JudikaturOGH

11Os106/10p – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. September 2010

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. September 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner Foregger als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Prammer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Sladjana K***** wegen des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 3. Mai 2010, GZ 36 Hv 51/10t 11, sowie über deren Beschwerde gegen einen Beschluss nach § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Sladjana K***** des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2, 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Vorgabe ihrer Zahlungsfähigkeit und willigkeit, teilweise unter Verwendung der ihr von Natasa F***** anvertrauten Bankomatkarte, sohin durch Entfremdung eines unbaren Zahlungsmittels, Berechtigte der Ki***** GmbH durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, die diese in einem 3.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, nämlich zur Herausgabe verschiedener Waren, verleitet und zu verleiten versucht, und zwar

1./ am 22. August 2009 in I***** im Gesamtwert von 1.402,90 Euro;

2./ am 22. August 2009 in I***** Waren im Wert von 1.750,90 Euro, wovon Gegenstände im Wert von 153,90 Euro im Geschäft verblieben;

3./ am 22. August 2009 in W***** im Gesamtwert von 1.708,90 Euro;

4./ am 24. August 2009 in W***** im Gesamtwert von 891,89 Euro;

5./ am 24. August 2009 in I***** im Gesamtwert von 2.617,77 Euro, wovon Waren im Wert von 1.601,37 Euro im Geschäft verblieben;

6./ am 25. August 2009 in W***** im Gesamtwert von 580,41 Euro;

7./ am 11. September 2009 in I***** im Gesamtwert von 1.307,86 Euro;

8./ am 15. September 2009 in I***** im Gesamtwert von 926,97 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten, die sich auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a und 10 StPO stützt. Sie schlägt fehl.

Gegenstand von Rechts- und Subsumtionsrüge ist der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt. Den tatsächlichen Bezugspunkt bildet dabei die Gesamtheit der in den Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen, zu deren Verdeutlichung das Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) herangezogen werden kann. Von diesem Gesamtzusammenhang ausgehend ist zur Geltendmachung eines aus Z 9 oder Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gerügten Fehlers klarzustellen, aus welchen ausdrücklich zu bezeichnenden Tatsachen (einschließlich der Nichtfeststellung von Tatsachen) welche rechtliche Konsequenz (§§ 259, 260 Abs 1 Z 2 StPO) hätte abgeleitet werden sollen (RIS-Justiz RS0117247; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 581, 584).

Das Vorbringen, in der Hauptverhandlung sei der Angeklagten eine wesentliche Frage (über ihren Wissensstand bezüglich des Kontos der Natasa F*****) nicht gestellt worden, es sei „zumindest in Betracht zu ziehen“, dass die Angeklagte auf eine hinreichende Deckung des Kontos vertraut hätte, und sie hätte nicht „mit Bereicherungsabsicht“ gehandelt, entspricht den Voraussetzungen prozessordnungsgemäßer Ausführung nicht, weil solcherart bloß die erstgerichtlichen Feststellungen angezweifelt werden.

Im Übrigen hat das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt entgegen der offenbar eine Anwendung auch des § 153 Abs 1 und 2 StGB anstrebenden, insoweit nicht zum Vorteil der Angeklagten ausgeführten Rüge rechtsrichtig § 146 StGB unterstellt.

Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO bleibt anzumerken, dass die Unterstellung der Taten unter § 147 Abs 1 Z 1 StGB durch das Erstgericht verfehlt ist, weil es sich bei dem von der Angeklagten zur Täuschung eingesetzten unbaren Zahlungsmittel um eine anvertraute, daher gerade nicht um eine entfremdete Bankomatkarte handelte. Dies bietet allerdings keinen Anlass für eine amtswegige Maßnahme, weil der Subsumtionsfehler per se keinen Nachteil iSd § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO darstellt, die Strafdrohung von § 147 Abs 2 StGB bestimmt wird und dem überdies keine erschwerende Bedeutung zugemessen wurde.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde gegen einen Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 4, Abs 4 StPO folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO). Hinsichtlich der verfehlten Subsumtion ist dieses nicht in einer der Angeklagten nachteiligen Weise an den Ausspruch des Erstgerichts über das anzuwendende Strafgesetz gebunden (§ 295 Abs 1 erster Satz StPO; RIS-Justiz RS0118870).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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