14Os102/10x – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 24. August 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Mag. Hautz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Skrdla als Schriftführerin in der Strafsache gegen Markus Raimund N***** wegen des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 13 Hv 59/10d des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur gegen dessen Beschluss vom 28. Mai 2010, GZ 13 Hv 59/10d-16, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Holzleithner, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 28. Mai 2010, GZ 13 Hv 59/10d-16, auf Absehen vom Widerruf der mit Urteil desselben Gerichts vom 13. Februar 2008, GZ 95 Hv 163/07x-11, gewährten bedingten Strafnachsicht und Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre verletzt § 53 Abs 3 StGB und § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO.
Dieser Beschluss wird (ersatzlos) aufgehoben.
Text
Gründe :
Mit - in gekürzter Form ausgefertigtem - Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 13. Februar 2008, GZ 95 Hv 163/07x-11, wurde Marcus Michael Christopher N*****, geboren am 5. Dezember 1973, des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt, die gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Markus Raimund N*****, geboren am 3. Dezember 1973, wurde mit - ebenfalls gekürzt ausgefertigtem - Urteil desselben Gerichts vom 28. Mai 2010, GZ 13 Hv 59/10d 16, unter anderem der Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs 1 erster Fall StGB und der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 4, 15 StGB schuldig erkannt.
Gemeinsam mit diesem Urteil wurde der eingangs bezeichnete Beschluss gefasst, mit welchem „gemäß § 53 Abs 3 StGB“ vom Widerruf „der zu AZ 95 Hv 163/07x bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe“ unter Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre abgesehen wurde.
Rechtliche Beurteilung
Dieser Beschluss steht wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt mit dem Gesetz nicht in Einklang.
Die Verlängerung einer Probezeit ist gemäß § 53 Abs 3 StGB nur zulässig, wenn in den in § 53 Abs 1 oder 2 StGB genannten Fällen hier von Bedeutung bei Verurteilung wegen einer während der Probezeit begangenen strafbaren Handlung ein Widerruf unterbleibt.
Da die mit gegenständlichem Beschluss verlängerte Probezeit aus der Verurteilung einer anderen Person (Marcus Michael Christopher N*****) resultierte, wurden durch die Verurteilung des Markus Raimund N***** die materiellen Voraussetzungen für eine Verlängerung dieser Probezeit nicht geschaffen.
Der Umstand mangelnder Identität dieser beiden Personen war nach der im Zeitpunkt der Beschlussfassung gegebenen Aktenlage ersichtlich. Die vom Landesgericht für Strafsachen Wien eingeholte Strafregisterauskunft (ON 13) betraf Marcus Michael Christopher N*****; eine Identitätsprüfung unterblieb, obwohl Hinweise (Abweichungen bei Vor und Familiennamen, Geburtsdaten und Namen der Eltern) auf die Verschiedenheit der Personen bereits dieser und einer weiteren aktenkundigen tatsächlich den Angeklagten Markus Raimund N***** betreffenden Strafregisterauskunft (ON 2 S 15 ff) zu entnehmen waren. Die Beschlussfassung basiert somit auf einer in mangelhaftem Verfahren ermittelten Sachverhaltsgrundlage und ist demgemäß mit einem Rechtsfehler behaftet.
Da die Gesetzesverletzung zum Nachteil des in das Verfahren gar nicht eingebundenen Marcus Michael Christopher N***** wirkt, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, deren Feststellung gemäß § 292 letzter Satz StPO mit konkreter Wirkung zu verknüpfen.