JudikaturOGH

13Os147/10g – OGH Entscheidung

Entscheidung
07. April 2011

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. April 2011 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vetter als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Gerhard G***** und andere Angeklagte wegen Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG und weiterer strafbarer Handlungen aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und der Finanzstrafbehörde gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 19. April 2010, GZ 34 Hv 10/10i 160, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Aicher, des Vertreters der Finanzstrafbehörde Mag. Jungwirth sowie des Verteidigers Mag. Reichel, zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Landesgerichts Linz, das im Übrigen unberührt bleibt, wird im Gerhard G***** betreffenden Ausspruch einer (primären) Freiheitsstrafe nach § 38 Abs 1 zweiter Satz FinStrG einschließlich der Vorhaftanrechnung aufgehoben und in diesem Umfang in der Sache selbst erkannt:

Gerhard G***** wird nach § 38 Abs 1 zweiter Satz erster Fall FinStrG

zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten

verurteilt.

Die Vorhaftanrechnung wird dem Erstgericht überlassen.

Text

Gründe:

Soweit hier von Bedeutung wurde Gerhard G***** mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 19. April 2010, GZ 34 Hv 10/10i 160, jeweils mehrerer Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (Punkt 1 des ihn betreffenden Schuldspruchs) und der Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit a FinStrG (Punkt 2) schuldig erkannt.

Danach hat er (zusammengefasst) im Zeitraum 2007 bis 15. Juli 2009 in E*****, Wien und anderen Orten des Bundesgebiets vorsätzlich 832.000 Stück (im Urteil näher bezeichneter) Filterzigaretten,

(1) hinsichtlich derer von namentlich nicht bekannten Personen Finanzvergehen des Schmuggels begangen worden waren, an sich gebracht und an andere verkauft, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen;

(2) mithin Monopolgegenstände, hinsichtlich derer in die Rechte des Tabakmonopols eingegriffen worden war, teils vom abgesondert verfolgten Zoran I*****, teils von unbekannten Personen gekauft und verhandelt.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen Freisprüche gerichteten Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und der Finanzstrafbehörde wurden mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 7. April 2011 zu GZ 13 Os 147/10g-4, zurückgewiesen. Dabei hat der Oberste Gerichtshof die Ausübung der ihm nach § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO zukommenden Befugnis in Ansehung des den Angeklagten Gerhard G***** betreffenden Strafausspruchs einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vorbehalten.

Das Erstgericht ist nämlich bei Verhängung der (6 monatigen) Freiheitsstrafe nach Maßgabe des § 15 FinStrG irrtümlich von der zweiten Strafdrohung des § 38 Abs 1 zweiter Satz FinStrG ausgegangen (vgl US 33). Diese sieht bei einem strafbestimmenden Wertbetrag von mehr als 500.000 Euro eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vor. Der Schöffensenat nahm ein Überschreiten dieser Grenze an, wobei er anstatt vom strafbestimmenden Wertbetrag vom gesamten Straf rahmen (also der Summe des Dreifachen des gemäß §§ 38 Abs 1 lit a, 37 Abs 2 FinStrG maßgeblichen Abgabenbetrags und der gemäß §§ 46 Abs 2, 44 Abs 2 lit c FinStrG heranzuziehenden Bemessungsgrundlage) ausging. Wird die (primäre) Freiheitsstrafe unter Zugrundelegung eines (zum Nachteil des Angeklagten) falschen Strafrahmens verhängt, begründet dies Nichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO, auch wenn sie innerhalb des richtigen Strafrahmens (hier von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe - vgl die erste Strafdrohung des § 38 Abs 1 zweiter Satz FinStrG) liegt ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 667; vgl RIS-Justiz RS0085974).

Dieser Rechtsfehler war (in Ermangelung gegen den Strafausspruch gerichteter Berufungen) von Amts wegen wahrzunehmen und der davon betroffene Ausspruch über die nach Maßgabe des § 15 FinStrG verhängte Freiheitsstrafe aufzuheben.

Zur Frage neuerlicher Verhängung und Bemessung einer primären Freiheitsstrafe nach § 38 Abs 1 zweiter Satz nunmehr (mit Blick auf den strafbestimmenden Wertbetrag von 157.393,97 Euro) erster Fall FinStrG waren mehrere Vorstrafen wegen Vermögensdelikten (RIS-Justiz RS0092070) und zwei gerichtliche Verurteilungen (unter anderem) wegen Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei, das Zusammentreffen mehrerer Finanzvergehen und der rasche Rückfall erschwerend in Anschlag zu bringen, als mildernd hingegen das Geständnis. Davon ausgehend war neben der bereits rechtskräftig verhängten Geldstrafe die (erstmalige) Verhängung einer Freiheitsstrafe nach Maßgabe des § 15 FinStrG schon mit Blick auf die äußerst ungünstige spezialpräventive Prognose geboten, die sich insbesondere aus dem Umstand ableitet, dass der Angeklagte in den letzten Jahren bereits zweimal wegen gewerbsmäßiger Abgabenhehlerei im Zusammenhang mit geschmuggelten Zigaretten verurteilt wurde. Fünf Monate genügen nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs den spezialpräventiven Erfordernissen. Das bisher gezeigte Verhalten des Angeklagten und die mangelnde Wirkung früherer Abstrafungen lassen nicht erwarten, dass eine bedingte Strafnachsicht (§ 26 Abs 1 FinStrG iVm § 43 StGB) geeignet wäre, ihn von weiterer Delinquenz abzuhalten.

Die Vorhaftanrechnung kommt gemäß § 400 StPO iVm § 195 Abs 1 FinStrG dem Erstgericht zu.

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