JudikaturOGH

1Nc15/11p – OGH Entscheidung

Entscheidung
02. März 2011

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski und Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj Lukas H*****, vertreten durch Neumayr, Walter Haslinger Rechtsanwälte Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 36.054,99 EUR sA, infolge Vorlage des Aktes durch das Landesgericht Wels, GZ 3 Cg 16/10b 21, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Landesgericht Wels zurückgestellt.

Text

Begründung:

Der Kläger stellte im anhängigen Amtshaftungsprozess neben anderen Anträgen den „Antrag auf einvernehmliche Delegation“. Er führte darin aus, er ersuche die Beklagte höflichst um Stellungnahme, ob hier einer einvernehmlichen Delegation an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zugestimmt werde. Auch im Hinblick auf die Ausgeschlossenheit bzw mögliche Befangenheit des Prozessgerichts erster Instanz und die Tatsache, dass in Folge wiederum ein drittes Gericht „gemäß § 9 Abs 4 AHG“ vom Oberlandesgericht zu bestimmen wäre, erscheine es sinnvoll, bereits gleich im Vorfeld einvernehmlich die Rechtssache an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zu delegieren. Die Beklagte möge aufgefordert werden, dazu höflichst Stellung zu beziehen.

Darüber hinaus stellte der Kläger einen „Antrag gemäß § 9 Abs 4 AHG Ausgeschlossenheit bzw mögliche Befangenheit des Landesgerichts Wels“, in dem er ausführte, dass seiner Ansicht nach eine ähnliche Verfahrenskonstellation wie die in § 9 Abs 4 AHG geregelte vorläge. Hilfsweise werde auch die Tatsache geltend gemacht, dass die Unbefangenheit des Landesgerichts Wels in Zweifel gezogen werde. Der Kläger stelle daher weiters den Antrag gemäß § 31 JN auf Delegation der Rechtssache an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien, wobei zur Begründung auf obige Ausführungen verwiesen werde. Eine Delegation an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien erscheine sinnvoll, weil es § 9 Abs 4 AHG und § 19 JN widersprechen würde, die Amtshaftungssache an das Landesgericht Salzburg oder das Landesgericht Linz zu übertragen, da in diesem Fall das zuständige Instanzgericht „wiederum“ das Oberlandesgericht Linz wäre.

Nachdem der „Antrag gemäß § 9 Abs 4 AHG“ (ON 20) und der Ablehnungsantrag gegen den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Prozessrichter (ON 18) rechtskräftig abgewiesen worden waren, legte das Erstgericht die Akten dem Obersten Gerichtshof mit dem Hinweis vor, dass der Antrag auf „einvernehmliche Delegierung“ der Rechtssache an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien inhaltlich als Delegierungsantrag iSd § 31 Abs 2 JN verstanden werde.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Auffassung vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen. Die als „Antrag auf einvernehmliche Delegation“ bezeichnete Prozesserklärung des Klägers bestand allein in seinem Ersuchen an die Beklagte, einer „einvernehmlichen Delegation“, also einer solchen nach § 31a JN, zuzustimmen. Da eine solche Zustimmung in der Folge verweigert wurde, liegt der für eine Delegation nach § 31a JN erforderliche übereinstimmende Antrag beider Prozessparteien nicht vor, sodass die insoweit bedingte Antragstellung ins Leere geht. Zur Entscheidung darüber wäre auch das Gericht erster Instanz zuständig (§ 31a Abs 1 erster Satz JN).

Anlass für eine Umdeutung des Antrags in einen (einseitigen) Delegierungsantrag nach § 31 JN besteht nicht, weil der Kläger bei seiner Antragstellung klar erkennen ließ, dass er insoweit eine „einvernehmliche Delegation“ anstrebte. Ein Antrag auf Delegierung nach § 31 JN ist aber auch nicht aus den Ausführungen des Klägers zu Punkt II. seines Schriftsatzes ON 10 abzuleiten, zumal sich schon aus der Systematik des Schriftsatzes ergibt, dass der gestellte Antrag auf Delegation der Rechtssache an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien nicht auf die in § 31 JN genannten Zweckmäßigkeitsgründe gestützt wird, sondern vielmehr mit der Rechtsauffassung des Klägers im Zusammenhang steht, eine Delegierung wäre aufgrund einer (allenfalls sinngemäßen) Anwendung des § 9 Abs 4 AHG erforderlich. Insoweit liegt lediglich eine Anregung vor, im Falle einer (amtswegigen) Delegierung nach § 9 Abs 4 AHG ein bestimmtes Gericht als zuständig zu bestimmen. Da nun aber wie schon das Prozessgericht in seinem Beschluss vom 10. 12. 2010 in der Sache zutreffend ausgeführt hat kein Fall des § 9 Abs 4 AHG vorliegt, stellt sich die Frage, welches Gericht anstelle des nach allgemeinen Zuständigkeitsvorschriften angerufenen in der vorliegenden Amtshaftungssache entscheiden soll, nicht.

Da somit vom Obersten Gerichtshof weder eine Delegierungsentscheidung von Amts wegen zu treffen ist, noch ein Delegierungsantrag iSd § 31 JN vorliegt, sind die Akten dem Erstgericht zurückzustellen. Nur der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass kein Anhaltspunkt für das Vorliegen der Zweckmäßigkeitsgründe des § 31 Abs 1 JN zu erkennen ist.

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