Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Dezember 2010 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Fries als Schriftführer in der Strafsache gegen Harald M***** wegen des Verbrechens der Untreue nach §§ 12, 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB sowie einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 22. Dezember 2009, GZ 21 Hv 88/08z 168a, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Harald M***** des Verbrechens der Untreue nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB (A) und des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG (B) schuldig erkannt.
Danach hat er
A) in S***** zum Nachteil der in N***** situierten L***** GmbH dazu beigetragen, dass Peter W***** die ihm durch Rechtsgeschäft, nämlich Anstellungsvertrag, eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich missbrauchte und dadurch nachgenannten Firmen einen Vermögensnachteil zufügte, wobei sie einen 50.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführten, „indem Peter W***** seine Berechtigung, über Firmengelder zu verfügen, dazu einsetzte, das Privatkonto des Angeklagten bei der B***** zu befüllen, worauf der Angeklagte die Gelder abredegemäß behob und auf sich und Peter W***** aufteilte“, nämlich
I) im Zeitraum Dezember 1999 bis November 2000 umgerechnet 214.457,45 Euro der L***** GmbH;
II) im Zeitraum 2002 bis April 2007 umgerechnet 597.160,77 Euro der L***** Ltd (in der Folge: LS*****);
B) in B*****, wenn auch nur fahrlässig, unbefugt eine genehmigungspflichtige Schusswaffe besessen, indem er mehrere Jahre lang bis zum 26. April 2007 eine Pistole Marke Astra Unceta CIA Guernica Nr 186890 bei sich zu Hause verwahrte.
Dagegen wendet sich die auf Z 4, 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Sie verfehlt ihr Ziel.
Entgegen dem Vorbringen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung bzw Nichterledigung der Anträge auf Ladung und Vernehmung der Zeugen Peter W***** sowie Andreas Li*****, Bob C***** und Andreas H***** Verteidigungsrechte nicht geschmälert.
Der Zeuge Peter W***** hatte außerhalb der Hauptverhandlung unmissverständlich erklärt, nicht auf sein Aussageverweigerungsrecht (§ 157 Abs 1 Z 1 StPO) verzichten zu wollen (ON 149, 160). Die von der Beschwerde monierte - Ladung des Zeugen zur Hauptverhandlung konnte daher ohne Nichtigkeitssanktion unterbleiben, zumal der Antragsteller im Verfahren nicht dargetan hat, weshalb erwartet werden könne, dass sich der Zeuge gleichwohl zur Aussage bereit finden werde (RIS Justiz RS0117928).
Die Zeugen Li*****, C***** und H***** wurden zum Beweis dafür beantragt, dass „diese Zeugen nicht nur darüber Bescheid wissen, dass der Angeklagte mit den Agenden der Erfassung bzw Ausstellung von Gutschriften sowie der Überweisung nichts zu tun hatte, sondern wissen diese auch, dass die Provisionshöhen bei L***** je nach Arten der Kräne durchaus unterschiedlich waren und bei schwierigen Märkten zB in Norwegen und Russland Provisionen bis zu 16 % vereinbart wurden“ (ON 168 S 22 f). Die Zeugen Li***** und C***** wurden auch zum Beweis dafür begehrt, dass der Angeklagte Ende des Jahres 2000 mit ihnen konkret über die Veranlagung der von Harald M***** hergegebenen Gelder gesprochen habe.
Diese Anträge durften die Tatrichter sanktionslos abweisen, weil sie die Beweisthemen ohnehin als erwiesen angesehen haben (US 28 f; Ratz , WK StPO § 281 Rz 342). Weshalb die erstgerichtliche Annahme, der Angeklagte habe mit der direkten Erfassung und Ausstellung von Gutschriften sowie mit den Überweisungen nichts zu tun, im Gegensatz zu den Feststellungen über seine Beteiligungshandlungen stehen soll (US 12 f), vermag die Rüge nicht nachvollziehbar darzustellen. Die in der Beschwerde nachgetragenen Gründe als Versuch einer Fundierung des Antrags sind angesichts der auf Nachprüfung der erstgerichtlichen Vorgangsweise angelegten Konzeption des Nichtigkeitsverfahrens und des damit auch für die Prüfung eines Zwischenerkenntnisses verbundenen Neuerungsverbots unbeachtlich (RIS Justiz RS0099618).
Der Mängelrüge zuwider blieben die Feststellungen zur subjektiven Tatseite - auch in Bezug auf die Überschreitung der Wertgrenze des § 153 Abs 2 zweiter Fall StGB - nicht ohne Begründung (Z 5 vierter Fall), sondern wurden logisch und empirisch einwandfrei aus dem objektiven Geschehen (US 28) sowie aus der Person des Angeklagten („pedantische und gewissenhafte Art“ im Umgang mit Geldern) und den Unstimmigkeiten in seiner Verantwortung abgeleitet (US 16 ff).
