JudikaturOGH

12Os159/10i – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. November 2010

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. November 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bayer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mag. Karl N***** wegen der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 20. Juli 2010, GZ 17 Hv 3/08d 100, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Dem angefochtenen, im dritten Rechtsgang ergangenen Urteil liegen Schuldsprüche wegen der Verbrechen der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB, des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 und Abs 2 StGB, des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB, der schweren Nötigung nach §§ 105, 106 Abs 1 Z 1 und Z 3 StGB sowie wegen der Vergehen der pornographischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs 1 Z 1 StGB zu Grunde. Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten hiefür nach § 206 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe von 7 ½ Jahren. Gemäß § 21 Abs 2 StGB wurde der Angeklagte in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Den Strafausspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

In der Sanktionsrüge (Z 11) beanstandet der Beschwerdeführer zunächst die Annahme der vom Erstgericht als erschwerend gewerteten verwerflichen Beweggründe, weil es im Wesen von strafrechtlich typisierten Delikten, insbesondere der ihm vorgeworfenen Verbrechen nach § 206 Abs 1 StGB sowie § 207 Abs 1 und Abs 2 StGB liege, dass diese Straftaten aus verabscheuenswerten Motiven begangen werden. Damit übergeht der Rechtsmittelwerber, dass der Gesetzgeber im § 33 Z 5 StGB einen über die Tatbegehung per se hinausgehenden Vorwurf eines besonders verwerflichen Tatantriebs als Strafschärfungsgrund vorsieht; er kritisiert damit lediglich das Gesetz.

Der weitere, eine Missachtung des Verbots einer Doppelverwertung behauptende Einwand, wonach die vom Schöffengericht als erschwerend berücksichtigte heimtückische, grausame und qualvolle Weise der Tatbegehung den ihm angelasteten Straftaten nach § 206 Abs 1 StGB und § 202 Abs 1 StGB wesensimmanent sei, ist gleichfalls unberechtigt. Denn in keinem der dem Angeklagten zur Last liegenden Verbrechen und Vergehen wird eine heimtückische oder grausame Weise der Tatbegehung als Tatbestands- oder Qualifikationsmerkmal vorausgesetzt. Eine qualvolle Tatbegehungsweise im Sinn der Versetzung in einen qualvollen Zustand durch längere Zeit hindurch ist lediglich bei den Verbrechen der schweren Nötigung nach § 106 Abs 1 Z 2 StGB und § 202 Abs 2 zweiter Fall StGB als (vom erkennenden Gericht in den Schuldsprüchen jeweils aber nicht angenommenes) Qualifikationsmerkmal vorgesehen. Weshalb daher hinsichtlich aller dem Angeklagten vorgeworfener Straftaten diese vom Erstgericht als aggravierend angenommenen Momente nicht als Erschwerungsumstand herangezogen werden dürften, wird in der Beschwerde nicht dargetan.

Gleiches gilt für die unter Verweis auf die vom Schuldspruch nach § 206 Abs 1 StGB betroffenen unmündigen Tatopfer erhobene Kritik eines abermaligen Verstoßes gegen das Verbot der Doppelverwertung betreffend die dem Angeklagten vom Erstgericht (allgemein und nicht spezifisch zu diesen Straftaten an Unmündigen) vorgeworfene Ausnutzung der Wehr und Hilflosigkeit der Opfer. Weshalb dieser Erschwerungsgrund bei einem mündigen Tatopfer (Christiana R***** hinsichtlich der Verbrechen nach § 105 Abs 1, § 106 Abs 1 Z 1 und Z 3 StGB in Bezug auf Taten ab dem 26. Oktober 2010) ausgeschlossen sein sollte, wird in der Rüge gleichfalls nicht ausgeführt.

Soweit der Beschwerdeführer in den genannten Fällen dem Sinne nach Begründungsmängel zu den angenommenen Erschwerungsumständen geltend macht, führt er inhaltlich eine Berufung aus (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 680).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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