JudikaturOGH

12Os137/10d – OGH Entscheidung

Entscheidung
07. Oktober 2010

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Oktober 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als weitere Richter in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Reich als Schriftführerin in der Strafsache gegen M***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 23. Juni 2010, GZ 10 Hv 18/10x 38, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde M***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (A./) und des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 SMG (B./) schuldig erkannt.

Danach hat er am 9. und 10. Februar 2010 vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, und zwar 3.980 Gramm brutto Heroin, darin enthalten 194 +/- 33 Gramm Heroin-Base, 52 +/- 8,2 Gramm Monoacetylmorphin-Base und 9 +/- 1 Gramm Morphin-Base in Reinsubstanz, das er als Passagier im internationalen Reisebus der Linie „Eurolines“ von London nach Kosice in einem Trolley verborgen bei sich führte,

A./ aus den Niederlanden aus-, nach Belgien ein-, aus Belgien aus-, nach Deutschland ein-, aus Deutschland aus- und auf der Autobahn A8 (E 56) im Bereich Suben nach Österreich eingeführt;

B./ bis zur Betretung in Suben mit dem Vorsatz besessen und befördert, dass es durch Überlassung an Abnehmer in Wien in Verkehr gesetzt werde.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

In seiner Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) kritisiert der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung zur subjektiven Tatseite in Hinblick auf die Art und die Menge des Suchtgifts, weil das Erstgericht nicht ausreichend begründet habe, weshalb es seiner leugnenden Verantwortung nicht gefolgt sei. Keine oder eine offenbar unzureichende Begründung liegt jedoch nur vor, wenn für den Ausspruch über eine entscheidende Tatsache entweder überhaupt keine oder nur solche Gründe angegeben sind, aus denen sich nach den Denkgesetzen und grundlegenden empirischen Erfahrungssätzen ein Schluss auf die zu begründete Tatsache nicht ziehen lässt. Weshalb das erkennende Gericht die Verantwortung des Angeklagten als Schutzbehauptung und lebensfremd erachtete, hat es unter Bezug auf den Wert und die Art des Suchtgifts sowie auf die Höhe des Schmuggellohnes ohnedies dargetan (US 7 f). Dass die angeführten Gründe nach Ansicht des Rechtsmittelwerbers nicht genug überzeugend erscheinen oder dass neben der von den Tatrichtern gezogenen Folgerung auch noch andere Schlüsse denkbar sind, verwirklicht keinen zur Urteilsnichtigkeit führenden Begründungsmangel. Im Ergebnis bekämpft der Beschwerdeführer damit in unzulässiger Weise nur die Beweiswürdigung des Kollegialgerichts, welches der die Kenntnis von Art und Menge des geschmuggelten Suchtgifts leugnenden Einlassung des Nichtigkeitswerbers keinen Glauben schenkte (vgl Ratz , WK-StPO § 281 Rz 449 ff).

Das Vorbringen zur Tatsachenrüge (Z 5a) wiederum ignoriert den Anfechtungsrahmen dieses Nichtigkeitsgrundes, dessen Wesen und Ziel es ist, anhand aktenkundiger Umstände unter Beachtung sämtlicher Verfahrensergebnisse erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen aufzuzeigen (vgl Ratz , WK-StPO § 281 Rz 487). Eine den Anspruch auf Urteilswahrheit im Tatsachenbereich garantierende Überprüfung der Beweiswürdigung des Erstgerichts nach Art einer im Einzelrichterverfahren vorgesehenen Schuldberufung lässt dieser formelle Nichtigkeitsgrund hingegen nicht zu. Er wird demgemäß durch eigene Beweiswerterwägungen, welche jenen der Tatrichter entgegengesetzt werden, nicht prozessordnungsgemäß dargestellt. Gerade dies unternimmt jedoch der Beschwerdeführer, wenn er die den Schuldspruch tragenden Urteilsfeststellungen mit der Behauptung bekämpft, das Erstgericht habe sämtliche sich aus seiner Aussage ergebenden und zu seinem Vorteil gereichenden Überlegungen außer Acht gelassen. Erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der Konstatierungen zu den entscheidenden Tatsachen werden dadurch nicht aufgezeigt.

In seiner Sanktionsrüge (Z 11 StPO) behauptet der Beschwerdeführer, dass der Erschwerungsgrund der Tatbegehung in Bezug auf „mehr als die zweifache Übermenge“ des § 28a Abs 4 Z 3 SMG zu Unrecht angenommen wurde, weil § 33 StGB einen solchen Erschwerungsgrund nicht kenne. Er zeigt damit aber keinen der Strafbemessung zugrunde liegenden Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot auf (vgl RIS-Justiz RS0088028) und übersieht den demonstrativen Charakter der Aufzählung der besonderen Erschwerungsgründe nach § 33 StGB (vgl Fabrizy , StGB 10 § 33 Rz 1; Ebner in WK² § 33 Rz 1).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 281d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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