JudikaturOGH

11Os144/10a – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Dezember 2010

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Dezember 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Dr. Bachner-Foregger und Mag. Michel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Koller als Schriftführer, in der Strafsache gegen Daniel T***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13. Juli 2010, GZ 041 Hv 70/10b-62, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Daniel T***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 4 Z 3 SMG (A./I./) sowie der Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (A./II./), des Handels mit psychotropen Stoffen nach § 31a Abs 1 fünfter Fall SMG (A./III./) und des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (B./) schuldig erkannt.

Danach hat er zwischen Jänner 2009 und 23. März 2010 in Wien - zusammengefasst wiedergegeben -

A./ im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Bernhard S***** als Mittäter (§ 12 StGB) vorschriftswidrig

I./ Suchtgift in einer das Fünfundzwangzigfache der Grenzmenge des § 28b SMG übersteigenden Menge im Spruch namentlich angeführten sowie unbekannt gebliebenen Personen in Teilmengen durch gewinnbringenden Verkauf überlassen, und zwar insgesamt 3.540 Gramm Cannabiskraut mit durchschnittlichem Wirkstoffgehalt von zumindest 4 % THC, mindestens 4.000 Substitol-Kapseln zu je 200 mg beinhaltend jeweils 150 mg reine Morphinbase, mindestens 500 Gramm Heroin mit durchschnittlichem Wirkstoffgehalt von zumindest 3 % Diacetylmorphin sowie 15 Gramm Cannabisharz mit durchschnittlichem Wirkstoffgehalt von mindestens 4 % THC (A./I./1./ bis 4./);

II./ Suchtgift in einer die Grenzmenge des § 28b SMG übersteigenden Menge mit dem Vorsatz erworben und besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, und zwar 129 Substitol-Kapseln zu je 200 mg beinhaltend jeweils 150 mg reine Heroinbase, 57,75 Gramm Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von mindestens 4 % THC, 5 Compensankapseln zu je 200 mg beinhaltend je 150 mg reine Morphinbase und 1,11 Gramm brutto Heroin mit einem Wirkstoffgehalt von 22,7 % Heroinbase, 1,09 % Monoacetylmorphin und 53 % Metamphetamin.HCI;

III./ psychotrope Stoffe in einer die Grenzmenge des § 31b SMG vielfach, jedoch nicht das Fünfzehnfache übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er 2.500 Somnubene Tabletten zu je 1 mg Flunitrazepam an Kerstin St***** und unbekannt gebliebene Abnehmer in Teilmengen gewinnbringend verkaufte (1./ und 2./);

B./ ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen, und zwar Cannabiskraut und Heroin.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die sich auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO stützt. Sie schlägt fehl.

Indem die Mängelrüge (Z 5) vorwiegend releviert, das Erstgericht hätte andere, für den Angeklagten günstigere Feststellungen treffen müssen, ein arbeitsteiliges Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Mittäter sei aufgrund dessen schlechten Gesundheitszustands gar nicht möglich gewesen und weiters den auf das Überschreiten des Fünfundzwangzigfachen der Grenzmenge gerichteten Vorsatz in Abrede stellt (der Sache nach Z 10; vgl RIS-Justiz RS0117464 zur Rechtsnatur als eine Art Zusammenrechnungsgrundsatz für jeweils große Mengen), erschöpft sie sich in einer Bestreitung der gegenteiligen Urteilsannahmen (US 8 bis 11). Undeutlichkeit der Entscheidungsbegründung (Z 5 erster Fall) liegt nämlich nur vor, wenn aus objektiver Sicht nicht unzweifelhaft erkennbar ist, ob und aus welchen Gründen entscheidende Tatsachen in den Entscheidungsgründen festgestellt wurden, offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) ist eine Begründung, wenn sie den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht.

Indem der Nichtigkeitswerber ohne sich an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe zu orientieren, die erstgerichtlichen Annahmen bloß - nach Art einer gegen kollegialgerichtliche Urteile gesetzlich nicht vorgesehenen Schuldberufung - dahingehend bekämpft, diese hätten so nicht getroffen werden dürfen, wird kein formales Begründungsdefizit geltend gemacht ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 394).

Gegenstand von Rechts- und Subsumtionsrüge ist der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt. Den tatsächlichen Bezugspunkt bildet dabei die Gesamtheit der in den Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen, zu deren Verdeutlichung das Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) herangezogen werden kann. Von diesem Gesamtzusammenhang ausgehend ist zur Geltendmachung eines aus § 281 Abs 1 Z 9 oder Z 10 StPO gerügten Fehlers klarzustellen, aus welchen ausdrücklich zu bezeichnenden Tatsachen (einschließlich der Nichtfeststellung von Tatsachen) welche rechtliche Konsequenz (§§ 259, 260 Abs 1 Z 2 StPO) hätte abgeleitet werden sollen (RIS-Justiz RS0117247; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 581, 584).

Indem sich sowohl die Rechts- wie auch die Subsumtionsrüge zur Gänze über die Urteilsfeststellungen (US 6 bis 9) hinwegsetzen und vorbringen, das Erstgericht hätte seiner Entscheidung „keineswegs ... eine kontinuierliche Begehung und den ... Additionseffekt zugrundelegen dürfen“, weswegen es einen Freispruch zu fällen bzw lediglich von „einem allenfalls unerlaubten Umgang mit Suchtgiften gemäß § 27 SMG“ auszugehen gehabt hätte, sind auch sie nicht der Prozessordnung gemäß ausgeführt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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