JudikaturOGH

11Os76/10a – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Juni 2010

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Juni 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gotsmy als Schriftführer, in der Strafsache gegen Lydia M***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 SMG, AZ 26 St 44/10h der Staatsanwaltschaft Innsbruck (= 30 HR 156/10v des Landesgerichts Innsbruck), über die Grundrechtsbeschwerde der Beschuldigten M***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Beschwerdegericht vom 26. Mai 2010, AZ 6 Bs 261/10y, 262/10w (ON 25 der HR Akten), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe :

Mit dem angefochtenen Beschluss wurde der Beschwerde der Lydia M***** gegen die die Staatsanwaltschaft Innsbruck zu 26 St 44/10h ein Ermittlungsverfahren wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 SMG führte (nach dessen Abschluss am 11. Juni 2010 Strafantrag wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 vierter Fall StGB und des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG erhoben wurde ON 35 der erstgerichtlichen Akten) wider die Beschlüsse des HR Richters des Landesgerichts Innsbruck vom 26. April und 7. Mai 2010, GZ 30 HR 156/10v 7 und 18, auf Verhängung und Fortsetzung der Untersuchungshaft nicht Folge gegeben und angeordnet, dass die freiheitsentziehende Provisorialmaßnahme aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a, lit b StPO fortzudauern habe.

Danach war Lydia M***** der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 [vierter Fall] SMG dringend verdächtig, weil sie im April 2010 in Innsbruck für einen beabsichtigten Gewinn von 6.000 EUR bewusst vorschriftswidrig Suchtgift in einer vorsätzlich die Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich 300 Gramm Kokain mit einer Reinsubstanz von mehr als 120 Gramm, angeboten haben soll, und zwar 200 Gramm dem Levent A***** und 100 Gramm dem Michael W***** oder einem unbekannten anderen Abnehmer.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerdeführerin wiederholt mit der Betonung ihrer „Unbescholtenheit“ und dass sie sich aus „Unbesonnenheit, insbesondere aber weil sie von ihrem Ex Freund dazu motiviert wurde, zu der [einmaligen] Tat hinreißen“ ließ, unter Außerachtlassung der Begründung des Oberlandesgerichts zum Vorliegen des Haftgrundes (BS 5) lediglich ihr Vorbringen gegen die erstinstanzlichen Beschlüsse und versäumt eine dialektische Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Beschwerdegerichts, die allein den Gegenstand des Grundrechtsbeschwerdeverfahrens bildet (RIS Justiz RS0106464).

Soweit sie spekulativ Facetten des Tatverdachts (weiterer Abnehmer; Anbahnung des Suchtgiftgeschäfts; Racheakt des übel beleumundeten Ex Freundes) einer eigenen beweiswürdigenden Bewertung unterzieht, verfehlt sie dessen prozessordnungsgemäße Bekämpfung im Grundrechtsbeschwerdeverfahren, die nach Maßgabe der Mängel und Tatsachenrüge der Z 5 und Z 5a des § 281 Abs 1 StPO zu erfolgen hat (RIS Justiz RS0110146).

Die im Übrigen § 133 Abs 1 dritter Fall StPO außer Acht lassende Argumentation der Beschuldigten mit den prozessualen Voraussetzungen eines Scheingeschäfts führt sie erstmals im Grundrechtsbeschwerdeverfahren ins Treffen. Dementgegen sind im die Einhaltung verfassungsrechtlich geschützter Rechte gewährleistenden Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof (anders als im Beschwerdeverfahren nach der Strafprozessordung) nur jene nicht allein die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts betreffenden Argumente im Sinne des § 3 Abs 1 GRBG beachtlich, welche ein (bei andauernder Haft notwendigerweise durch einen qualifizierten Juristen vertretener §§ 61 Abs 1 Z 1 iVm 48 Abs 1 Z 4 StPO) Beschwerdeführer bereits in einer zulässigen Beschwerde gegenüber dem Rechtsmittelgericht geltend gemacht hatte (RIS Justiz RS0114487; 11 Os 140/09m, 13 Os 39/10z, 14 Os 60/10w ua).

Die auch zur Möglichkeit der vom Oberlandesgericht begründet verneinten (BS 5) Substitution der Haft durch gelindere Mittel substratlose Grundrechtsbeschwerde musste somit ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) zurückgewiesen werden.

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