12Os66/10p – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 11. November 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bayer als Schriftführerin in der Strafsache gegen W***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten W*****, die Berufung der Staatsanwaltschaft sowie die Berufungen der Privatbeteiligten F***** GmbH und D***** SA gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 24. Juni 2009, GZ 15 Hv 147/08s 62, und über die Beschwerde der Privatbeteiligten F***** GmbH nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde W***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB (A./), der Vergehen nach § 122 Abs 1 Z 1 GmbHG (B./) sowie der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 Abs 1, Abs 2 und Abs 4 Z 1 iVm Abs 5 Z 1, 2, 3 und 4 StGB iVm § 161 Abs 1 StGB (C./ und D./) und des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (E./) schuldig erkannt.
Danach hat er
A./ in der Zeit von Oktober 2003 bis Anfang Februar 2007 in Klagenfurt die ihm aufgrund des Treuhandvertrags vom 28. Dezember 1998 seitens der F***** GmbH durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über das Vermögen der im mittelbaren und wirtschaftlichen Alleineigentum der F***** GmbH stehenden C***** GmbH als deren treuhändiger Gesellschafter und Geschäftsführer zu verfügen, wissentlich missbraucht, indem er Personen, Räumlichkeiten, EDV Ausstattung, Vertriebsnetz, Homepage, Marke und Logo sowie sonstige Ressourcen der C***** GmbH zumindest teilweise zur Besorgung und Abwicklung des Geschäftsbetriebs der von ihm treuwidrig gegründeten C***** W***** GmbH verwendete und dadurch der F***** GmbH als Eigentümerin der C***** GmbH einen derzeit der Höhe nach nicht feststellbaren, jedenfalls jedoch 50.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteil zufügte;
B./ in Berichten, Darstellungen und Übersichten betreffend die nachangeführten Gesellschaften, die an die Öffentlichkeit oder an die Gesellschafter gerichtet waren, die Verhältnisse der Gesellschaften oder erhebliche Umstände, auch wenn sie nur einzelne Geschäftsfälle betrafen, unrichtig wiedergegeben, verschleiert oder verschwiegen, indem er
I./ in der Zeit von Anfang 2004 bis Anfang 2007 als Geschäftsführer der C***** GmbH unrichtige Jahresabschlüsse erstellen und diese der Alleingesellschafterin F***** GmbH vorlegen sowie die unrichtigen Jahresabschlüsse überdies dem Finanzamt und dem Firmenbuch übermitteln ließ, wobei
a./ zum Bilanzstichtag 31. März 2004 durch Nichtverbuchen von Eingangsrechnungen und Verbuchen nicht realisierter Umsätze anstelle eines Jahresfehlbetrags von 41.700 Euro ein Jahresüberschuss von 180.800 Euro und damit ein Bilanzgewinn von 352.300 Euro ausgewiesen wurde;
b./ zum Bilanzstichtag 31. März 2005 durch Nichtverbuchen von Eingangsrechnungen und Verbuchen nicht realisierter Umsätze anstelle eines Bilanzverlusts von 574.100 Euro ein Bilanzgewinn von 615.000 Euro ausgewiesen wurde;
c./ zum Bilanzstichtag 31. März 2006 durch Nichtverbuchen von Eingangsrechnungen, Aufwerten von Lager und Lizenzlager sowie Verbuchen einer fiktiven Ausgangsrechnung und nicht realisierter Umsätze anstelle eines Bilanzverlusts von 1.314.900 Euro ein Bilanzgewinn von 286.300 Euro ausgewiesen wurde;
II./ im Juni 2006 als Geschäftsführer der C***** GmbH einen unrichtigen Jahresabschluss erstellen und diesen dem Finanzamt und dem Firmenbuch übermitteln ließ, wobei zum Bilanzstichtag 30. Juni 2006 durch Nichtverbuchen von Eingangsrechnungen anstelle eines Jahresfehlbetrags von 345.000 Euro ein Jahresüberschuss von 130.900 Euro und damit ein Bilanzgewinn von 131.900 Euro ausgewiesen wurde;
C./ als Geschäftsführer der C***** GmbH grob fahrlässig durch kridaträchtiges Handeln
I./ ab 2004 deren spätestens Ende März 2005 eingetretene Zahlungsunfähigkeit dadurch herbeigeführt und einen 800.000 Euro übersteigenden Befriedigungsausfall deren Gläubiger bewirkt, dass er entgegen Grundsätzen ordentlichen Wirtschaftens
1./ bedeutende Bestandteile deren Vermögens verschleuderte, indem er
