JudikaturOGH

15Os44/10z – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Juni 2010

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Juni 2010 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Puttinger als Schriftführer in der Strafsache gegen Christian T***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren, durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 2, 130 vierter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Christian T***** und Danijel K*****, die Nichtigkeitbeschwerde der Staatsanwaltschaft betreffend Christian T*****, die Berufungen der Angeklagten Fatih Te***** und Jürgen Ma***** sowie der Staatsanwaltschaft betreffend Fatih Te***** und Jürgen Ma***** jeweils gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 15. Oktober 2009, GZ 34 Hv 106/09i 109, sowie die Beschwerden des Jürgen Ma***** und der Staatsanwaltschaft gegen den zugleich ergangenen, Jürgen Ma***** betreffenden Beschluss gemäß § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden und die vom Angeklagten Danijel K***** erhobene „Berufung wegen Schuld“ werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen (wegen Strafe) und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Den Angeklagten Christian T***** und Danijel K***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe :

Mit dem angefochtenen Urteil das betreffend den Angeklagten Carsten P***** in Rechtskraft erwachsen ist wurden

1./ Christian T***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 2, 130 vierter Fall StGB (I./2./ bis 13./, 16./ bis 23./, 25./ bis 27./, 31./, 32./, 34./ und 37./), der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (II./2./, 3./, 6./ bis 8./) und des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB (III./2./),

2./ Fatih Te***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 vierter Fall StGB (I./31./, 32./, 36./ und 37./),

4./ Danijel K***** des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB (I./33./) und

5./ Jürgen Ma***** des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128, Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB (I./26./, 27./) schuldig erkannt.

Danach haben in Radfeld und anderen Orten

I./ Christian T*****, Fatih Te*****, Danijel K***** und Jürgen Ma***** teils alleine, teils im Zusammenwirken mit anderen Personen in insgesamt 38 im Urteilsspruch näher beschriebenen Angriffen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz fremde bewegliche Sachen und zwar Christian T***** (im Zeitraum 5. März 2008 [I./2./] bis 2. Jänner 2009 [I./37./]) in einem 50.000 Euro übersteigenden Wert, Fatih Te*****, Jürgen Ma***** in einem 3.000 Euro übersteigenden Wert und Danijel K***** in einem 3.000 Euro nicht übersteigenden Wert durch Einbruch weggenommen oder wegzunehmen versucht, wobei Christian T*****, Fatih Te***** und Jürgen Ma***** weiters in der Absicht handelten, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar soweit für das Nichtigkeitsverfahren von Bedeutung

... 33./ Carsten P***** und Danijel K***** in der Nacht zum 14. November 2008 in Kundl Armin M***** fünf Rollen Klebestreifen unerhobenen Werts nach Aufzwängen eines Fensters; ...

37./ Christian T***** und Fatih Te***** mit zwei weiteren bislang unbekannten Mittätern in der Nacht zum 2. Jänner 2009 in Söll Ernst F***** Bargeld in Höhe von 12.910 Euro sowie einen Wandtresor und eine Geldbörse unerhobenen Werts nach Einsteigen über ein Fenster und Aufbrechen des Tresors; ...

Die Angeklagten Christian T***** und Danijel K***** bekämpfen die sie jeweils betreffenden Schuldsprüche mit Nichtigkeitsbeschwerden, die Ersterer auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO und Letzterer auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO stützt. K***** führt darüber hinaus eine „Berufung wegen Schuld“ aus.

Neben den Schuldsprüchen erfolgten teilweise in Rechtskraft erwachsene Teilfreisprüche des Christian T***** und des Fatih Te*****.

Mit auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützter Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft die Staatsanwaltschaft den Freispruch Christian T*****s vom Vorwurf der Anklage, der Genannte habe im Zeitraum Ende April/Anfang Mai 2008 in Kufstein, Wörgl und anderen Orten im Tiroler Unterland Carsten P***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz dazu zu bestimmen versucht, Verfügungsberechtigten der J***** in Kufstein mit Gewalt gegen eine Person unter Verwendung einer Waffe fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld und andere Wertgegenstände wegzunehmen, indem er P***** mehrfach aufforderte, den diensthabenden Angestellten der J***** nach Dienstschluss in die Tankstelle zu drängen und unter Vorhalt eines Baseballschlägers zum Öffnen des Tresors zu bewegen, ihn im Falle seiner Weigerung mit dem Baseballschläger niederzuknüppeln, „wahlweise könne er auch eine Pistole mitführen, falls er das Ding nicht mit dem Baseballschläger durchziehen wolle, weiters solle er einen Pfefferspray als Fluchthilfe mitführen.“

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Entgegen dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 fünfter Fall) wurden die Angaben Carsten P*****s, in denen er wiederholte Gespräche mit Christian T***** über das Vorgehen bei einem geplanten Raub (US 29 f iVm ON 2 S 11 bis 13 in ON 85 und iVm ON 108 S 24 f) ebenso wie das Ende ihrer Freundschaft (US 30 iVm ON 108 S 24 Mitte und S 25 Mitte) schilderte, aktenkonform wiedergegeben, sodass eine Aktenwidrigkeit iSd § 281 Abs 1 Z 5 fünfter Fall StPO (Ratz, WK StPO § 281 Rz 467 f) nicht vorliegt.

