JudikaturOGH

6Ob174/10x – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. September 2010

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj T***** K*****, geboren am *****, infolge Revisionsrekurses der Mutter K***** M*****, Deutschland, vertreten durch Dr. Nikolaus Lanner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, als Verfahrenshelfer, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 8. Juli 2010, GZ 4 R 213/10f 87, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Verfahren nach dem Haager Übereinkommen vom 25. 10. 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKÜ) ist im Verfahren außer Streitsachen durchzuführen. Auf das Verfahren sind die Bestimmungen des siebenten Abschnitts des AußStrG (Regelung der Obsorge und des persönlichen Verkehrs zwischen Eltern und minderjährigen Kindern) sinngemäß anzuwenden (§ 111a AußStrG idF FamRÄG 2009, BGBl I 2009/75).

Für die Behandlung eines aus dem Ausland einlangenden Rückführungsantrags sieht § 5 Abs 2 des Bundesgesetzes zur Durchführung des HKÜ, BGBl 1988/513 idF BGBl I 2003/112, vor, dass der zuständige Richter zwecks Vertretung des Antragstellers ohne Rücksicht darauf, ob die im § 63 Abs 1 ZPO vorgesehenen Voraussetzungen vorliegen, die Verfahrenshilfe einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwalts zu bewilligen hat. Im Anlassfall wurde der antragstellenden, in Deutschland wohnenden Mutter, deren Antrag vom Bundesamt für Justiz in Bonn über das Bundesministerium für Justiz in Wien an das Erstgericht gelangte, Verfahrenshilfe nach dieser Gesetzesstelle bewilligt. Entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerberin sieht diese Bestimmung nicht vor, dass die Vertretung durch einen Rechtsanwalt geboten ist (absolute Anwaltspflicht). Davon ist in der Norm nicht die Rede. Aus dem Umstand, dass ein Rechtsanwalt als Verfahrenshelfer beizugeben ist, kann nicht auf eine absolute Anwaltspflicht geschlossen werden, kann doch gemäß Z 3 des bezogenen § 64 Abs 1 ZPO ein Rechtsanwalt nicht nur dann beigegeben werden, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt gesetzlich geboten ist, sondern auch wenn dies nach der Lage des Falls erforderlich erscheint. Im Übrigen sind nach Art 29 HKÜ Personen, die eine Verletzung des Sorgerechts oder des Rechts auf persönlichen Verkehr iSd Art 3 oder Art 21 HKÜ geltend machen, nicht daran gehindert, sich unmittelbar an die Gerichte eines Vertragsstaats auch in Anwendung des HKÜ zu wenden.

Auch im Rekursverfahren in Verfahren nach dem HKÜ ist eine absolute Vertretungspflicht im Gesetz nicht vorgesehen (vgl § 6 AußStrG).

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