a./ aufgrund fälschlich ausgewiesener Bilanzgewinne zu den Stichtagen 31. März 2004 und 31. März 2005 einen Mehrbetrag an Körperschaftssteuer in der Gesamthöhe von 232.300 Euro an das Finanzamt abführen musste;
b./ im zunehmenden Maße Geschäfte mit negativen Deckungsbeiträgen abwickelte, somit Warenverkäufe vornahm, die bereits ohne Berücksichtigung der Personal und Verwaltungskosten zu einem Verlust führten;
2./ Geschäftsbücher und geschäftliche Aufzeichnungen so führte, dass ein zeitnaher Überblick über die wahre Vermögens , Finanz und Ertragslage der Gesellschaft erheblich erschwert wurde;
II./ in der Zeit von April 2005 bis 29. Jänner 2007 in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis deren Zahlungsunfähigkeit die Befriedigung wenigstens eines deren Gläubiger dadurch vereitelt oder geschmälert, dass er entgegen Grundsätzen ordentlichen Wirtschaftens
1./ bedeutende Bestandteile des Vermögens der Gesellschaft verschleuderte oder verschenkte, indem er
a./ aufgrund des fälschlich ausgewiesenen Bilanzgewinns zum Stichtag 31. März 2005 in Vollziehung eines diesbezüglichen Gesellschafterbeschlusses den restlichen Gewinnvortrag in der Höhe von 50.350,30 Euro an die F***** GmbH als Alleingesellschafterin ausschütten musste;
b./ aufgrund des fälschlich ausgewiesenen Bilanzgewinns zum Stichtag 31. März 2006 einen Mehrbetrag an Körperschaftssteuer in der Höhe von 93.200 Euro und Vorauszahlungen an Körperschaftssteuer für das Geschäftsjahr 2007 in der Höhe von 82.100 Euro (zusammen 175.300 Euro) an das Finanzamt abführen musste;
c./ die Auszahlung eines ihm aufgrund des fälschlich ausgewiesenen Bilanzgewinns zum Stichtag 31. März 2006 zuerkannten Bilanzgelds in der Höhe von 34.600 Euro veranlasste;
d./ weiterhin Geschäfte mit negativen Deckungsbeiträgen abwickelte, somit Warenverkäufe vornahm, die bereits unter Berücksichtigung der Personal- und Verwaltungskosten zu einem Verlust führten;
2./ Geschäftsbücher oder geschäftliche Aufzeichnungen so führte, dass ein zeitnaher Überblick über die wahre Vermögens , Finanz und Ertragslage der Gesellschaft erheblich erschwert wurde;
D./ als Geschäftsführer der C***** Handels GmbH grob fahrlässig durch kridaträchtiges Handeln
I./ ab 2005 deren spätestens Ende Juni 2006 eingetretene Zahlungsunfähigkeit dadurch herbeigeführt und einen 800.000 Euro übersteigenden Befriedigungsausfall deren Gläubiger bewirkt, dass er entgegen Grundsätzen ordentlichen Wirtschaftens
1./ bedeutende Bestandteile des Vermögens der Gesellschaft verschleuderte, indem er Geschäfte mit negativen Deckungsbeiträgen abwickelte, somit Warenverkäufe vornahm, die bereits ohne Berücksichtigung der Personal- und Verwaltungskosten zu einem Verlust führten;
2./ durch ein außergewöhnlich gewagtes Geschäft, das nicht zu deren gewöhnlichen Wirtschaftsbetrieb gehörte, nämlich durch Gewährung eines Darlehens von 200.000 Euro für ein ausländisches Investitionsprojekt, übermäßig hohe Beträge ausgab;
3./ durch Verwenden von Firmengeldern in der Höhe von insgesamt 556.814,17 Euro für sein Privathaus und andere private Zwecke übermäßigen, mit den Vermögensverhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Gesellschaft in auffallendem Widerspruch stehenden Aufwand trieb;
II./ in der Zeit von Juli 2006 bis 6. März 2007 in Kenntnis deren Zahlungsunfähigkeit die Befriedigung wenigstens eines deren Gläubiger dadurch vereitelt oder geschmälert, dass er entgegen Grundsätzen ordentlichen Wirtschaftens
1./ bedeutende Bestandteile deren Vermögens verschleuderte, indem er
a./ aufgrund des fälschlich ausgewiesenen Bilanzgewinns zum Stichtag 30. Juni 2006 Körperschaftssteuer in der Höhe von 41.300 Euro und Vorauszahlungen an Körperschaftssteuer für das Geschäftsjahr 2007 in der Höhe von 24.000 Euro (zusammen 65.300 Euro) an das Finanzamt abführen musste;
b./ weiterhin Geschäfte mit negativen Deckungsbeiträgen abwickelte, somit Warenverkäufe vornahm, die bereits ohne Berücksichtigung der Personal- und Verwaltungskosten zu einem Verlust führten;
