Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** AG, *****, vertreten durch Fiebinger Polak Leon Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei K***** GmbH, *****, vertreten durch SchneideR'S Rechtsanwalts KG in Wien, wegen 223.082,36 EUR sA und Feststellung (Streitwert 35.000 EUR), über die Revisionen der klagenden Partei gegen die Urteile des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 21. April 2010 und vom 2. Dezember 2010, GZ 3 R 49/10s 10 und 15, mit denen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 26. Jänner 2010, GZ 26 Cg 197/09f 6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art 89 Abs 2 und 3 B VG an den Verfassungsgerichtshof die Anträge,
1. auszusprechen, dass § 25 Abs 1 Z 3 und § 25 Abs 4 des Bundesgesetzes, mit dem die Organisation auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft neu geregelt wird (Elektrizitätswirtschafts und organisationsgesetz ElWOG), BGBl I 143/1998, in der Fassung BGBl I 121/2000, verfassungswidrig waren;
2. die folgenden Teile von Bestimmungen der Systemnutzungstarife Verordnung 2006 (SNT VO 2006), verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr 240 vom 10. Dezember 2005, in der Fassung der SNT VO 2006 Novelle 2009, verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr 252 vom 24. Dezember 2008, als gesetzwidrig aufzuheben:
in § 6 Abs 1 Satz 1 die Worte „und Einspeisern“;
§ 6 Abs 1 Satz 2;
in § 11 Abs 3 Satz 1 die Worte „und Einspeisern“;
in § 20 Satz 1 die Worte „und Einspeisern“;
3. die folgenden Teile von Bestimmungen der Systemnutzungstarife Verordnung 2010 (SNT VO 2010), verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr 249 vom 24. Dezember 2009, als gesetzwidrig aufzuheben:
in § 6 Abs 1 Satz 1 die Worte „und Einspeisern“;
§ 6 Abs 1 Satz 3;
in § 11 Abs 3 Satz 1 die Worte „und Einspeisern“;
in § 20 Satz 1 die Worte „und Einspeisern“.
Mit der Fortführung des Verfahrens wird gemäß § 62 Abs 3 und § 57 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs innegehalten.
Begründung:
Die Klägerin betreibt ein Elektrizitätsunternehmen mit zahlreichen Wasserkraftwerken in Österreich; sie ist damit ein „Erzeuger“ iSd § 7 Z 11 Elektrizitätswirtschafts und Organisationsgesetzes (ElWOG) 1998. Die Beklagte betreibt in Kärnten ein Elektrizitäts Verteilernetz; sie ist als „Verteilernetzbetreiber“ iSd § 7 Z 43a ElWOG 1998 verantwortlich für den Betrieb, die Wartung sowie erforderlichenfalls den Aufbau des Verteilernetzes in einem bestimmten Gebiet und gegebenenfalls der Verbindungsleitungen zu anderen Netzen sowie für die Sicherstellung der langfristigen Fähigkeiten des Netzes, eine angemessene Nachfrage nach Verteilung von Elektrizität zu befriedigen. Aufgrund der Novelle 2009 zur Systemnutzungstarife Verordnung (SNT VO) 2006 stellte die Beklagte der Klägerin unter anderem auch Netzverlustentgelt gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ElWOG 1998 in Rechnung. Die Klägerin leistete Zahlungen betreffend das Netzverlustentgelt für die Netzebenen 3 und 5 für die Monate Jänner 2009 bis April 2009 in Höhe des Klagebetrags.
