12Os125/10i – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 16. September 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Prammer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Veli A***** wegen des Verbrechens des durch Einbruch begangenen gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 2, 130 erster Fall und 15 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 8. September 2009, GZ 40 Hv 138/09g 11, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Eisenmenger, und der Verteidigerin Dr. Zeh Gindl zu Recht erkannt:
Spruch
Der Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 8. September 2009, GZ 40 Hv 138/09g 11, verletzt § 53 Abs 1 zweiter Satz StGB.
Dieser Beschluss, der im Übrigen unberührt bleibt, wird, soweit darin der Widerruf der zu AZ 42 BE 30/08h des Landesgerichts Salzburg gewährten bedingten Entlassung ausgesprochen wurde, aufgehoben und gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO vom Widerruf dieser bedingten Entlassung abgesehen.
Text
Gründe :
Veli A***** wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 6. Dezember 2007, AZ 61 Hv 168/07w, wegen des Verbrechens des schweren durch Einbruch begangenen gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 2 und 130 erster Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt, wobei ein Teil der Freiheitsstrafe von acht Monaten unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde.
Mit Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 20. Februar 2008, AZ 42 BE 30/08h, wurde der Verurteilte am 19. Februar 2008 aus dem Vollzug des unbedingten Teils der Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt entlassen.
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 14. Mai 2008, AZ 33 Hv 62/08b, wurde Veli A***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall und 15 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Vom Widerruf der zu AZ 61 Hv 168/07w des Landesgerichts Salzburg festgesetzten Probezeit wurde abgesehen, doch diese auf fünf Jahre verlängert.
Aus dem Vollzug der zuletzt bezeichneten Freiheitsstrafe wurde der Verurteilte mit Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 12. November 2008, AZ 42 BE 293/08k, am 15. November 2008 unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt entlassen (Strafregisterauskunft ON 7).
Mit rechtskräftigem, gekürzt ausgefertigtem Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 8. September 2009, GZ 40 Hv 138/09g 11, wurde über Veli A***** wegen des Verbrechens des durch Einbruch begangenen gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 2, 130 erster Fall und 15 StGB sowie anderer Delikte eine (unbedingte) Freiheitsstrafe von 15 Monaten verhängt.
Gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO wurde zugleich die zu AZ 42 BE 30/08h des Landesgerichts Salzburg gewährte bedingte Entlassung widerrufen, hingegen gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO vom Widerruf der zu AZ 61 Hv 168/07 und AZ 33 Hv 62/08b (gemeint sichtlich: AZ 42 BE 293/08k) jeweils des Landesgerichts Salzburg gewährten bedingten Strafnachsichten (richtig: vom Widerruf der [teil ]bedingten Strafnachsicht zu AZ 61 Hv 168/07 und der bedingten Entlassung zu AZ 42 BE 293/08k, je des Landesgerichts Salzburg) abgesehen und zu AZ 33 Hv 62/08b (gemeint sichtlich: AZ 42 BE 293/08k) des Landesgerichts Salzburg die Probezeit auf fünf Jahre verlängert.
Das errechnete Ende der über Veli A***** zuletzt verhängten 15 monatigen Freiheitsstrafe fällt auf den 22. Oktober 2010 (ON 16).
Rechtliche Beurteilung
Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht der Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 8. September 2009, GZ 40 Hv 138/09g 11, insoweit mit dem Gesetz nicht im Einklang, als betreffend das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 6. Dezember 2007, AZ 61 Hv 168/07w, einerseits der Widerruf der zu AZ 42 BE 30/08h des Landesgerichts Salzburg gewährten bedingten Entlassung aus dem unbedingten Strafteil ausgesprochen und andererseits vom Widerruf der bedingten Nachsicht eines Teils der Freiheitsstrafe abgesehen wurde.
Gemäß der durch das Strafrechtsänderungsgesetz 2008, BGBl I 2007/109, eingefügten Bestimmung des zweiten Satzes des § 53 Abs 1 StGB können die bedingte Nachsicht eines Teils einer Freiheitsstrafe und die bedingte Entlassung aus dem nicht bedingt nachgesehenen Strafteil nur gemeinsam widerrufen werden. Ein Widerruf der bedingten Entlassung aus dem gemäß § 43a Abs 3 oder Abs 4 StGB nicht bedingt nachgesehenen Teil einer Freiheitsstrafe ist daher unzulässig, wenn zugleich (wie hier) in Ansehung des bedingt nachgesehenen Teils dieser Freiheitsstrafe vom Widerruf abgesehen wird (RIS Justiz RS0125448; vgl auch Fabrizy StGB 10 § 53 Rz 14; Jerabek in WK² § 53 Rz 4a letzter Absatz).
Da sich diese Gesetzesverletzung zum Nachteil des Angeklagten auswirkt, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, gemäß § 292 letzter Satz StPO diesen Beschluss in dem im Spruch bezeichneten Umfang aufzuheben und nach § 494a Abs 1 Z 2 StPO vom Widerruf der zu AZ 42 BE 30/08h des Landesgerichts Salzburg gewährten bedingten Entlassung abzusehen.