2./ durch Verwenden weiterer Firmengelder in der Höhe von 101.185,83 Euro für private Zwecke übermäßigen, mit den Vermögensverhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Gesellschaft in auffallendem Widerspruch stehenden Aufwand trieb;
E./ nachgenannte Finanzierungs und Kreditinstitute durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die sie am Vermögen im Ausmaß von zusammen mehr als 50.000 Euro schädigten:
I./ als Geschäftsführer der C*****GmbH mit dem Vorsatz, diese durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern,
1./ in der Zeit von 30. Dezember 2006 bis 24. Jänner 2007 Angestellte der F***** S.A., die sich vertraglich zur Vorfinanzierung von Warenlieferungen der W***** Limited verpflichtet hatte, durch Täuschung über das Vorliegen von Finanzierungsfällen, nämlich durch Vorlegen von 14 Scheinrechnungen (Rechnung ohne Lieferung), die nach kurzer Zeit storniert wurden und daher keinerlei Warenlieferungen betrafen, zur Überweisung von Vorschüssen in der Gesamthöhe von 852.354,88 USD (rund 637.370 Euro);
2./ durch Täuschung über das Vorliegen von Warenwechseln und Verschweigen der mangelnden (gemeint:) Solvenz der B***** GmbH als Wechselbezogene wie auch der C***** GmbH als Wechselausstellerin
a./ in der Zeit von 2. Oktober 2006 bis 18. Jänner 2007 Angestellte der H*****-Bank zur Diskontierung von insgesamt 48 Wechseln und Gutbuchung der Wechselsummen in der Gesamthöhe von 1.484.857 Euro;
b./ in der Zeit vom 18. September bis 16. November 2006 Angestellte der B***** AG zur Diskontierung von insgesamt 25 Wechseln und Gutbuchung der Wechselsummen in der Gesamthöhe von 930.612,90 Euro;
c./ in der Zeit von 30. Oktober bis 27. November 2006 Angestellte der E***** AG zur Diskontierung von insgesamt 4 Wechseln und Gutbuchung der Wechselsummen in der Gesamthöhe von 110.815 Euro;
3./ durch Täuschung über das Vorliegen von Warenwechseln und Verschweigen der mangelnden Solvenz der G***** GmbH als Wechselbezogene wie auch der C***** GmbH als Wechselausstellerin
a./ in der Zeit vom 17. Jänner 2007 bis 24. Jänner 2007 Angestellte der B***** AG zur Diskontierung von insgesamt 4 Wechseln und Gutbuchung der Wechselsummen in der Gesamthöhe von 140.000 Euro;
b./ in der Zeit vom 12. bis 23. Jänner 2007 Angestellte der E***** AG zur Diskontierung von insgesamt 5 Wechseln und Gutbuchung der Wechselsummen in der Gesamthöhe von 170.000 Euro;
II./ als Geschäftsführer und Alleingesellschafter der C***** W***** GmbH mit dem Vorsatz, sich und die Gesellschaft durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,
1./ in der Zeit von 29. November 2006 bis 16. Jänner 2007 Angestellte der F***** S.A., die sich vertraglich zur Vorfinanzierung von Warenlieferungen der W***** Limited verpflichtet hatte, durch Täuschung über das Vorliegen von Finanzierungsfällen, nämlich durch Vorlegen von vier Scheinrechnungen, die nach kurzer Zeit wieder storniert wurden und daher keinerlei Warenlieferungen betrafen, zur Überweisung von Vorschüssen in der Gesamthöhe von 173.554,86 USD (= rund 129.780 Euro);
2./ in der Zeit von 7. November 2006 bis 30. Jänner 2007 Angestellte der H*****-Bank durch Täuschung über das Vorliegen von Warenwechseln und Verschweigen der mangelnden Solvenz der B***** GmbH als Wechselbezogene wie auch der C***** GmbH als Wechselausstellerin zur Diskontierung von insgesamt 18 Wechseln und Gutbuchung der Wechselsummen in der Gesamthöhe von 512.030 Euro;
3./ am 23. Jänner 2007 Angestellte der E***** AG durch Täuschung über das Vorliegen von Warenwechseln und Verschweigen der mangelnden Solvenz der G***** GmbH als Wechselbezogene wie auch der C***** GmbH als Wechselausstellerin zur Diskontierung eines Wechsels und Gutbuchung der Wechselsumme von 30.000 Euro.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des vom Verteidiger vorerst schriftlich gestellten (ON 59), in der Hauptverhandlung vom 24. Juni 2009 mündlich vorgetragenen (S 75 in ON 61) Antrags auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen gemäß § 127 Abs 3 StPO Verteidigungsrechte nicht geschmälert.