Sie begehrt nun die Rückerstattung dieser Beträge samt Zinsen sowie die Feststellung, die Beklagte habe ihr gegenüber keinen Rechtsanspruch darauf, für die Einspeisung von Elektrizität aus den Wasserkraftwerken der Klägerin, die an das Netz der Beklagten angeschlossen sind, ein Netzverlustentgelt zu fordern. Zur Begründung ihres Begehrens beruft sie sich insbesondere auf die Gesetzwidrigkeit jener Bestimmungen der Systemnutzungstarife Verordnung 2006, die seit der Novelle 2009 auch die Einspeiser dazu verpflichten, sich an dem dem Netzbetreiber zustehenden Netzverlustentgelt zu beteiligen, das jene Kosten abgelten soll, die dem Netzbetreiber aus dem Zukauf jenes Stroms erwachsen, den er zum Ausgleich von technisch unvermeidbaren Verlusten des übertragenen Stroms benötigt. Die Klägerin habe ihre Zahlungen unter ausdrücklichem Vorbehalt der Rückforderung auch für alle zukünftigen Zahlungen geleistet, weil sie von der Gesetzwidrigkeit der entsprechenden Regelungen der SNT VO 2006 überzeugt sei. § 1435 ABGB räume einen Kondiktionsanspruch ein, wenn der Zahlungsgrund nachträglich wieder wegfällt. Dieser Anspruch bestehe auch, wenn eine Norm nachträglich vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wird. Die Klage auf Rückforderung sei der einzige Weg zur Durchsetzung ihres Rechts, eine Leistung, deren Grundlage gesetzwidrig ist, zurückzuerlangen, weil sie nur so eine Anfechtung der einschlägigen Regelungen beim Verfassungsgerichtshof erreichen könne. Da die Beklagte auch für die Zukunft behaupte, zur Vorschreibung und Einforderung der Netzverlustentgelte berechtigt zu sein, liege auch das erforderliche rechtliche Interesse für ihr Feststellungsbegehren vor. Insbesondere sei es erforderlich, auch für die Zukunft für Rechtsklarheit zu sorgen, müsse die Klägerin doch gegebenenfalls auch für zukünftige Verbindlichkeiten Vorsorge treffen.
Die dagegen erhobenen Revisionen der Klägerin sind zulässig, weil zur Frage, ob auch in Rückforderungsfällen wie dem vorliegenden eine Anrufung des Verfassungsgerichtshofs durch die ordentlichen Gerichte gemäß Art 89 B VG in Betracht kommt, keine höchstgerichtliche Judikatur vorliegt. Eine meritorische Entscheidung kommt allerdings (noch) nicht in Betracht, weil der erkennende Senat im Ergebnis die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin die im Revisionsverfahren auch die Anfechtung von § 25 Abs 1 Z 3 und § 25 Abs 4 ElWOG 1998 anregt teilt und darüber hinaus davon ausgeht, dass die Gerichte in Fällen wie dem hier zu beurteilenden die einschlägigen Normen des ElWOG 1998 und der SNT VO 2006 im Sinn des Art 89 Abs 2 B VG „anzuwenden“ haben.
Gemäß Art 89 Abs 2 B VG ist ein Antrag auf Aufhebung beim Verfassungsgerichtshof zu stellen, wenn ein Gericht gegen „die Anwendung einer Verordnung“ aus dem Grund der Gesetzwidrigkeit (Satz 1) oder ein zumindest zweitinstanzliches Gericht gegen „die Anwendung eines Gesetzes“ aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit (Satz 2) Bedenken hat. Hätte die Beklagte nach einem Streitschlichtungsverfahren bei der ECK ihre umstrittenen Rechnungsforderungen klageweise geltend gemacht und hätte sich die Klägerin in einem solchen Prozess auf die Gesetzwidrigkeit von Normen der SNT VO 2006 bzw die Verfassungswidrigkeit von Bestimmungen des ElWOG 1998 berufen, die jeweils zur Begründung des Klageanspruchs herangezogen wurden, lägen zweifellos im Sinn des Art 89 Abs 2 B VG für die Gerichtsentscheidung präjudizielle Vorschriften vor, und hätte das Gericht auftretenden Bedenken gegen die Gesetz bzw Verfassungsmäßigkeit durch einen Aufhebungsantrag beim Verfassungsgerichtshof Rechnung zu tragen. Nicht anders läge die Sache, hätte die Klägerin nach Erhalt der Rechnungen und einem erfolglosen Streitschlichtungsantrag bei der ECK eine negative Feststellungsklage mit dem Begehren erhoben, es möge festgestellt werden, dass der Beklagten die begehrten Rechnungsforderungen im Umfang des fakturierten Netzverlustentgelts nicht zustünden. Auch hier hätten die Gerichte bei Prüfung der Berechtigung des Feststellungsbegehrens die entsprechenden Bestimmungen der Verordnung bzw des ElWOG 1998 „anzuwenden“.
