8Ob76/10z – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj A***** S*****, und der mj P***** S*****, vertreten durch den Jugendwohlfahrtsträger Land Niederösterreich als besonderen Vertreter in Unterhaltsangelegenheiten, dieser vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Tulln, Jugendwohlfahrt, 3430 Tulln, Kerschbaumergasse 15, über den Revisionsrekurs des Vaters M***** S*****, vertreten durch Dr. Bernd Brunner, Rechtsanwalt in Tulln, als Verfahrenshelfer, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 10. März 2010, GZ 23 R 64/10z U 108, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Tulln vom 13. Jänner 2010, GZ 1 P 47/05s U 100, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Eltern der Minderjährigen sind geschieden, mit der Obsorge ist allein die Mutter betraut. Der Vater war im verfahrensgegenständlichen Zeitraum (August und September 2009) zu einer monatlichen Geldunterhaltsleistung von je 225 EUR für seine Töchter verpflichtet.
Mit Schreiben vom 2. 8. 2009 (sic!) teilte er dem Gericht mit, dass die Mutter ihm die Kinder entgegen der gerichtlichen Anordnung nicht schon am 3. 8., sondern erst am 4. 8. 2009 zur Ausübung seines Ferienbesuchsrechts übergeben habe, ohne ihnen die für einen 14 tägigen Besuch notwendige Kleidung und Schuhe mitzugeben. Der Vater sei deswegen gezwungen gewesen, für die Kinder Kleidung und Schuhe im Gesamtbetrag von 205,67 EUR zu kaufen. Er stelle den Antrag, diesen Betrag von seiner Unterhaltsverpflichtung für den Monat September 2009 abzuziehen. Zur Bescheinigung seines Antragsvorbringens legte der Vater zwei kopierte Kassabelege, beide datiert mit 11. 7 . 2009, vor.
Das Erstgericht wies den Antrag ab. Auslagen zur Ausübung des Besuchsrechts seien grundsätzlich nicht vom Geldunterhalt abziehbar. Weder hätten die vom Vater behaupteten Naturalleistungen Unterhaltscharakter, noch liege ein Einverständnis der Kindesmutter mit der Erbringung des Unterhalts in dieser Form vor.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Es legte die Literatur und Rechtsprechung über die Voraussetzungen für eine Anrechnung von Naturalunterhaltsleistungen auf den grundsätzlich geschuldeten Geldunterhalt dar und billigte im Ergebnis die Rechtsansicht des Erstgerichts.
Abgesehen vom fehlenden Nachweis, dass die gekauften Sachen den Kindern nach Ende des Besuchs mitgegeben wurden, handle es sich jedenfalls um eine einmalige Ausgabe ohne Unterhaltscharakter. Weder ergebe sich durch die doppelte Anschaffung von Kleidungsstücken eine Ersparnis für den obsorgeberechtigten Elternteil, noch sei dessen Einverständnis mit derartigen Naturalunterhaltsleistungen behauptet worden.
Ersatzforderungen gegen den anderen Elternteil wegen behaupteter Pflichtenverletzung könnten schon mangels Gegenseitigkeit nicht gegen Ansprüche der Kinder aufgerechnet werden. Selbst wenn aber ein Anspruch des Vaters gegen die Kinder zu bejahen wäre, scheitere die begehrte Aufrechnung immer noch daran, dass der festgesetzte Kindesunterhalt weit unterhalb der Pfändungsgrenze liege.
Das Rekursgericht erklärte den Revisionsrekurs für zulässig, weil zur Frage, ob Aufwendungen, die einem geldunterhaltspflichtigen Elternteil dadurch entstehen, dass der andere den Kindern pflichtwidrig für die Dauer des Besuchsrechts keine ausreichende Kleidung mitgibt, im Rahmen des Unterhaltsanspruchs geltend gemacht werden können, soweit überblickbar keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Vaters ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.
Der vorliegende Sachverhalt eignet sich schon nach dem Inhalt des Antrags nicht zur Klärung der im Zulässigkeitsausspruch genannten Rechtsfragen. Zur Verdeutlichung ist nochmals zusammenzufassen, dass der Revisionsrekurswerber in seinem Antrag (unter Berücksichtigung der angeschlossenen Belege) geltend machte, die Mutter habe ihm am 4. 8 . 2009 die Kinder ohne ausreichende Kleidung übergeben, weshalb er am 11. 7. 2009 für die Kinder Kleidung einkaufen habe müssen. Dass sich ein derartiges Vorbringen von selbst als mutwillig disqualifiziert, bedarf keiner weiteren Erörterung.
Im Übrigen stehen die Entscheidungen der Vorinstanzen mit der darin zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur zu den Voraussetzungen einer Kompensation von Geld und Naturalunterhalt sowie zum Aufrechnungsverbot gegen unpfändbare Beträge völlig im Einklang (vgl RIS Justiz RS0003952; RS0000829; Gitschthaler , Unterhaltsrecht², Rz 875 ff, 882).
Der Revisionsrekurs führt dagegen nur die Behauptung ins Treffen, geldunterhaltsberechtigte Kinder müssten sich Forderungen gegen ihren betreuenden Elternteil wohl auf den Unterhalt anrechnen lassen, ohne aber die Unpfändbarkeit der Beträge im vorliegenden Fall in Zweifel zu ziehen. Er macht damit nicht einmal abstrakt taugliche Gründe geltend, deren Erledigung von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt (RIS Justiz RS0102059; RS0044534; RS0043654).
Der Revisionsrekurs war daher mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.