In diesem, am 17. Juni 2009 schriftlich bei Gericht eingelangten, vom Vorsitzenden umgehend dem zur Hauptverhandlung geladenen Sachverständigen D***** übermittelten (S 27 in ON 1) Antrag (ON 59) begehrte der Rechtsmittelwerber die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens mit der Begründung, dass sich der gerichtlich bestellte Sachverständige mit der Frage des tatsächlichen Werts des von den C*****-Gesellschaften verwalteten Lizenzenpools, der Lagerbestände sowie des Marken- und Firmenwerts bislang „nicht einmal ansatzweise auseinandergesetzt“ habe bzw aufgrund seiner „mangelnden Kenntnis des österreichischen und europäischen Lizenzmarkts auf dem Geflügelsektor“ auch nicht in der Lage sei, diese Frage zu beantworten. Das Gutachten eines mit dem Lizenzmarkt vertrauten Sachverständigen werde ergeben, dass die C*****-Gesellschaften bzw die von diesen gehaltenen und verwalteten Lizenzen einen sämtliche Kreditlinien übersteigenden Vermögenswert darstellten.
Nach dem Vortrag und der Erörterung des Gutachtens in der Hauptverhandlung vom 24. Juni 2009, in welcher der Sachverständige D***** ausführlich zu sämtlichen Problemkreisen Stellung nahm (S 24 bis 57 in ON 61), bestand für den Verteidiger und den Angeklagten die von diesen auch umfassend genutzte Gelegenheit, Fragen an den Experten zu richten und diesen mit der im schriftlichen Antrag vom 17. Juni 2009 vorgebrachten Kritik zu konfrontieren (S 57 bis 73 in ON 61).
Trotz Erörterung bzw Ergänzung des Gutachtens und Beantwortung der Fragen der Beteiligten durch den Sachverständigen hielt der Rechtsmittelwerber ohne weiteres Vorbringen seinen schriftlichen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen gemäß § 127 Abs 3 StPO unverändert aufrecht (S 75 in ON 61). Inwiefern die Expertise in ihrer ergänzten Fassung widersprüchlich oder sonst mangelhaft sein sollte, ließ der Antrag solcherart nicht erkennen. Mit Blick auf § 127 Abs 3 erster Satz StPO hätte der Beschwerdeführer jedoch fundiert darlegen müssen, weshalb D***** die behaupteten Bedenken in der Hauptverhandlung nicht aufgeklärt habe, dieses Gutachten also trotz erfolgter Erörterung und Ergänzung weiterhin Mängel iSd § 127 Abs 3 StPO aufgewiesen habe (vgl RIS Justiz RS0102833).
Die in der Beschwerde nachgetragenen Argumente für die Notwendigkeit der Beiziehung eines weiteren Sachverständigen sind prozessual verspätet, weil die Berechtigung eines in der Hauptverhandlung gestellten Antrags stets auf den Antragszeitpunkt bezogen zu prüfen ist (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 325).
Soweit der Nichtigkeitswerber die Vorgehensweise des Schöffengerichts bei der Vernehmung des Angeklagten unter Bezug auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO kritisiert und einen Verstoß gegen § 245 Abs 1 StPO sowie gegen Art 6 MRK behauptet, übersieht er, dass die Geltendmachung des in Rede stehenden Nichtigkeitsgrundes einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag voraussetzt, über den entweder nicht oder nicht im Sinne des Antragstellers erkannt worden ist (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 302 ff). Diese Voraussetzung fehlt nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls.
Die nach der Erklärung, keine weiteren Beweisanträge mehr zu stellen (S 75 in ON 61), erhobene „Rüge“, dass „hinsichtlich des Angeklagten keine zusammenhängende Einvernahme zu sämtlichen Anklagefakten durchgeführt wurde“ (S 76 in ON 61), ist einem Antrag nicht gleichzusetzen. Dazu kommt, dass mit dieser unsubstantiierten Behauptung auch nicht dargetan wurde, inwiefern und zu welchen konkreten Punkten die Vernehmungen des Angeklagten in der Hauptverhandlung am 7. Jänner 2009 (S 7 f und S 10 bis S 19 in ON 26), am 9. Jänner 2009 (S 3 und S 47 f in ON 29), am 4. März 2009 (S 4 bis S 53 in ON 39), am 29. März 2009 (S 4, S 12, S 17, S 22, S 24 und S 27 in ON 54) und am 24. Juni 2009 (S 3, S 7, S 76 bis S 77 in ON 61) in Verbindung mit der vom Angeklagten in der Hauptverhandlung am 7. Jänner 2009 vorgelegten, allen Beteiligten ausgefolgten schriftlichen Gegendarstellung (Beilage ./1a zu ON 26: 44 Seiten samt bezughabenden Unterlagen), welche der Nichtigkeitswerber in der Folge in der Verhandlung ausführte (S 10 in ON 26), zu ergänzen gewesen wäre. Im Übrigen sind die (behaupteten) Verletzungen des § 245 Abs 1 StPO auch nicht mit Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 3 StPO bedroht.