Der erkennende Senat ist nun der Auffassung, dass die hier im gerichtlichen Verfahren zu beurteilende Sachverhaltskonstellation von den soeben dargelegten nicht so entscheidend abweicht, dass wie das Berufungsgericht meint mangels Präjudizialität eine Anfechtung beim Verfassungsgerichtshof nicht in Betracht käme. Auch wenn es zutrifft, dass der gesetzliche Tatbestand des § 1435 ABGB erst erfüllt ist, wenn die der Rückforderung entgegenstehende Norm
Die Beklagte wandte im Wesentlichen der weitere Einwand der Unzulässigkeit des Rechtswegs wurde bereits rechtskräftig verworfen ein, die Regelungen der Verordnung seien schon deshalb nicht gesetzwidrig, weil es dem in § 25 Abs 3 ElWOG 1998 normierten Grundsatz der Gleichbehandlung aller Netzbenutzer entspreche, nicht nur die Verbraucher, sondern auch die Einspeiser anteilig mit dem Netzverlustentgelt zu belasten. Die gesetzliche Bestimmung des § 25 ElWOG 1998 sei auch inhaltlich ausreichend bestimmt. Selbst bei Wegfall der entsprechenden Tarifbestimmungen stehe der Beklagten ein angemessenes Entgelt für die von ihr erbrachten Netzdienstleistungen auf bereicherungsrechtlicher Basis zu. Dieses angemessene Entgelt entspreche aber zumindest dem in der Verordnung vorgesehenen Tarif.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nachdem die Energie Control Kommission (ECK) den Antrag der Klägerin abgewiesen habe, stehe ihr der Rechtsweg offen. Nach § 25 ElWOG 1998 bestimme sich das zu entrichtende Entgelt für die Netznutzung unter anderem aus dem Netzverlustentgelt. Die in den Z 1 bis 4 angeführten Entgelte seien unter Zugrundelegung eines Tarifs zu ermitteln, der von der ECK durch Verordnung oder Bescheid zu bestimmen sei. Ein Hinweis, dass ein Erzeuger oder Einspeiser kein Entgelt nach einem Tarif zu bezahlen hätte, finde sich in dieser Bestimmung nicht. Die Beklagte habe der Klägerin daher zu Recht Netzverlustentgelte in ihren auf der SNT VO 2006 idF 2009 basierenden Rechnungen vorgeschrieben. Die Bezahlung sei verordnungsgemäß erfolgt, sodass der Klägerin kein Rückforderungsanspruch zustehe. Die Abweisung des Feststellungsbegehrens wurde nicht weiter begründet.
Das Berufungsgericht bestätigte mit seinem Teilurteil vom 21. April 2010 (ON 10) und seinem Endurteil vom 2. Dezember 2010 (ON 15) diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision jeweils für nicht zulässig. Das Berufungsgericht hege weder Bedenken gegen die Verfassungskonformität des § 25 ElWOG 1998 noch gegen die Gesetzeskonformität der SNT VO 2006 Novelle 2009 und der SNT VO 2010, soweit darin die Verteilung der Netzverlustentgelte auf Entnehmer und Einspeiser normiert werde. Die Behörde sei vor Erlassung der Verordnungen zum Schluss gekommen, dass Netzverluste auch im unmittelbaren Zusammenhang mit der Einspeisung von elektrischer Energie in bestehende Netzstrukturen entstünden und dass im Sinne einer Durchschnittsbetrachtung die hervorgerufenen Netzverluste durch Einspeisung ein vergleichbares Ausmaß wie die auf Entnehmer zurückführbaren Netzverluste erreichten. Die von der Klägerin angestrebte alleinige Belastung der Entnehmer mit Netzverlustentgelten widerspräche nicht nur dem verfassungsrechtlichen Gebot des Interessenausgleichs, sondern auch dem Gleichbehandlungsgebot des § 25 Abs 3 ElWOG 1998 und den gesetzlichen Vorgaben des § 25 Abs 2 ElWOG 1998. Eine Befassung des Verfassungsgerichtshofs komme aber auch wegen der fehlenden Präjudizialität nicht in Betracht, weil die ordentlichen Gerichte die umstrittenen Verordnungen in dieser Rechtssache nicht anzuwenden hätten. Eine Rückforderung des bezahlten Netzverlustentgelts gemäß § 1435 ABGB wegen des nachträglichen Wegfalls des Zahlungsgrundes käme schon deshalb nicht in Betracht, weil die umstrittene Norm noch Bestandteil der Rechtsordnung sei. Damit habe die Klägerin keinen rechtserzeugenden Sachverhalt behauptet, aus dem sich die begehrte Rechtsfolge ableiten ließe, für die Beklagte als Empfängerin der Zahlungen habe der rechtliche Grund, sie