JudikaturOGH

11Os61/11x – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Mai 2011

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Mai 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Varga als Schriftführer, in der Strafsache gegen Timerlan H***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 14. Februar 2011, GZ 11 Hv 81/09m 209, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Timerlan H***** unter Einbeziehung des bereits im ersten Rechtsgang rechtskräftig gewordenen Schuldspruchs wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (vgl 11 Os 64/10m) zusätzlich des Vergehens der Beleidigung nach § 115 Abs 1 (§ 117 Abs 2) StGB schuldig erkannt, weil er am 22. (Februar, richtig:) Oktober 2010 in Graz öffentlich und vor mehreren Leuten die Polizeibeamten Wolfgang F***** und Karin T***** mehrmals durch die Äußerungen „Arschlöcher“ und „Scheiß Bullen“ beschimpft hat.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4, 5 und „9“ des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht berechtigt.

Durch die Abweisung des Antrags auf Vernehmung des (im Rechtsmittel nur mehr) „für die Findung einer angemessenen Strafe“ (ON 208 S 13) als relevant erachteten Zeugen Daniel S***** wurden der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider Verteidigungsrechte nicht verkürzt, wird doch damit kein für die Lösung einer noch nicht rechtskräftig erledigten Schuld oder Subsumtionsfrage entscheidender Umstand angesprochen (RIS-Justiz RS0118444; Ratz , WK StPO § 281 Rz 319, 327).

Mit dem Einwand fehlender Konstatierungen zur abschließenden Beurteilung der Publizitätsformen des § 115 Abs 1 erster Halbsatz und Abs 2 StGB („öffentlich oder vor mehr als zwei vom Täter und vom Angegriffenen verschiedenen Personen begangen“) orientiert sich die (auf Z 5 und „9“ gestützte, der Sache nach jedoch nur Z 9 lit a ansprechende) Rechtsrüge prozessordnungswidrig nicht an der Gesamtheit der erstgerichtlichen Feststellungen (RIS-Justiz RS0099810). Demnach erfolgten die Beschimpfungen öffentlich sowie vor mehreren Leuten an einem zur Tatzeit stark frequentierten Platz (US 3, 4), wobei auch zwei unbeteiligte Zeugen die Äußerungen hören konnten (US 3) und Wahrnehmbarkeit durch weitere Personen gegeben war (US 4).

Die weitere, den Entschuldigungsgrund nach § 115 Abs 3 StGB reklamierende Rüge (Z 9 lit b) verfehlt ebenfalls die Ausrichtung am Verfahrensrecht, indem sie die Urteilsannahme, dass der Angeklagte mit seinen Beschimpfungen völlig grundlos begann (US 3), schlichtweg ignoriert und diese mit eigenen Beweiswerterwägungen zur angeblichen Entrüstung des Angeklagten über das Verhalten der Polizeibeamten zu ersetzen versucht.

Aus welchem Grund die Staatsanwaltschaft auf der konstatierten (US 4) Grundlage der von den Verletzten und der diesen vorgesetzten Stelle erteilten Ermächtigungen (ON 2 S 21 bis 25 in ON 203) nicht zur Anklage berechtigt gewesen sein soll, wird (der Sache nach aus Z 9 lit c) einmal mehr nicht aus dem Gesetz abgeleitet.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise