JudikaturOGH

12Os146/10b – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. November 2010

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. November 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bayer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Vasile P***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen durch Einbruch verübten Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 17. Mai 2010, GZ 6 Hv 48/10y 73, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Vasile P***** des Verbrechens des (richtig:) schweren gewerbsmäßigen durch Einbruch verübten Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er fremde bewegliche Sachen in einem 50.000 Euro übersteigenden Wert Nachgenannten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch Einbruch in ein Transportmittel und in ein Gebäude weggenommen, wobei er die strafbare Handlung in der Absicht vornahm, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar

I.) im Zeitraum 10. bis 11. November 2008 in S***** dem Markus N***** einen versperrten Klein LKW im Wert von 4.500 Euro durch Aufbrechen und

II.) am 11. November 2008 in B*****, Verfügungsberechtigten der K***** Handelsgesellschaft Parfum und Bekleidungsartikel im Wert von 123.756 Euro durch Aufbrechen dreier Sicherheitstüren eines Einkaufzentrums.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Dieser war in der Hauptverhandlung durch den gewählten Verteidiger Rechtsanwalt Mag. Hermann S***** (ON 50, 72) vertreten. Er meldete noch in der Hauptverhandlung Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, ohne Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt zu bezeichnen und Tatumstände, die einen Nichtigkeitsgrund bilden sollen, ausdrücklich oder doch durch deutliche Hinweisung anzuführen (S 23 in ON 72).

Die schriftliche Urteilsausfertigung wurde seinem Wahlverteidiger samt Protokoll über die Hauptverhandlung am 6. August 2010 zugestellt (siehe Verfügung und Zustellnachweis S 44 in ON 73).

Mit Schreiben vom 11. August 2010 teilte der Wahlverteidiger dem Gericht die Vollmachtsaufkündigung „mit Wirkung zum 10. August 2010“ mit (ON 75), woraufhin von Amts wegen am 13. August 2010 vom Vorsitzenden des Schöffengerichts für den Angeklagten die Beigebung eines Verteidigers nach § 61 Abs 2 StPO (Verfahrenshilfeverteidiger) beschlossen wurde (ON 75, 76), den die Steiermärkische Rechtsanwaltskammer mit Bescheid vom 16. August 2010 bestellte (ON 77).

Am 7. September 2010 führte dieser im elektronischen Rechtsverkehr bei Gericht Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung aus (ON 78).

Die vierwöchige Frist zur Ausführung der Rechtsmittel, die mit Zustellung der Urteilsausfertigung somit am 6. August 2010 begann (§§ 285 Abs 1, 294 Abs 2 StPO), hatte jedoch bereits mit Ablauf des 3. September 2010 geendet (§ 84 Abs 1 StPO).

Wurde durch eine Zustellung an den Verteidiger eine Frist ausgelöst, so wird deren Lauf nicht dadurch unterbrochen oder gehemmt, dass die Vollmacht des Verteidigers zurückgelegt oder gekündigt wird. In diesem Fall hat der Verteidiger weiterhin die Interessen des Beschuldigten/Angeklagten zu wahren und innerhalb der Frist erforderliche Prozesshandlungen nötigenfalls vorzunehmen, es sei denn, der Beschuldigte/Angeklagte hätte ihm dies ausdrücklich untersagt (§ 63 Abs 2 StPO). Im vorliegenden Fall hätte der gewählte Verteidiger daher ungeachtet der Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers für das weitere Verfahren bis spätestens 3. September 2010 eine Nichtigkeitsbeschwerde ausführen müssen. Die vom Verfahrenshelfer am 7. September 2010 eingebrachte Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich daher als verspätet (RIS Justiz RS0116182, RS0111615). Auf die dortigen - im Übrigen auch inhaltlich nicht erfolgversprechenden - Argumente war daher nicht weiter einzugehen (vgl RIS Justiz RS0100168).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war somit bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Graz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO; vgl RIS Justiz RS0100494).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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