichtshofs erfolgte Aufhebung der zu I gebildeten Subsumtionseinheit nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und Z 2, 130 dritter und vierter Fall, 15 StGB nicht nachvollziehbar.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.