12Os39/11v – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Mai 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel Kwapinski in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kunst als Schriftführer in der Strafsache gegen Robert K***** und eine Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 2 und Z 4, 129 Z 1 und Z 2, 15 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Jugendschöffengericht vom 28. Jänner 2011, GZ 5 Hv 165/10x 12, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Robert K***** und Angelika S***** teilweise abweichend von der auch auf einen Schuldspruch nach § 130 dritter und vierter Fall StGB gerichteten Anklage (ON 6) des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 2 und Z 4, 129 Z 1 und Z 2, 15 Abs 1 StGB (A./I./ und A./II./2./) sowie Robert K***** zudem des Vergehens (richtig: Verbrechens) der Hehlerei nach § 164 Abs 1 und Abs 4 dritter Fall StGB (A./II./1./) schuldig erkannt.
Demnach haben, soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung, zusammengefasst
A./I./ Robert K***** und Angelika S***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken zwischen 8. März 2010 und 28. April 2010 in Heiligenkreuz am Wasen und anderen Orten in 15 im Urteil näher genannten Fällen sowie
A./II./2./ Robert K***** am 20. April 2010 in Frannach
verschiedenen Gewahrsamsträgern fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt 3.000 Euro übersteigenden Wert durch Einbruch auch von Opferstöcken, somit von Behältnissen in einem der Religionsausübung dienenden Raum, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen und wegzunehmen versucht.
Dagegen wendet sich die auf Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, die einen Schuldspruch beider Angeklagter auch nach § 130 dritter und vierter Fall StGB anstrebt.
Das Erstgericht hatte diesbezüglich in den Entscheidungsgründen ausgeführt, nicht feststellen zu können, dass Robert K***** und Angelika S***** in der Absicht handelten, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen über einen längeren Zeitraum eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 5 f).
Diese Konstatierung gründete es beweiswürdigend darauf, dass die überwiegende Zahl der diebischen Angriffe zwischen 17. und 28. April 2010, somit über einen Zeitraum von elf Tagen begangen wurden, vier weitere Taten zu nicht näher bekannten Zeiten zwischen 8. und 28. März 2010 stattfanden und zwischen diesen Diebstählen und den zuvor genannten ein längerer Zeitraum von zwei bis drei Wochen verstrichen ist. Angesichts „dieser sich auf wenige Tage konzentrierten Tattage“ könne in Verbindung mit der Verantwortung der beiden Angeklagten nicht festgestellt werden, dass sie in der Absicht handelten, sich durch wiederkehrende Tatbegehung über einen mehrwöchigen Deliktszeitraum eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Zudem habe Robert K***** schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass er bloß vorübergehend Geld zur Begleichung ausständiger Zahlungen benötige, weswegen er sich zu den Diebstählen habe hinreißen lassen (US 6 f).
Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung die übrigens zutreffend das für die rechtliche Annahme von Gewerbsmäßigkeit maßgebliche Zeitelement der intendierten Tatbegehung beleuchtete (vgl RIS Justiz RS0107402) hob das Erstgericht zudem noch, der Sache nach einen weiteren Aspekt der Beweiswürdigung ansprechend, hervor, „dass sich die Vielzahl der Tatwiederholungen offenbar auch daraus ergab, dass die überwiegende Anzahl der Einbruchsdiebstähle scheiterte, somit beim Versuch blieb“ (US 7).
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.
Das Gebot zu gedrängter Darstellung in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) gilt auch für die Beweiswürdigungsebene ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 428). Das Erstgericht braucht nicht zu allem Vorbringen des Angeklagten Stellung zu nehmen und alle Umstände einer Erörterung zu unterziehen, die durch das Beweisverfahren hervorgekommen sind. Es genügt vielmehr, wenn es im Urteil in gedrängter Form die entscheidenden Tatsachen bezeichnet und logisch und empirisch einwandfrei begründet, warum es von der Richtigkeit seiner Annahme überzeugt ist, ohne dagegen sprechende erhebliche Umstände mit Stillschweigen zu übergehen (RIS Justiz RS0098377 [T1, T7]).
Diesen aus Z 5 zweiter und vierter Fall des § 281 Abs 1 StPO abgesicherten Anforderungen entsprach das Erstgericht der Beschwerde zuwider im gegebenen Fall. Es ging gar wohl auf die Verantwortung der Angeklagten ein, ausdrücklich auch auf die Angaben des Robert K*****, wonach er vorübergehend Geld zur Begleichung ausständiger Zahlungen gebraucht habe (US 6 unten f; vgl ON 11 S 2 f).
Indem die Staatsanwaltschaft den Angaben des Robert K***** in der Hauptverhandlung, die Taten hätten mit etwa Ende April 2010 ein Ende gefunden, weil er Arbeit bekommen habe (ON 11 S 3), als unerörtert reklamierte (Z 5 zweiter Fall) Verfahrensergebnisse gegenüberstellen will, „wonach die Angeklagten mit der fortgesetzten Begehung von (Einbruchs )Diebstählen nur deshalb aufhörten, weil sie am 28. April 2010 durch die erhebenden Beamten der Polizeiinspektion Heiligenkreuz am Wasen betreffend einzelne Anklagefakten der Täterschaft überführt wurden und sodann ein umfassendes Geständnis ablegten“, unterlässt sie die deutliche und bestimmte Bezeichnung derartiger Ergebnisse (in den dazu pauschal genannten Aktenteilen ON 2 S 5 ff finden sich Durchsuchungs- und Sicherstellungsprotokolle sowie ein Standblatt, in ON 3 S 45 ff eine Beschuldigtenvernehmung des Robert K*****; RIS Justiz RS0124172).
Mit dem Einwand, dass aus den vorliegenden Umständen auch andere Schlüsse gezogen werden könnten, wird keine Nichtigkeit nach Z 5 angesprochen (RIS Justiz RS0099455).
Worin die weiters reklamierte Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) in Betreff der Aussage des Robert K***** über seinen Geldbedarf wegen offener Rechnungen liegen soll, macht die Beschwerde nicht deutlich (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO).
Indem die Staatsanwaltschaft die erwähnte (Negativ-)Feststellung hinsichtlich der Tendenz der Angeklagten missachtet, verfehlt sie eine an der Prozessordnung orientierte Ausführung der Subsumtionsrüge (Z 10), deren Gegenstand ausschließlich der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt ist ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 581; RIS Justiz RS0099810).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).