Soweit sich die Beschwerde dagegen wendet, dass die Tatrichter die belastenden Angaben P*****s aufgrund der Darstellung verschiedener Begehungsvarianten des Raubs, divergierender Gründe und Zeitpunkte für den Abbruch des Kontakts zwischen den beiden Männern, eines infolge Belastung P*****s als möglicher Mörder des Andreas Jä***** durch T***** aktenkundigen Motivs für eine allfällige Falschbelastung im gegenständlichen Verfahren durch P***** und empirisch einwandfreier Überlegungen zu Auffälligkeiten im Körperbau des Erst und Drittangeklagten für nicht ausreichend überzeugend erachteten, um die einen Raubplan leugnende, lediglich die Erwähnung der bezughabenden Tankstelle als geeignetes Einbruchsobjekt zugestehende Verantwortung T*****s zu widerlegen, bekämpft sie mit eigenen Beweiswerterwägungen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Christian T *****:

Die auf § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO gestützte Sanktionsrüge bekämpft das Unterbleiben einer Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf die Vor Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Bezirksgericht Kufstein vom 25. November 2008, AZ 3 U 244/08v, und auf das auf die genannte Verurteilung Bedacht nehmende, eine Zusatzstrafe aussprechende, seit 7. August 2009 rechtskräftige Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 3. August 2009, AZ 29 Hv 109/09v. Die Beschwerde geht jedoch mit ihrem Vorbringen, sämtliche dem Beschwerdeführer angelasteten Tathandlungen wären vor dem 25. November 2008 verübt worden, nicht von den getroffenen Feststellungen aus, weil der von Christian T***** in Söll zum Nachteil des Ernst F***** begangene Einbruch (I./37./) am 2. Jänner 2009 erfolgte. Demgemäß scheidet eine Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB jedenfalls aus ( Ratz in WK 2 § 31 Rz 5).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Danijel K *****:

Entgegen dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) bezogen die Tatrichter die (im Wesentlichen wiedergegebene [US 27 f]) Aussage der Mila G***** (ON 108 S 41) und des Gökhan B***** (ON 108 S 39 f) in ihre Erwägungen mit ein, stuften Erstere jedoch als völlig lebensfremd ein und schenkten ihr nicht zuletzt wegen Widerspruchs mit der Verantwortung des Beschwerdeführers keinen Glauben (US 27), während sie zu B*****, der nur über einen Streit im August 2008 zwischen Carsten P***** und Danijel K***** informiert war, ausführten, dieser könne zur Aufklärung des Sachverhalts nichts Wesentliches beitragen (US 27 f).

Soweit der Beschwerdeführer die Angaben P*****s allein für nicht geeignet erachtet, die zum Schuldspruch I./33./ getroffenen Konstatierungen zu tragen, und in diesem Zusammenhang die Depositionen des Genannten in der Hauptverhandlung zitiert, übersieht er, dass auch dessen Angaben vor der Polizei (ON 40 S 429) ins Beweisverfahren Eingang gefunden haben (ON 108 S 44). Danach vereinbarten die Mittäter wegen Geldmangels K*****s einen Einbruchsdiebstahl ins Baustoffcenter in Kundl und führten diesen in der Folge aus, indem P***** durch Aufhebeln eines Doppelschwingfensters in das Baustoffcenter eindrang, wo er Klebebänder erbeutete, während der zur Tarnung von seinem Hund begleitete K***** Aufpasserdienste leistete.

Mit zu möglichen Rachegedanken P*****s gegenüber K***** angestellten spekulativen Erwägungen legt die Beschwerde keinen Begründungsmangel dar.

Die Feststellungen zur Art des Tatbeitrags K*****s vermissenden, der Sache nach Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO relevierenden Beschwerdeausführungen lassen den Gesamtzusammenhang der getroffenen Konstatierungen außer Betracht: Danach haben P***** und K***** die zu I./33./ beschriebene Sachwegnahme in der dargestellten Art und Weise, sohin durch Einbruch (US 22 f), in der Nacht zum 14. November 2008 in Kundl zum Nachteil des Armin M***** durch Aufzwängen eines Fensters begangen und fünf Rollen Klebestreifen 3.000 Euro jedenfalls nicht übersteigenden Werts erbeutet (US 22 iVm US 7). Den Ausführungen zur Beweiswürdigung ist in diesem Zusammenhang erkennbar zu entnehmen, dass der Tatbeitrag des Beschwerdeführers im (von ihm bestrittenen) Leisten von Aufpasserdiensten bestand (US 26).

Im Rahmen der beweiswürdigenden Erwägungen traf das Schöffengericht zudem ua aus dem zu I./33./ konstatierten, in der Nacht erfolgten Aufzwängen (US 7 f) bzw Aufhebeln (ON 40 S 429) eines Fensters mit nachfolgendem Einsteigen abgeleitete Feststellungen zum zumindest bedingten Vorsatz des Beschwerdeführers, sich durch Einbruch fremde Sachen zuzueignen und sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern (US 31).

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft sowie der Angeklagten Christian T***** und Danijel K***** waren daher in Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der dazu erstatteten Äußerung des Angeklagten K***** bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Dieses Schicksal teilt die vom Letztgenannten ausgeführte, im kollegialgerichtlichen Verfahren jedoch nicht vorgesehene „Berufung wegen Schuld“. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Innsbruck für die Erledigung der Berufungen (wegen Strafe) der Staatsanwaltschaft sowie sämtlicher Angeklagter und hinsichtlich der Beschwerde der Staatsanwaltschaft sowie der implizierten Beschwerde des Jürgen Ma***** jeweils gegen den diesen Angeklagten betreffenden Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2, Abs 6 StPO (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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