JudikaturOGH

7Ob57/10y – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Juli 2010

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö***** AG, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur, gegen die beklagten Parteien 1. Johann L***** und 2. Ing. Helmut L*****, beide vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Wiederherstellung und Unterlassung, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 27. Jänner 2010, GZ 22 R 345/09b 51, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagten haben gegen die Eigentumsfreiheitsklage der klagenden Partei den Einwand der Unzulässigkeit des Rechtswegs (wegen ausschließlicher Zuständigkeit der Agrarbehörden) eingewendet. Inhaltlich haben sie zur Rechtfertigung ihrer Eingriffe ins Eigentum der klagenden Partei auf die Dienstbarkeiten des Rechts der Anlegung und Erhaltung eines zeitgemäßen Viehtriebwegs, des Durchlieferungsrechts von Forstprodukten einschließlich der Errichtung von „Liefergebäuden“ und des Rechts der Quellfassung und der Wasserableitung berufen. Beide Vorinstanzen haben dem Klagebegehren stattgegeben.

1. Sowohl das Erstgericht (in den Entscheidungsgründen) als auch das Berufungsgericht (in Spruch und Begründung in Gestalt der Verwerfung der Nichtigkeitsberufung) haben die Unzulässigkeit des Rechtswegs ausdrücklich verneint. Die die Nichtigkeitsberufung verwerfende Entscheidung ist jedenfalls unanfechtbar und damit bindend im Sinne des § 42 Abs 3 JN (RIS Justiz RS0043822 [T4]). Eine Auseinandersetzung mit der in der Revision geltend gemachten Nichtigkeit ist dem Obersten Gerichtshof daher verwehrt.

2. Wegen der unbestrittenen Verwaltung der Liegenschaft durch (die Rechtsvorgänger) der klagenden Partei „seit Jahrzehnten“, also auch schon zum 1. 1. 1978, ergibt sich das Fruchtgenussrecht der klagenden Partei nach § 7 Abs 1 BundesforsteG 1996 aus § 1 Abs 1 leg cit in Verbindung mit § 1 Abs 1 des Bundesgesetzes über den Wirtschaftskörper „Österreichische Bundesforste“ (BGBl Nr 610/1977).

3. Das 1868 regulierte und verbücherte Weiderecht sieht vor, dass der Auf und Abtrieb des Viehs auf den damals bestehenden Alpswegen stattzufinden hat, die ohne Zustimmung weder umgelegt noch erweitert werden dürfen. Das behauptete Recht auf Anlegung von Viehtriebswegen steht damit in unauflösbarem Widerspruch. Eine Ersitzung eines solchen Rechts (vgl § 18 Abs 1 lit i Salzburger Einforstungsrechtegesetz [sbg EFRG]) scheitert am Ersitzungsverbot nach (nunmehr) § 2 Abs 1 sbg EFRG (§ 2 Abs 1 Wald und Weideservituten Grundsatzgesetz [WWSGG]).

4. Der Rechtsmittelwerber muss Rechtsgründe, denen in sich geschlossene also selbstständige rechtserzeugende, rechtshemmende oder rechtsvernichtende - Tatsachen zugrundeliegen, behandeln, damit sie nicht aus dem Nachprüfungsrahmen herausfallen. Kommt daher der Revisionswerber in seiner Revision auf bestimmte Rechtsgründe oder selbstständige Einwendungen nicht mehr zurück, so sind diese damit aus der ansonsten umfassenden Beurteilungspflicht des Obersten Gerichtshofs ausgeschieden. (RIS Justiz RS0043352 [T34 und T35]). Zum Durchlieferungsrecht ist das Berufungsgericht unter anderem davon ausgegangen, dass ein solches Recht im Fall seines Bestands zufolge einer 30 jährigen Nichtausübung nach § 1479 ABGB verjährt wäre. Diese Rechtsansicht wird in der Revision weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht bekämpft. Daher hat der Oberste Gerichtshof dazu nicht mehr Stellung zu nehmen.

5. Der behaupteten Ersitzung des Rechts der Quellfassung und der Wasserableitung steht die vom Berufungsgericht ausdrücklich übernommene Negativfeststellung entgegen, wonach nicht festgestellt werden kann, dass die Beklagten (gemeint: und ihre Rechtsvorgänger) das Recht der Quellfassung und Ableitung seit urdenklichen Zeiten, jedenfalls aber länger als 40 Jahre ausgeübt haben. Die dazu in der Revision geltend gemachten sekundären Feststellungsmängel stellen den im Revisionsverfahren unzulässigen Versuch dar, die Beweiswürdigung der Vorinstanzen zu bekämpfen.

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