Das Beschwerdevorbringen nominell Z 5, der Sache nach Z 9 lit a betreffend Feststellungsdefizite zur subjektiven Tatseite ignoriert die diesbezüglich getroffenen Konstatierungen (US 17 zu Schuldspruch A./; US 23 und 25 f zu Schuldspruch B./I./; US 33 und 38 zu Schuldspruch B./II./; US 33 f und 38 ff zu den Schuldsprüchen C./ und D./ sowie US 44, 46, 48, 49 und 50 f zu Schuldspruch E./) und verfehlt insofern die Anfechtungskriterien des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes.
Die Kritik einer unzureichenden Begründung zu den Konstatierungen zur subjektiven Tatseite (Z 5) zeigt nicht auf, weshalb mit dem von den erkennenden Richtern aus dem objektivierten Verhalten des Angeklagten (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 452) und dessen teilgeständiger Verantwortung im Vorverfahren (US 57 f) sowie aus der Motivationslage (US 17, 26 und 46) gezogene Schluss auf ein jeweils vorsätzliches bzw objektiv sorgfaltswidriges Handeln des Beschwerdeführers Gesetze der Logik und allgemeine Lebenserfahrung missachtet worden seien.
Zur Beschwerde der Privatbeteiligten F***** GmbH gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 29. Dezember 2009 (ON 71), mit dem der Protokollberichtigungsantrag der Privatbeteiligten vom 7. August 2009 (ON 68) abgewiesen wurde, ist festzuhalten:
Gemäß § 271 Abs 7 fünfter Satz StPO gilt im Protokollberichtigungsverfahren § 270 Abs 3 zweiter bis vierter Satz StPO sinngemäß. In Bezug auf den zweiten und dritten Satz von § 270 Abs 3 StPO bedeutet dies, dass jede von der StPO für zulässig erklärte Anfechtung eines nach § 271 Abs 7 zweiter Satz StPO gefassten Beschlusses diesen inhaltlich außer Kraft setzt und über das in der Hauptverhandlung tatsächlich Vorgefallene das jeweils zur Entscheidung über die Urteilsanfechtung berufene Rechtsmittelgericht entscheidet. Das wird auch durch die sinngemäße Geltung der Zuständigkeitsverschiebung an den Obersten Gerichtshof im Fall einer von wem immer ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde (§ 270 Abs 3 dritter Satz StPO) zum Ausdruck gebracht. Sie betrifft nur jene Umstände oder Vorgänge, die für den Erfolg einer Urteilsanfechtung beim Höchstgericht bestimmend sind, wogegen die Entscheidung in der von § 271 Abs 7 zweiter Satz StPO angesprochenen Frage ansonsten dem Oberlandesgericht als Berufungsgericht zukommt. Denn welche Umstände oder Vorgänge für den Rechtsmittelerfolg bei der Urteilsanfechtung erheblich sind, kann nur jenes Gericht entscheiden, das darüber befindet (vgl 14 Os 10/10t; RIS Justiz RS0126057).
Da sich die Beschwerde der Privatbeteiligten F***** GmbH ausschließlich gegen die Ablehnung der Ergänzung des Hauptverhandlungsprotokolls vom 24. Juni 2009 (ON 61) hinsichtlich der Begründung der geltend gemachten Ansprüche im Schlussvortrag ihres Rechtsvertreters wendet, sich somit auf kein für die anklagekonform ergangenen Schuldsprüche wesentliches Beweismittel, sondern lediglich auf einen für das Nichtigkeitsverfahren unerheblichen Vorgang bezieht und damit für den Erfolg der Urteilsanfechtung vor dem Obersten Gerichtshof nicht bestimmend sein kann, kommt die Entscheidung insoweit dem über das Rechtsmittel der Privatbeteiligten erkennenden Oberlandesgericht Graz als Berufungsgericht zu.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.