zu behalten, aufgehört. Erst ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs könnte den Rechtsgrund der Zahlung beseitigen. Die von der Klägerin für ihren Standpunkt ins Treffen geführten höchstgerichtlichen Entscheidungen beträfen bereits vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Normen. Entsprechendes gelte auch für das Feststellungsbegehren: Die Klägerin wolle mit ihrer Feststellungsklage nicht durch den vorgetragenen Sachverhalt konkretisierte privatrechtliche Beziehungen zwischen den Streitteilen klären, sondern den Zivilprozess als Mittel verwenden, ihre verfassungsrechtlichen Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, indem sie mit der Behauptung der „Rechtswidrigkeit der Rechtsgrundlage“ die Anregung an ordentliche Gerichte verbinde, einen Antrag auf Aufhebung dieser Verordnungen beim Verfassungsgerichtshof zu stellen. Da das Berufungsgericht die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin nicht teile, müsse die Feststellungsklage daran scheitern, dass die ohnehin geregelte objektive Privatrechtslage nicht feststellungsfähig sei und ordentliche Gerichte an ordnungsgemäß kundgemachte Verordnungen gebunden seien. In amtswegiger Wahrnehmung der fehlenden materiellrechtlichen Begründung des Feststellungsbegehrens sei auch dieses als unberechtigt abzuweisen.
Dieser Ansatz entspricht im Übrigen wohl auch der Auffassung des Verfassungsgerichtshofs, der gerade im vorliegenden Konfliktfall eine auf Überprüfung der Gesetzmäßigkeit bestimmter Normen der SNT VO gerichtete Individualbeschwerde mit dem Argument zurückgewiesen hat, es sei der Klägerin zumutbar, ihre Bedenken im hier anhängigen Verfahren zu äußern und eine Antragstellung durch das Gericht anzuregen (V 110/10 ua). Hält der Verfassungsgerichtshof nun in derartigen „Rückforderungsfällen“ die Einlassung auf ein gerichtliches Verfahren und den Versuch, die verfassungsrechtlichen Bedenken dort vorzubringen, für zumutbar, setzt dies notwendigerweise voraus, dass den Gerichten auch in solchen Fällen die Kompetenz zukommen muss, die fraglichen Normen als im Sinne des Art 89 Abs 2 B VG präjudiziell beim Verfassungsgerichtshof anzufechten. Wäre eine solche Anfechtung mangels Präjudizialität schon abstrakt ausgeschlossen, könnte die Führung eines Zivilprozesses nicht als zumutbarer Weg für die Äußerung verfassungsrechtlicher Bedenken bezeichnet werden.
Die verfassungsrechtlichen Bedenken des erkennenden Senats beziehen sich in erster Linie auf die wohl nicht ausreichende gesetzliche Determinierung der für die Bestimmung der Systemnutzungstarife gesetzlich festgelegten Kriterien. Nach § 25 Abs 1 ElWOG 1998 das Gesetz ist bereits weitgehend außer Kraft getreten (§ 109 Abs 2 ElWOG 2010) bestimmte sich das für die Netznutzung zu entrichtende Entgelt aus sieben verschiedenen Entgeltsbestandteilen, zu denen das in Z 3 genannte - allerdings nicht näher definierte - „Netzverlustentgelt“ gehörte. Zur näheren Bestimmung der Entgelte ordnete Abs 1 Satz 2 an, dass die in den Z 1 bis 4 sowie Z 7 angeführten Entgelte somit auch das Netzverlustentgelt unter Zugrundelegung eines Tarifs zu ermitteln sind, der von der Elektrizitäts Control Kommission durch Verordnung oder Bescheid zu bestimmen ist. Weiters legte das Gesetz fest, dass die Systemnutzungstarife kostenorientiert zu bestimmen sind und dem Grundsatz der Kostenwahrheit zu entsprechen haben; die den Preisansätzen zu Grunde liegende Tarifstruktur ist einheitlich zu gestalten und hat eine Vergleichbarkeit der mit den Leistungen korrespondierenden Preisansätze aller Netzbetreiber zu ermöglichen (Abs 2). Die Systemnutzungstarife hatten dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Systembenutzer zu entsprechen (Abs 3 Satz 1). Schließlich bestimmte Abs 4, dass die Elektrizitäts Control Kommission jedenfalls Systemnutzungstarife für Entnehmer und Einspeiser von elektrischer Energie durch Verordnung oder Bescheid zu bestimmen hat, wobei Netzbetreiber dabei als Entnehmer gelten.
