JudikaturOGH

13Os128/10p – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Dezember 2010

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Dezember 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jahn als Schriftführerin in der Strafsache gegen Sebastian F***** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 1. Juli 2010, GZ 23 Hv 111/09w-51, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Sebastian F***** jeweils des Verbrechens der Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB (I) und des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und 2, 15 StGB (II) sowie (richtig: [vgl § 29 StGB]) des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (III) schuldig erkannt.

Danach hat er

(I) am 25. August 2009 in H***** an einer fremden Sache, nämlich am Imbissstand der Daniela Fe*****, ohne deren Einwilligung eine Feuersbrunst zu verursachen versucht, indem er über der Verkaufstheke „einen Brand legte, sodass ein Schwelbrand entstand“;

(II) fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung weggenommen (zu 2/b wegzunehmen versucht), nämlich

1) am 25. August 2009 in H***** der Tankstellenpächterin Karin H***** zwei Handkassen mit Bargeld von 470 Euro;

2) am 25. August 2009 in H***** Daniela Fe*****

a) indem er ein Fenster ihres Imbissstandes aufbrach, durch dieses einstieg und zwei Flaschen Bier mitnahm;

b) indem er einen versperrten Kühlcontainer aufbrach;

3) am 17. Juli 2009 in Bregenz nach Aufbrechen eines Fensters und Einsteigen in das Lokal „A*****“ sowie nach Aufbrechen von zwei Wettautomaten Günther P***** 805 Euro, 78 Packungen Zigaretten im Wert von 305,60 Euro und einen Beamer im Wert von 335,29 Euro;

(III) am 25. August 2009 in H***** fremde Sachen zerstört, beschädigt, verunstaltet oder unbrauchbar gemacht, indem er

1) eine Werbetafel hinter einer Blechwand der Waschanlage I***** anzündete, wodurch die Blechwand beschädigt wurde;

2) eine Plastikabdeckplane eines Holzstapels des Unternehmens P*****-Verpackungen anzündete, die teilweise verbrannte;

3) einen Papiercontainer hinter der B***** GmbH anzündete, wodurch das Altpapier fast völlig verbrannte und der Container leicht beschädigt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a (der Sache nach 10) StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war, soweit sie einleitend zwar ausdrücklich eine Bekämpfung auch des Schuldspruchs II/3 erklärt, dazu inhaltlich aber nicht argumentiert, mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung von Nichtigkeitsgründen bei ihrer Anmeldung oder Ausführung zurückzuweisen (§§ 285a Z 2, 285d Abs 1 Z 1 StPO).

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde der Antrag auf Durchführung eines Lokalaugenscheins zum Beweis, dass es (zusammengefasst) dem Beschwerdeführer „aufgrund der Entfernung und der zeitlichen Abfolge nicht möglich“ gewesen sei, die ihm angelasteten Taten (nämlich eine Brandstiftung und Sachbeschädigung in drei Fällen vgl die Punkte I und III des Schuldspruchs) zu begehen und die in Rede stehende Wegstrecke zu bewältigen, zu Recht abgewiesen (ON 46 S 8 f, vgl auch ON 20 S 4). Der Antrag ließ nämlich die im Hinblick auf die im Antragszeitpunkt vorliegenden Verfahrensergebnisse (ON 2 S 17 und 25, ON 9 S 5; vgl auch ON 46 S 3 f), wonach die vom Beschwerdeführer in mehr als zwei Stunden zurückgelegte Entfernung bloß etwas mehr als einen Kilometer betrug, erforderliche Begründung vermissen, weshalb gerade ein Lokalaugenschein das behauptete Ergebnis hätte erbringen können und war solcherart auf unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet (RIS-Justiz RS0107040).

Da sich ein nichtigkeitsrelevanter Widerspruch (Z 5 dritter Fall) bloß aus dem Urteilsinhalt selbst ergeben kann, geht das unter dem Aspekt einer Mängelrüge (Z 5) zum Schuldspruch I vorgebrachte Argument, der Feststellung, der Beschwerdeführer habe „Papier oder ähnlich brennbare Sachen“ entzündet und dadurch zumindest an einer Stelle Feuer gelegt (US 9), stünden im Übrigen mit Bezug auf einen anderen Brandherd getroffene Ausführungen des brandtechnischen Sachverständigengutachtens (ON 27 S 7) entgegen, bereits im Ansatz fehl (RIS-Justiz RS0117402 [T16]).

Aktenwidrigkeit bei der Wiedergabe der Schlussfolgerungen des Sachverständigen (US 13 iVm ON 27 S 25 und 29) liegt der ebenfalls im Rahmen der Mängelrüge erhobenen Kritik (der Sache nach Z 5 fünfter Fall) zuwider nicht vor.

Entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen (Z 5 vierter Fall) hat das Erstgericht die Angaben des Beschwerdeführers mit Hinweis auf dessen wechselnde Verantwortung und mit eingehender Erörterung der übrigen Beweisergebnisse mängelfrei als unglaubwürdig verworfen (US 11 ff). Dass die tatrichterlichen Erwägungen zu den Schuldsprüchen I und III gegen Denkgesetze oder grundlegende Erfahrungswerte verstießen (RIS-Justiz RS0116732), wird nicht mit Bestimmtheit behauptet; der angeblich verletzte Zweifelsgrundsatz ist nicht Gegenstand der Mängelrüge (RIS-Justiz RS0102162). Im Übrigen ist der Hinweis, der Beschwerdeführer habe bereits in anderen Fällen „aus Frust Brände gelegt“ (US 14), keine „substanzlose Behauptung“, sondern findet seine Grundlage in einer Aussage des Beschwerdeführers selbst (vgl ON 6 S 3).

Weshalb Beweisergebnisse, nach denen die Kleidung des Beschwerdeführers nach den Tathandlungen nicht durch Rauch oder Ruß verschmutzt gewesen sei (vgl ON 46 S 5), der Feststellung, der von ihm gelegte Brand habe sich nach seiner Entfernung vom Tatort erst langsam in Form eines Schwelbrandes entwickelt (US 9), erörterungsbedürftig entgegenstehen sollen (Z 5 zweiter Fall), legt die Mängelrüge schließlich nicht dar (RIS-Justiz RS0099578 [T13 und T16]).

Nominell im Rahmen der Rechtsrüge (Z 9 lit a, der Sache nach Z 10, weil Konsequenz dieses Vorbringens ein Schuldspruch wegen Sachbeschädigung wäre) behauptet der Beschwerdeführer zum Schuldspruch I, die Brandlegung in einem Imbissstand, der eine „entsprechende räumliche Ausdehnung“ nicht aufweise, hätte nicht zu einer tatbildlichen Feuersbrunst führen können, übergeht dabei jedoch prozessordnungswidrig die Konstatierungen, wonach ein Übergreifen des Feuers auf ein unmittelbar angrenzendes Möbelhaus „jederzeit möglich gewesen wäre“ (US 9 und 16).

Aus der Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde schon bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285d Abs 1 StPO) folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Der zum Schuldspruch III in der Annahme mehrerer Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB gelegene Subsumtionsfehler (US 4) kann vom Oberlandesgericht bei Behandlung der Berufungen außer Acht gelassen werden (RIS Justiz RS0118870).

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