12Os3/11z – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 8. März 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel Kwapinski in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fischer in der Strafsache gegen Daianna S***** und eine weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Daianna S***** gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Jugendschöffengericht vom 29. Oktober 2010, GZ 23 Hv 187/09w 57, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Schuldspruch der Angeklagten Tanja W***** enthält, wurde Daianna S***** des Verbrechens des Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1 StGB (I./) und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (II./1.) schuldig erkannt.
Danach hat sie am 7. Oktober 2008 in Innsbruck im einverständlichen Zusammenwirken mit Tanja W*****
I./ mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und mit Gewalt gegen eine Person fremde bewegliche Sachen wegzunehmen versucht, indem Tanja W***** der Jennifer K***** mehrere massive Schläge gegen das Gesicht versetzte und die Handtasche entriss, wobei Daianna S***** und Tanja W***** diese Handtasche anschließend gemeinsam nach Geld durchsuchten;
II./1./ nach der unter Punkt I./ angeführten Tat die am Boden liegende Jennifer K***** durch Versetzen zahlreicher Fußtritte vorsätzlich am Körper verletzt, wodurch diese eine kurze Bewusstlosigkeit, eine Gehirnerschütterung sowie zahlreiche Prellungen samt Hautabschürfungen erlitt.
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Daianna S*****. Dieser kommt keine Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Die Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) erblickt in der Feststellung einer Busfahrt in der Nacht vom 7. auf den 8. Oktober 2008 (US 10) und den dazu angestellten tatrichterlichen Erwägungen betreffend die Behandlung der Verletzungen der Zeugin Jennifer K***** in der Unfallchirurgie am 7. Oktober 2008 (US 19), welche nach dem auf die Ambulanzkarte gestützten Beschwerdevorbringen erst gegen Mittag dieses Tages stattgefunden habe, einen Widerspruch.
Mit dem auch unter gleichzeitiger Bezugnahme auf die Ambulanzkarte, den Abschlussbericht und die Niederschrift der Jennifer K***** unter dem Aspekt der Unvollständigkeit erhobenen Einwand (Z 5 zweiter Fall) wird ein Begründungsmangel bereits deshalb nicht aufgezeigt, weil sich die vermisste Erörterung dieser Beweisergebnisse nicht nur auf US 19 ff findet, sondern eine gebotene Gesamtschau der Urteilsgründe eine hinreichend deutliche Konstatierung zu einem in den Nachtstunden des 7. Oktober 2008 liegenden Tatzeitpunkt ergibt (US 2, 18, 19) und damit auch die als Widerspruch gerügte Divergenz klarstellend aufgelöst werden kann (vgl Ratz , WK-StPO § 281 Rz 440).
Im Übrigen wurde von Daianna S***** weder die gemeinsame Busfahrt mit Jennifer K***** noch das gleichzeitige Aussteigen und der daran anschließende tätliche Angriff auf die Genannte durch die Mitangeklagte in Zweifel gezogen, sondern von ihr lediglich die Beteiligung an der Tat bestritten (US 14 f). Demnach betrifft die exakte Tatzeit im vorliegenden Fall auch keine erhebliche Tatsache (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 409).
Entgegen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) setzten sich die erkennenden Richter sowohl mit der leugnenden Verantwortung der Beschwerdeführerin als auch mit jener die Rechtsmittelwerberin entlastenden Verantwortung der Tanja W***** auseinander (vgl US 14 ff, 16 und 19 ff), sahen diese aber zufolge des im Abschlussbericht der Polizei festgehaltenen Geständnisses der Beschwerdeführerin, das Tatopfer getreten zu haben (US 14 iVm US 20), der belastenden Angaben der Jennifer K***** vor der Polizei, der attestierten Verletzungen und eines fehlenden Motivs der Belastungszeugin, Daianna S***** zu verleumden, als widerlegt an (US 19 ff). Dabei waren die Tatrichter bereits mit Blick auf das Gebot zur gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht gehalten, den vollständigen Inhalt der Verantwortung der Angeklagten im Einzelnen zu erörtern und darauf zu untersuchen, wie weit sie für oder gegen die Feststellungen sprechen (vgl RIS-Justiz RS0098377; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 428).
Der den Angaben der Jennifer K***** vom Schöffengericht - ungeachtet der berücksichtigten Widersprüchlichkeit - zuerkannte Beweiswert ist im Nichtigkeitsverfahren als Ergebnis freier richterlicher Beweiswürdigung einer Anfechtung entzogen.
Die Tatsachenrüge (Z 5a) geht bereits im argumentativen Ansatz fehl, weil sie eine an Willkür grenzende Scheinbegründung behauptet, sich dabei aber nicht mit der Gesamtheit der dargelegten Entscheidungsgründe auseinandersetzt, sondern im Wesentlichen die in der Mängelrüge dargestellte Kritik wiederholt. Damit bringt die Beschwerdeführerin aber keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen vor.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.