Auf der Basis der genannten gesetzlichen Vorgaben legte die ECK in der Systemnutzungstarife Verordnung 2006 (SNT VO 2006) unter anderem in § 6 Grundsätze für die Bemessung des Netzverlustentgelts fest, wobei zugleich auch eine Definition jener Kosten des Netzbetreibers formuliert wurde, die durch das Netzverlustentgelt abgegolten werden sollen.
Wie auch der Verfassungsgerichtshof jüngst (V 59/09 11, V 113/09 9, V 19/10 7) erwogen hat, ist es nicht ausgeschlossen, dass aus § 25 ElWOG 1998 nicht zweifelsfrei erkennbar war, wer nunmehr zur Tragung welcher Komponenten der Systemnutzungstarife verpflichtet ist und dass insoweit das System der Tarifierung zwischen den Verbrauchern und den Erzeugern von Strom nicht eindeutig geregelt war. Grundsätzlich hat der Gesetzgeber dem Verordnungsgeber gemäß Art 18 B VG gewisse Grundentscheidungen vorzugeben, wenn für einen Regelungsgegenstand der Sache nach gänzlich verschiedene Regelungsmodelle in Frage kommen. Fraglich erscheint, ob § 25 ElWOG 1998 für das im vorliegenden Verfahren zu beurteilende Netzverlustentgelt eine ausreichende Zuordnung der Tarifelemente zu bestimmten Benutzern der Elektrizitätsnetze bzw Bedingungen für eine solche Zuordnung vorgab. Der erkennende Senat geht davon aus, dass die gesetzliche Ermächtigung zur Festlegung von Tarifen für diesen Entgeltbestandteil dem Determinierungsgebot des Art 18 B VG widerspricht, weil für die genannte Zuordnung verschiedene Regelungsmodelle, die unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen, in Frage kommen, der Gesetzgeber dazu aber keine klaren Vorgaben gemacht hat. § 25 Abs 4 ElWOG 1998 bestimmte bloß, dass sowohl Entnehmer als auch Einspeiser Systemnutzungstarife zu tragen haben, legte aber nicht in ausreichender Weise Kriterien oder Prinzipien fest, wie die Systemnutzungsentgelte auf die beiden Gruppen aufzuteilen sind. Der erkennende Senat hat damit Bedenken dagegen, dass § 25 Abs 1 Z 3 und Abs 4 ElWOG 1998 dem Determinierungsgebot des Art 18 B VG entsprochen haben.
Sollte der Verfassungsgerichtshof in diesem Sinne eine Verfassungswidrigkeit der genannten Bestimmungen des ElWOG 1998 annehmen, wären davon auch die in Punkt 2 des Spruchs dieser Entscheidung genannten Normen der SNT VO 2006 erfasst, weil in diesem Fall unzulässigerweise der Verordnungsgeber die Gesetzgebungskompetenz ausgeübt hätte, die der Gesetzgeber selbst mangels ausreichender Determinierung der Ermächtigungsnormen nicht ausreichend wahrgenommen hätte. Die genannten Normen sind im weiter oben näher dargelegten Sinn präjudiziell für die gerichtliche Entscheidung, weil die Frage, ob und inwieweit die Klägerin zur Entrichtung von Netzverlustentgelt verpflichtet war, nur unter Anwendung der einschlägigen Normen des ElWOG 1998 und der jeweiligen SNT VO beantwortet werden kann.
Da die Verordnungen gemäß § 111 Abs 1 ElWOG 2010 in Geltung geblieben sind, wird die Aufhebung der jeweils präjudiziellen Teile beantragt. Der Aufhebungsantrag erstreckt sich auf § 6 Abs 1 Satz 2 der SNT VO 2006 Novelle 2009 und § 6 Abs 1 Satz 3 der SNT VO 2006 Novelle 2010, weil diesen Bestimmungen nach Aufhebung der Worte „und Einspeisern“ kein Anwendungsbereich verbliebe.
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