Die Frage, ob der Angeklagte in bestimmten Fällen eine Zustimmung zu den Gutschriften gab, betrifft keine entscheidende Tatsache, wird ihm doch ein solches Verhalten nach den erstgerichtlichen Annahmen zum Schuldspruch nicht vorgeworfen. Insofern können auch die Ausführungen der Beschwerde zu vermeintlichen in diesem Zusammenhang bestehenden Widersprüchen (Z 5 dritter Fall) auf sich beruhen.
Wenn die Beschwerde vorbringt, es sei „durch nichts begründet oder bewiesen“, dass Peter W***** seine Befugnis wissentlich überschritt, bekämpft sie lediglich die Beweiswürdigung der Erstrichter, ohne einen Begründungsmangel darstellen zu können. Soweit sie Konstatierungen zu konkreten Bestimmungs handlungen (§ 12 zweiter Fall StGB) des Angeklagten vermisst (inhaltlich Z 9 lit a), ist sie auf den Schuldspruch des Harald M***** wegen Beitrags täterschaft (§ 12 dritter Fall StGB) zu verweisen.
Die Argumentation, der Angeklagte habe „allenfalls noch etwas von den Gutschriften (im Betrag von 311.512,91 BP) wissen“ können, „von irgendwelchen anderen Malversationen“ aber nichts, spricht mit Blick auf diesen weit über 50.000 Euro liegenden Schaden wiederum keine entscheidende Tatsache an. Gleiches gilt für den nicht weiter konkretisierten Einwand, der im Spruch angegebene Schaden in der Höhe von 811.618,22 Euro decke sich nicht mit den in den Gründen festgestellten Schadensbeträgen.
Das zum Schuldspruchfaktum A erstattete Vorbringen der Rechtsrüge (Z 9 lit a), der Schaden sei nicht bei der LS*****, sondern bei anderen Unternehmen eingetreten, geht prozessordnungswidrig nicht von den Feststellungen US 3 und 12 aus. Dass der Schaden dritte Unternehmen betreffe, ist somit bloß eine eigenständige beweiswürdigende Erwägung des Beschwerdeführers.
Soweit der Beschwerdeführer als Nichtigkeit nach Z 5 dritter Fall iVm Z 10 bemängelt, der Schaden sei im Spruch in Eurobeträgen angegeben, in den Feststellungen fänden sich aber lediglich Britische Pfund Beträge, spricht er mit Blick auf die Qualifikationsgrenze von 50.000 Euro (und den notorischen Wechselkurs) ebenso wenig eine entscheidende Tatsache an wie mit der Kritik an der Annahme eines Devisenmittelkurses vom 1. Oktober 2007 durch das Erstgericht (US 30).
Schließlich vermisst die Subsumtionsrüge (Z 10) unter Zitierung einer Urteilspassage, in der der unmittelbare Täter Peter W***** „als Buchhalter und nachfolgend als kaufmännischer Geschäftsführer für Finanz und Rechnungswesen“ (US 11) bezeichnet wird, Feststellungen über dessen konkrete rechtliche Verfügungsbefugnis. Dabei übergeht sie aber die hinreichend deutlichen Konstatierungen, dass der unmittelbare Täter als kaufmännischer Leiter und später als Geschäftsführer der LS***** berechtigt war, über Firmengelder zu verfügen (US 3, 12, 18; zu einzelnen Verfügungshandlungen vgl auch US 6, 7 und 9; Ratz , WK StPO § 281 Rz 19).
Zum Urteilsfaktum B macht die Rechtsrüge (Z 9 lit a) geltend, das Erstgericht habe die Voraussetzungen fahrlässigen Handelns zwar auf das Verboten-Sein der Schusswaffe, nicht aber auf deren Besitz bezogen. Sie sagt damit aber nicht, welche Feststellungen über jene auf US 12, wonach der Angeklagte die Schusswaffe über mehrere Jahre bei sich zu Hause verwahrte, ihrer Ansicht nach noch erforderlich gewesen wären. Ausdrückliche Konstatierungen zur Frage, ob es sich bei der nach den Urteilsannahmen vom Angeklagten verwahrten Pistole der Marke Astra Unceta CIA Guernica Nr 186890 um eine genehmigungspflichtige Waffe (s § 19 Abs 1 WaffG: „Faustfeuerwaffen“) handelte, bedurfte es ebenfalls nicht.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Innsbruck zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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